Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Sinasi Dikmen, gebürtig aus Ladik-Samsun in der Türkei stammend, lebt schon seit über dreißig Jahren in Deutschland. 1985 zeichnete er für das erste deutsch-türkische Kabarettprogramm verantwortlich, das den Sprung auf deutsche Bühnen schaffte. Der mittlerweile in Frankfurt lebende und arbeitende Türke brachte nun seine dritte Buchveröffentlichung mit dem Titel "Integrier dich, Opa!", erschienen im Conte Verlag, auf den Markt.
Der Titel des neuesten Werkes des humorvollen Türken ist Programm: In drei Kapiteln berichtet Dikmen aus dem Leben seines Ich-Erzählers Ali, der von seinem Enkelsohn die Aufgabe bekommt, sich endlich zu integrieren. Ali lebt nun schon eine ganze Weile mit der Familie in Deutschland. Sein Schwiegerarzt, der Mann seiner Tochter Sevda, ist der einzige Deutsche, den er mag - weil er so untypisch für einen Deutschen ist. Aber dessen Eltern sind ihm immer wieder ein Dorn im Auge. Warum soll man den lieben Enkeln vorschreiben, wie viele Kinder sie zu ihrem Geburtstag einladen dürfen? Und wieso darf man Gäste nicht mit herzlichen Schmatzern auf die Wangen begrüßen? Nein, diese Sorte von Deutschen wird Ali wohl nie verstehen.
Aber nicht nur mit den Eltern seines Schwiegerarztes hat der eigentlich integrationswillige Ali so seine Probleme. Die deutsche Mentalität ist für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Nicht, dass die türkische so viel besser wäre - aber die kennt er wenigstens. Wieso jammern die Deutschen so viel, während die Türken es richtig machen und nur jammern, wenn sie Schmerzen haben? Sie können ja auch nichts dafür, dass sie immer Schmerzen haben
Aber das ist etwas ganz anderes als bei den Deutschen. Warum um alles in der Welt zählen die Deutschen auf Hochzeiten penibel die Wienerwürste pro Person ab, statt sich mit Asbach-Cola und feurigem Bauchtanz zu vergnügen? Ach ja, und heißt Integration nun, sich einer deutschen Partei anschließen oder - Traum vieler Türken - mit einer deutschen Frau schlafen? Fragen über Fragen, denen sich Ali jeden Tag aufs Neue stellen muss.
Die Integration ist und bleibt ein wichtiges politisches Thema in Deutschland. Wird dieser Streitfall normalerweise jedoch in den Nachrichten und mit dem nötigen Ernst behandelt, geht Sinasi Dikmen mit seinem Buch augenzwinkernd und verspielt an die Sache heran. Der Roman spaltet sich in drei Teile,
Die Familie, der Alis familiäre Probleme - die da wären die Schwiegereltern seiner Tochter - behandelt,
Unser Verein, in dem es um die Integrationswilligkeit beziehungsweise -unwilligkeit von Ali und seinen türkischen Brüdern geht, und zuletzt der
Epilog, der das Buch mit einem Besuch Alis und der Familie in der Türkei abschließt. Die ersten beiden Teile sind nochmals in einzelne Geschichten untergliedert.
Der Humor des Buches allerdings hat es in sich: Teilweise derb und sarkastisch, selten nett und noch seltener langweilig betrachtet Dikmen die Integration endlich mal aus den Augen eines zur Integration "verdammten" Türken, der sich entweder mit Händen und Füßen dagegen wehrt oder sich den Enkeln zuliebe "typisch deutsch" verhält. Provokant und Deutsche wie Türken gleichermaßen ansprechend, bahnt sich Dikmen einen Weg durch den Alltag eines Türken in Deutschland, zeigt die Höhen und Tiefen, die Probleme und Schwierigkeiten. Das Schöne daran: Er hebt weder mahnend den Zeigefinger noch spielt er den Moralapostel. Ironie und Sarkasmus sind die Waffen, mit denen der Leser hin und wieder unsanft, häufig aber sehr humorvoll aufgerüttelt wird.
Tabuthema Integration? Fehlanzeige! Sinasi Dikmen geht unverblümt und mit triefendem Sarkasmus an das Thema heran. Provokanten Spitzen gegen Deutschland folgen besser versteckte Pointen gegen die türkischen Landsmänner. Und indem jeder seinen Teil abbekommt, rüttelt Dikmen den Leser auf und bringt ihn gleichzeitig zum Lachen.