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 Mirror´s Edge


Cover
Gesamt ++++-
Action
Aufmachung
Bedienung
Bildqualität
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Strategie
Ton


Mit "Mirror?s Edge" wirft Electronic Arts einen innovativen, schnellen Titel auf den Markt, der das Feeling der in Frankreich entstandenen und mittlerweile recht populären Sportart "Parcour" wiedergeben soll - und das auch ganz ordentlich auf die Reihe bekommt.

Eine Großstadt in der nahen Zukunft: Der Staat ist übermächtig und allgegenwärtig, das System totalitär kontrolliert. Individuen, die mit dieser Welt nicht klarkommen, werden an ihre Ränder gedrängt, fristen ihr Dasein im Verborgenen oder gar außerhalb der Schutz bietenden Stadt. Kommunikation, vor allem Dinge betreffend, die dem Staat gegen den Strich gehen, findet über sogenannte "Runner" statt, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen, indem sie Informationen von A nach B oder von Informant zu Kunde transportieren. Dabei sprinten, springen und hangeln sie vornehmlich über Dächer, zwischen Häuserschluchten, Tunnels oder sonstigen Umgebungen, die zufälligerweise zwischen ihnen und ihrem Ziel liegen, und agieren am liebsten fernab des Blickfelds der Polizei.

In "Mirror?s Edge" übernimmt der Spieler die Kontrolle über Faith, einer Runnerin, deren Schwester durch einen Komplott des Mordes bezichtigt wird. Es ist nun an Faith, herauszufinden, wer für diesen Komplott verantwortlich ist und ihre Schwester vor dem Tod zu bewahren.

Das Spielprinzip ist, wenngleich die Story ein wenig schwächelt, sehr unverbraucht: Wie bei einem Jump?n?Run in Egoshooter-Ansicht geht es von Dach zu Dach, durch Luftschächte, U-Bahntunnels, man springt von Rampen ins schiere Nichts, lässt sich an Seilen in die Tiefe gleiten und rennt, was das Zeug hält. Dabei gibt es einerseits viele Szenen, in denen nur Geschicklichkeit gefragt und das Hauptaugenmerk des Spielers auf die Frage gerichtet ist, wohin nun eigentlich der nächste Sprung führen sollte, um nicht als menschlicher Matsch am Boden der Stadt zu enden. Auf der anderen Seite mischen sich in viele Szenen auch schießwütige Polizisten, deren Umgehung/Bekämpfung den Adrenalinspiegel auf konstant hohem Level hält und die dafür sorgen, dass es eher um schnelle Flucht geht als um ausgeklügelte Kletterpartien.

Faith kann zwar rennen wie ein Gepard, doch das Kämpfen gehört nicht zu ihren Stärken. Lassen sich einzelne Gegner noch ganz gut ausschalten, wird es ungleich schwerer, sobald mehr von der Sorte auftauchen. Dann nämlich steht man vor der Wahl, die bösen Jungs (die ja eigentlich die guten Jungs sind, aber im Grunde auch wieder nicht, aber ? ach, egal) auszuschalten oder sich schleunigst aus dem Staub zu machen. Wer unbedingt kämpfen möchte, kann einem Gegner die Waffe abnehmen (eine gute Reaktion vorausgesetzt) und damit die anderen Feinde unter Beschuss nehmen - es empfiehlt sich allerdings fast immer, einfach abzuhauen, denn ein besiegter Gegner gibt keine Boni, und eine Flucht geht meist erfolgreicher aus als ein Kampf.

Das eigentliche Hauptaugenmerk des Spieles - das Klettern - wurde hervorragend in Szene gesetzt und macht richtig Laune, wenn man einmal in Fahrt ist und Faith wie ein wildes Wiesel über alle Hindernisse hüpft. Bis das so klappt, dass es gut und flüssig wirkt, vergeht zwar ein wenig Zeit des Lernens, aber nach ein paar Mal Ausprobieren bekommt man jede Situation gebacken. Bei einem Spiel, das davon lebt, einen in alle möglichen Abgründe zu bugsieren oder sonstige Möglichkeiten auszuloten, die Protagonistin beim Klettern in den Tod zu stürzen, sind fair gesetzte Speicherpunkte natürlich ein Muss, und bis auf ein paar nervige Ausrutscher wurden die Rücksetzpunkte tatsächlich so gesetzt, dass man nicht frustriert ist über das zehnte Mal Runterfallen an der selben Stelle, sondern sich sagt: Ach, einmal geht noch - diesmal klappt?s bestimmt!

Grafisch befindet sich "Mirror?s Edge" zwar auf hohem Niveau, allerding wirkt die Umgebung oft viel zu steril, klinisch und glänzend: Die Stadt, und möge sie noch so sehr Saubermann-Großstadt in der Zukunft sein, hätte ein paar mehr Details ganz gut vertragen können. Denn es befinden sich, abgesehen von den Gegenständen, die zum Klettern geeignet sind, so gut wie keine Dinge auf den Dächern der Hochhäuser, die Umgebung wirkt oft sehr leer, fast seelenlos. Das passt zwar zum Image der Stadt und der Story, aber es riecht doch irgendwie nach einer faulen Ausrede, sich ein wenig Arbeit zu sparen beim Designen. Dass die Objekte, die zum Klettern benutzt werden können, knallrot leuchten, trägt ebensowenig zum Flair der Grafik bei (rote Rohre, Plattformen und Rampen in einer weißen Umgebung wirken etwas deplatziert), hilft jedoch ungemein beim Finden des richtigen Weges in schwierigen Klettersituationen. Im Übrigen lässt sich das quietschbunte Leuchten aber auch einfach abstellen.

Die Zwischensequenzen erinnern von Machart und Stil her sehr an die Spiele "Another world" und "Flashback" (die Jüngeren unter uns werden sich wohl eher nicht daran erinnern), wirken ein wenig skurril und comichaft. Davon abgesehen, dass die Story nicht allzu viel hergibt, kann man sich die Sequenzen zumindest mit Interesse angucken, weil man Derartiges zuvor noch nicht gesehen hat.

Die musikalische Untermalung ist gelungen und erhöht das Tempo des Spieles nochmal um ein paar zusätzliche Herzschläge pro Minute; auch die Geräusche klingen authentisch und schön. Wenn Faith nach einem langen Sprint außer Atem ist und heiser hechelt, fühlt man sich vielleicht sogar selbst ein kleines bisschen erschöpft.

Alles in allem ist "Mirror?s Edge" zu einem innovativen, spannenden Titel geworden, der mit seinen neun Levels und fünf bis sieben Stunden Spielzeit leider etwas kurz geraten ist, aber in Sachen Tempo und Stil Maßstäbe setzt. Die klinisch reine Grafik verliert auf Dauer ihren Reiz, doch der Spielspaß wird durch immer neue, schöne Kletterpassagen und Ideen hoch gehalten, Langeweile kommt selten auf. Ein durchaus gutes Spiel zu einem ordentlichen Preis, bei dem man nicht viel falsch machen kann, wenn man einfach zugreift.

Dirk Wonhöfer



DVD | Disc-Anzahl: 1 | Erschienen: 1. November 2008 | FSK: 16 | PC | Preis: 53,95 Euro

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