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Paris wirkt wie ausgestorben. Seit vor einigen Tagen fast alle Menschen über Nacht verschwunden sind, versuchen fünf Kinder zu überleben. Leila, Terry, Dodji, Camilla und Yvan haben sich im Hotel Majestic einquartiert, einem Fünf-Sterne-Hotel, das puren Luxus bietet. Während einige der Kinder die Freizeit ungeniert genießen und sich die Lage schön reden, sind Dodji und Leila von dem Plan besessen, die Stadt zu verlassen und anderswo nachzuschauen, ob es wirklich keine Menschen mehr auf der Welt gibt.
Die wilden Tiere, die aus den diversen Zoos ausgebrochen sind, machen ihnen zwar das Leben schwer, doch die Barrieren, die die Kinder errichtet haben, verhindern wenigstens, dass das Hotel zum Ziel ihrer Angriffe wird. Als die Kinder aus Übermut mit einem Revolver um sich schießen, bricht ein Streit aus. Dodji hasst Waffen und Gewalt, kann sich aber nicht durchsetzen. Wutentbrannt verlässt er die anderen. Voller Entsetzen muss er feststellen, dass ein Vermummter unweit des Hotels wohnt, der ihnen nach dem Leben trachtet. Doch als Dodji allein versucht, den Unbekannten zu finden, gerät er in einen Hinterhalt. Voller Angst kann er fliehen, bringt sich aber in eine ausweglose Situation. Er erkennt, dass nicht nur sein Leben, sondern vor allem das der anderen vier Kinder in höchster Gefahr ist.
Nach dem spannenden Auftakt im Band "Verschwunden" sorgen Illustrator Bruno Gazzotti und Autor Fabien Vehlmann in "Der Herr der Messer" für schweißnasse Hände. Sie führen nicht nur eine Horrorgestalt ein, die den Kindern offensichtlich ans Leben will, sie lassen auch einen Konflikt innerhalb der Kinder ausbrechen, der ihren Zusammenhalt und damit ihr Überleben gefährdet.
Immer stärker wird dieser Comic zu einem ernsthaften, an William Golding und seinen "Herr der Fliegen" erinnernden Stoff.
Dank der brillanten Zeichnungen von Gazzotti und der wendungsreichen Geschichte kommt keine Sekunde lang Langeweile auf - eher Unmut, denn die Grundfrage, was passiert sein mag und wie die Erwachsenen diese Welt verlassen haben, wird nicht beantwortet. Überraschenderweise gibt es nicht einmal einen kleinen Hinweis, geschweige denn beschäftigt die Frage die Kinder.
Druckqualität und Layout sind perfekt, der Preis ebenso - "allein" ist eine Comic-Serie, die man gelesen haben muss. Doch Vorsicht, es handelt sich um eine ernsthafte, nur gelegentlich mit kleineren Humoreinlagen unterlegte Geschichte über die Entwicklung von kindlichen Charakteren. Sie bilden den Kristallisationspunkt der Geschichte, auf diese fünf so unterschiedlichen Kinder konzentriert sich - bei aller Spannung und Dramatik - die Erzählung. Ihre Wandlung vom verhätschelten Kind, von dem Joch der Erwachsenen und den Zwängen des Alltags befreiten Wesen zu einem selbstständigen, vielleicht auch selbstgerechten Charakter wird mit feinem Strich und kurzen, knappen Sätzen beleuchtet.
Das gelingt den beiden Künstlern perfekt. "Der Herr der Messer" ist eine fantastische Fortsetzung, die wirklich jeden Leser in ihren Bann zieht und zweifellos auch zum Kauf des dritten Bandes führen wird. Man muss einfach wissen, wie es den Kindern ergeht, was in dieser so real wirkenden Welt geschehen ist.