Wolfgang Kemmer, freier Autor und Lektor, suchte zwanzig Krimikurzgeschichten zusammen, um sie in seiner Anthologie mit dem Titel "In Kürze verstorben" bei KBV zu veröffentlichen. Der originelle Name ist Programm: Die ausgewählten Geschichten umfassen etwa zehn bis fünfzehn Seiten und sind sehr kurz und entsprechend rasch ausgelesen, eignen sich also auch für den Zeitvertreib auf kürzeren Bus- und Bahnfahrten.

Statt der üblichen Mördersuche hat Wolfgang Kemmer Geschichten ausgewählt, die sich ein wenig von der sonstigen Massenware abheben. Da geht es etwa in Jürgen Ehlers’ Geschichte Die Sache mit den Rolltreppenstehern um einen Gauner, der sich eine ungewöhnliche Methode einfallen lässt, um an Weihnachtsgeschenke für seine Familie zu kommen. Wolfgang Kemmer leistet mit Rosalie geht um einen eigenen Beitrag zur Anthologie, der in einem unheimlichen Pflegeheim mit seltsamen Insassen und noch seltsamerem Pflegepersonal spielt. Tierisch geht es zu in Christoph Güskens Zuckerbiene, als das titelgebende Insekt überraschend einem Detektiv in Not zu Hilfe kommt. Eis in den Bergen handelt von einem Tiermediziner, der sich eines aufdringlichen Erpressers erwehren muss. Diese und viele weitere Geschichten erwarten den Leser auf insgesamt 239 Seiten. Zusätzlich finden sich am Ende des Buches noch Kurzinformationen zu den einzelnen Autoren.

Alle zwanzig Autoren haben bereits Veröffentlichungen vorzuweisen, die meisten davon auch im kriminalistischen Genre. Vielen der Geschichten merkt man diese Erfahrung an. Die Stories präsentieren sich sprachlich solide und inhaltlich ausgewogen. Die Themen haben natürlich alle mit Mord und Totschlag zu tun, jedoch zumeist in nicht ganz so ausgetretenen Pfaden wie viele andere Anthologien. Begrüßenswert ist vor allem das durchgehend recht hohe Niveau; gerade bei so vielen Kurzgeschichten verschiedener Autoren ist das Risiko für gewöhnlich hoch, auch einige recht schwache Stories dazwischen vorzufinden. Bei "In Kürze verstorben" kann natürlich auch nicht jede Kurzgeschichte vollends überzeugen oder unterhalten, aber die Zahl der schwächeren Beiträge ist erfreulich gering. Zudem ist die Länge beziehungsweise Kürze der Geschichten sehr angenehm; nur wenige Beiträge verlieren durch die wenigen Seiten Umfang an Spannung oder Unterhaltung.

Mit kurzen, inhaltlich ansprechenden und sprachlich guten Beiträgen hebt sich "In Kürze verstorben" aus der Masse an durchschnittlichen Anthologien hervor und überzeugt vor allem durch die Auswahl von Krimikurzgeschichten der etwas anderen Art. Wie bei Sammlungen dieser Art üblich wird nicht jedem alles gefallen, aber hier findet sicher jeder Leser seinen persönlichen Favoriten.