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Schaut man sich dieser Tage in der Buchhandlung des Vertrauens um, findet der Fantasyfan gut gefüllte Regale und hat eine reiche Auswahl im Bereich der Neuerscheinungen. Doch es muss nicht immer der fünfte Aufguss eines Völkerromans sein, auch wenn der Titel des vorliegenden Buches diesen Verdacht nahe legt. Bei "Die Zwerge von Amboss" handelt es sich um den ersten Band einer auf sieben Bücher angelegten Reihe, die ein ungewöhnliches Fantasysetting beschreibt und auf den Namen "Die Zerrissenen Reiche" getauft wurde.
In den zurückliegenden Jahren suchen immer mehr Menschen Zuflucht im Zwergenbund, also dem Zusammenschluss der Ländereien von Berg- und Seezwergen. In den Zerrissenen Reichen, den Ländern der Menschen, besteht keinerlei funktionierendes Rechtssystem mehr; Verwüstung und blutige Konflikte sind an der Tagesordnung. Doch es rumort unter den Zwergen: Die Menschen sind eher geduldet als willkommen und nicht selten werden sie als Sündenböcke benutzt. So scheint es auch bei dem aktuellen Fall des Suchers Garep Schmied zu sein. Sein übereifriger junger Kollege Bugeg hat schnell einen Menschen als Mörder in einem pikanten Mordfall ausgemacht. Doch Garep Schmied hat es sich in vielen Jahren bei der Sucherschaft der Stadt Amboss zur Angewohnheit gemacht, den Sachen gewissenhaft auf den Grund zu gehen.
Der Kopfgeldjäger Siris, ein Mensch aus den Zerrissenen Reichen, ist ebenfalls sehr gründlich. Seine Profession ist das Jagen und Erlegen von Untieren, welche die Dörfer und kleineren Städte terrorisieren. Hierbei bedient er sich einer Zwergenwaffe, die er seiner Zwillingsschwester zu verdanken hat. Nachdem der Kontakt zu seiner Schwester merkwürdigerweise abgebrochen ist, macht sich Siris auf den Weg in den Zwergenbund, um sie zu suchen. Doch er hat nicht mit derart widrigen Umständen gerechnet. Es dauert nicht lange, bis die Sucherschaft und die lokalen Waffenhändler auf den jungen Menschen aufmerksam werden
"Die Zwerge von Amboss" sind, wie eingangs schon erwähnt, nicht der fünfte Aufguss der Zwergen-Reihe aus dem gleichen Verlag und schwimmen thematisch auch nicht im Fahrwasser der Völkerromane. Statt bekannter Fantasykost findet der Leser viele neue Ideen und ein konsequent und logisch entwickeltes Setting. Und genau hier scheiden sich die Geister: Entweder man mag diese Art von Fantasy - oder eben nicht. Der Leser wird nicht mit den typischen Motiven bedient. Hier zieht kein schwächlicher Jüngling los, um im Verlauf der Handlung zum charismatischen Helden zu werden. Orks, Trolle und einen bösen Magier sucht man auch vergeblich. Die Zwerge, denen in der Regel eher die Rolle der kleinen und schwer bewaffneten Kämpfer zusteht, sind in der von Thomas Plischke und Ole Johan Christiansen entwickelten Fantasywelt in ein funktionierendes Gesellschaftssystem eingebunden, haben ihre religiösen Fesseln abgestreift und halten ihren Zwergenbund selbstredend in allen Belangen für überlegen.
Die Geschichte hat neben dem ungewöhnlichen Hintergrund auch sonst nicht viel mit den üblichen Fantasygeschichten gemein. Es handelt sich beim Auftakt der Reihe eher um einen Krimi statt um einen genretypischen Ableger. Man merkt dem Buch auch stark an, dass es der erste Band der Reihe ist. Neben grundlegenden Beschreibungen zur Politik, Religion und dergleichen mehr werden auch viele Charaktere eingeführt. Dankenswerterweise haben diese wenigstens aussprechliche Namen, so dass man sich schnell zurecht findet.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Serie weiter entwickelt. Der Auftaktband kann überzeugen, allerdings weniger wegen eines ausgefeilten Plots oder schier unglaublicher Spannung, sondern wegen der liebevoll gestalteten Welt und der gekonnten Erzählung. Man merkt, dass das Autorenduo fest mit dem Setting verwurzelt ist und es gibt sicherlich noch viele Geschichten aus dem Zwergenbund und den Zerrissenen Reichen zu erzählen. Sucht man nach solider Unterhaltung, die neue Wege geht und auch ein wenig zum nachdenken anregt, ist man mit "Die Zwerge von Amboss" gut bedient.