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Vor 800 Jahren eroberten die Ritter des Theaterordens jenen Landstrich, der heute als Bornland bekannt ist. So verwundert es nicht, dass auch heute noch vieles, auf das man im Land zwischen Born und Walsach stößt, "Rittererbe" ist. "Rittererbe", so lautet auch der Titel der Abenteuer-Anthologie, die als Begleitband zu der kürzlich erschienenen Regionalspielhilfe "Land des schwarzen Bären" dienen soll.
Der Band besteht aus vier Abenteuern, die alle etwa 20 bis 25 Seiten lang sind. Ursprünglich war noch geplant, ein fünftes Szenario mit dem Titel "Wolfserwachen" aufzunehmen, welches jedoch aufgrund seines Umfangs nun als separater Abenteuerband erscheinen wird.
"Zeichen der Vergänglichkeit" von Kathrin Lieb führt die Helden von Festum aus in die Drachensteine, wo sie einem Drachenforscher bei der Feldarbeit zur Hand gehen sollen. In dem Dorf Neu-Drakenstein angekommen, müssen sie sich mit seltsamen Vorkommnissen im Dorf selbst sowie den Vorurteilen der Bevölkerung gegen eine reisende Norbardensippe herumschlagen.
In "Bauernfänger" von Christina Weimann und Ingolf Karkosch haben die Spieler die Möglichkeit, in die Rollen bornischer Leibeigener zu schlüpfen. Zu diesem Zweck finden sich im Anhang des Abenteuers fünf Beispielcharaktere mit Werten. Nachdem zwei seiner Leibeigenen spurlos verschwunden sind, begibt sich ihr Bronnjar mit den Spielercharakteren auf die Suche. Dabei stoßen sie auf ein gut gehütetes Geheimnis im Überwals, der Region an der Ostgrenze des Bornlandes.
Der "Schleier der Unwissenheit" ist Dreh- und Angelpunkt des nächsten Abenteuers von Daniel Heßler. Hier begleiten die Helden einen Festumer Magus nach Ouvenmas. Auf der Reise schließt die Gruppe Bekanntschaft mit einer Norbardensippe, doch nach einem unglücklichen Zwischenfall mit besagtem Schleier sind die Norbarden nicht mehr gut auf die Helden und ihren Auftraggeber zu sprechen. In Ouvenmas selbst kommt es zu einer Reihe von Diebstählen, die mit einem alten Geheimnis der Norbarden in Verbindung stehen.
"Die Braut des Bronnjaren" von Christian Hellinger führt die Charaktere in das kleine Örtchen Jagotin, wo die titelgebende Jungfrau spurlos verschwindet - kurz nachdem der Bronnjar seine Absicht bekannt gemacht hat, sich mit ihr zu vermählen. Glücklicherweise stoßen die Helden bei ihren Nachforschungen schnell auf eine heiße Spur - doch stellt sich ebenso bald heraus, dass hinter dem Verschwinden ein ganz anderes Problem steckt, welches ganz Jagotin betrifft.
Alle vier Abenteuer sind gut strukturiert und bieten Material für etwa je zwei Spieleabende. Interessant ist der Ansatz von "Bauernfänger", die Spieler einmal in die Rollen bornischer Leibeigener schlüpfen zu lassen und sie in einen Gewissenskonflikt zwischen Loyalität gegenüber ihrem Bronnjaren und der Möglichkeit zur Selbstbestimmung zu bringen. Erfahrungsgemäß wird sich dieses Abenteuer aber eher als One-Shot für Rollenspiel-Conventions eignen, denn zur Aufnahme in die eigene Kampagne.
Ein sehr wichtiges Element für das Spiel im Bornland dagegen wird in "Zeichen der Vergänglichkeit" und "Schleier der Unwissenheit" angesprochen, nämlich der vorurteilsbehaftete Umgang der Landbevölkerung mit dem fahrenden Volk der Norbarden. Hierin liegt einiges an Konfliktpotential verborgen, und die Helden müssen sich nicht nur entscheiden, auf wessen Seite sie sich stellen, sondern auch dafür sorgen, dass die Situation nicht eskaliert.
Leider weist "Rittererbe" auch einige sehr negative Aspekte auf, die den positiven Eindruck der Anthologie trüben: Bei der Lektüre des Bandes zeigt sich sehr bald, dass sich die Abenteuer in ihrer Grundstruktur stark ähneln: In "Zeichen der Vergänglichkeit" und "Schleier der Unwissenheit" brechen die Helden beide Male mit einem Auftrag von Festum auf, treffen während ihrer Reise auf eine Norbardensippe und werden an ihrem Zielort Zeuge seltsamer Vorkommnisse, bei denen scheinbar auch die mysteriösen Norbarden ihre Finger im Spiel haben. Die anderen beiden Abenteuer "Bauernfänger" und "Die Braut des Bronnjaren" handeln von verschwundenen Untertanen eines Bronnjaren, deren Spur die Helden auf ein Geheimnis führt. Einmal mag solch eine Parallelität bei vier Abenteuern zu verkraften sein, aber bei zweimaligem Vorkommen wie hier müssen sich Redakteur und Chefredakteur den Vorwurf der Nachlässigkeit gefallen lassen. Liegt nicht gerade auch darin die Aufgabe des Redakteurs, die Abenteuer so aufeinander abzustimmen, dass solche Doppler vermieden werden?
Dies ist jedoch nicht das einzige Manko des Bandes: Gerade das Bornland ist beispielsweise mit Bornwald, Totenmoor oder Rotaugensümpfen derart reich an phantastischen Orten, dass die Wahl der Abenteuerschauplätze seltsam uninspiriert anmutet. Warum siedelten die Autoren ihre Plots an Schauplätzen an, die relativ leicht austauschbar sind? Lediglich der Hintergrund von Ouvenmas in "Schleier der Unwissenheit" wird so in das Abenteuer eingebettet, dass es auf den Plot einwirkt, während die Schauplätze der übrigen Beiträge denkbar blass bleiben.
Möglicherweise hätte man sich bei der Planung des Bandes von anderen Anthologien wie "Steinzeichen" inspirieren lassen sollen, bei denen die Helden die vorgestellte Region im Rahmen einer zusammenhängenden Mini-Kampagne erkunden. Gerade das Bornland hätte sich dafür sehr gut geeignet. So bleibt nur zu sagen, dass man für Abenteuer im Bornland lieber auf frühere Veröffentlichungen wie "Zeit der Ritter" oder "Goldene Ketten" zurückgreifen sollte.
Das Cover der Anthologie dagegen ist ein kleines Kunstwerk geworden, versteht es doch auf subtile Weise, alle wichtigen Elemente des "neuen" Bornlandes einzufangen. Schade, dass der Inhalt nicht mit dem Cover mithalten kann.
Leider vermag "Rittererbe" aufgrund mehrerer Aspekte nicht zu überzeugen. Das größte Manko des Bandes besteht in der großen Ähnlichkeit seiner Abenteuer, aber auch die Auswahl ihrer Schauplätze wirkt im Hinblick auf die Reichhaltigkeit des Bornlandes sehr beliebig. Die Hoffnung für Bornland-Fans ruht nun auf dem ausgeklammerten "Wolfserwachen", welches im Laufe des Jahres noch als separates Abenteuer erscheinen soll. Vom Kauf dieser Anthologie ist dagegen abzuraten, da der Meister nur sehr wenig Material davon für die eigene Gruppe verwenden kann, so er sich nicht wiederholen und seine Gruppe zum x-ten Mal von Festum aus in diverse Winkel des Landes schicken möchte.