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Im Jahre 2073 geht die Welt unter. Mehrere Meteoriten steuern direkt auf die Erde zu. Der eilig aufgebaute Verteidigungsgürtel versagt. Ironischerweise ist ein Computervirus der Grund dafür. Statt also in glühendem Staub zu zergehen weichen die fliegenden Steinbrocken aus dem All keinen Millimeter von ihrer Bahn ab und schlagen erbarmungslos auf der Erde ein. Das Europa, das wir kennen, brennt und findet sich unter einer riesigen Staubwolke wieder. Allein Afrika entkommt knapp der Katastrophe, da der Kontinent lediglich geschrammt wird. Auch hier gibt es weitreichende Zerstörungen durch Hitze- und Druckwellen sowie Flutwellen, die das Leben an den Küsten erlöschen lassen. Doch im Großen und Ganzen entkommt der schwarze Kontinent dem Schlimmsten. Einige Zeit später beginnen sich die Erdplatten zu verschieben, ein Riss geht durch Deutschland, das Klima kühlt im Norden ab und es entsteht eine Landbrücke nach Afrika.
500 Jahre später liegt die Menschheit immer noch im Staub. Zuviel ging von der früheren Zivilisation verloren. Mühsam muss sich Wissen angeeignet werden und der Mensch muss sich gegen einen neuen Feind behaupten. Als würde es nicht reichen, dass durch das Chaos in manchen Regionen Gewalt und Anarchie herrschen, kam mit den Meteoriten eine neue Gefahrenquelle aus dem All. Die Fäulnis brach über Europa herein, eroberte menschliche Körper und immer weiteres Land. Nach dem großen Einschlag begann sich ein unbekannter Pilz auszubreiten. Er verbreitet seine Sporen durch die Luft und wer sie einatmet läuft Gefahr selbst versport zu werden. Der Pilz verändert die Menschen. Schon als Kleinkinder verhalten sich die betroffenen auffällig, sondern sich von der Gemeinschaft ab und besitzen unheimliche Fähigkeiten. Wenn sie größer werden zieht es sie unwiderstehlich zu den Muttersporenfeldern, auf denen sie ihresgleichen treffen. Was genau sie dort tun, hat noch niemand herausgefunden.
Degenesis ist ein endzeitliches Rollenspiel. Oder vielmehr ein Rollenspiel, das an dem Punkt beginnt, an dem langsam wieder eine Zivilisation aufgebaut werden kann. Durch unzählige Katastrophen hat sich die Welt komplett verändert und der Mensch war gezwungen sich anzupassen oder zu sterben. Noch ist es unentschieden, welches Volk das Schicksal für sich entscheiden wird, doch bis dahin wird die Erde erfüllt sein vom Blut der Toten und dem Geschrei der Sterbenden. Dem Spieler stehen sieben Kulturkreise zu Verfügung sowie dreizehn verschiedene Kulte, aus denen er seinen Charakter wählen kann. Das verwendete Spielsystem nennt sich KatharSys und lässt sich leicht aneignen. An Würfeln werden lediglich zwei zehnseitige benötigt. Der Charakter selbst wird durch fünf verschiedene Attribute und zahlreiche Kenntnisse bestimmt. Jeder Kenntnis ist ein Attribut zugeordnet und beide zusammen bilden den Wert, auf den gewürfelt werden muss. Auch das Kampfsystem kommt mit sehr wenigen Regeln aus und erspart somit ständiges Nachblättern im Regelbuch. Hier wurde wirklich einmal der Spielspaß in den Vordergrund gesetzt, und das Wertesystem bildet lediglich eine Basis, um gerechtes Spielen zu ermöglichen.
Das Grundregelbuch teilt sich in vier große Kapitel auf. Im Primal Punk lernt man die einzelnen Kulturkreise und Kulte näher kennen, die in der Welt nach der Apokalypse auf Erden wandeln. Für den eiligen Leser gibt es anfangs eine kurze Übersicht, ehe die detaillierten Informationen beginnen. Jedes einzelne Volk wird in seiner Entwicklung bis heute dargestellt und in zahlreichen Beispielen und Erzählungen beschrieben. Das gleiche gilt für die Kulte.
Natürlich bildet das Regelsystem eines der wichtigsten Kapitel, dennoch ist es bei weitem nicht so umfassend, wie man es von anderen Systemen her kennt. Wirklich nur die nötigsten Werte und Proben finden sich hier. So kann man selbst schon nach recht kurzer Zeit problemlos Charaktere erschaffen oder Proben würfeln lassen.
Die folgenden beiden Kapitel beschäftigen sich wieder mit spielinternen Dingen. Zum einen werden hier zahlreiche Gegenstände der Welt in Degenesis vorgestellt und deren genauer Wert beziffert. Denn nicht alles kann zu dieser Zeit hergestellt werden, und manche technischen Dinge kann man durch mangelndes Wissen nicht anwenden geschweige ihren wirklichen Wert erkennen. Zum anderen gibt es eine genauere Beschreibung der Droge Burn, die die Welt beherrscht. Sie ist ein Spiel mit dem Teufel, da man für die höchste Verzückung mit der Versporung seines Körpers bezahlt. Aber wen schert das schon. Für den Spielleiter folgen dann in der "Sperrzone" die wirklichen geschichtlichen Hintergründe. So lässt sich die bis dorthin entwickelte Geschichte leicht nachvollziehen und so manche Idee fürs Spiel finden. Doch kein Rollenspiel kommt ganz ohne Feinde aus. Eben jene werden beispielhaft erläutert, denn man kann nicht alle Schrecken auf die wenigen Seiten bringen. Und da nicht jeder der geborene Erzähler ist, folgen auch noch einige Tipps, wie man das Spiel in Schwung bringen kann, Charaktere zusammenführt oder eigene Abenteuer gestaltet. Besonderen Wert wird hierbei darauf gelegt, dem Spielleiter Hinweise mitzugeben, wie er die besondere Atmosphäre dieses Spieles seinen Spielern näher bringen kann. Zu guter Letzt bleibt dann nur noch der Sprung ins kalte Wasser mit dem vorgeschlagenen Abenteuer. Dann wird sich zeigen, aus welchem Holz die Charaktere wirklich geschnitzt sind.
Dieses Grundregelwerk ist bei seinem großen Umfang wirklich voll gepackt mit Informationen zum Spiel. Anfangs fühlt man sich fast überfordert, doch bald schon liest man sich an den eingängigen Beschreibungen fest. Denn all die Daten sind wichtig, um eine komplette atmosphärische Welt darstellen zu können. Sehr auffällig war, dass das Regelsystem im Verhältnis zu den Spielinformationen recht wenig Platz weggenommen hat. Das ist meiner Meinung nach sehr löblich, da es letztlich auf den Spielspaß ankommt und das Regelwerk lediglich Entscheidungsgrundlage für knifflige Situationen ist. Besonders herausragend sind die zahlreichen detaillierten Zeichnungen, die die Welt zum Leben erwecken. Sie besitzen eine herausragende Qualität und nehmen, bildlich gesprochen, kein Blatt vor dem Mund. Offen stellen sie die Grausamkeit und Unbarmherzigkeit der Spielwelt dar. Für manchen mögen die Bilder abschreckend sein, doch schließlich handelt es sich hier auch um ein endzeitliches Rollenspiel, das sich um den menschlichen Überlebenskampf dreht. Sicher ist Degenesis nichts für Rollenspieleinsteiger, da durch das sparsame Regelsystem einiges an Erfahrung und Verantwortung von den Spielern gefordert wird. Genauso wenig eignet sich das Rollenspiel für jüngere Spieler wegen der brutalen Bilder und der von Gewalt geprägten Welt. Auf der Innenseite des Buches wird extra darauf hingewiesen, dass Degenesis nicht an Jugendliche unter sechzehn Jahren verkauft werden soll.
Zum Schluss lässt sich nur sagen, dass es hiermit gelungen ist eine niveauvolle spannende Spielwelt zu erschaffen. Die zahlreichen Kulte und Kulturen sind gut ausgearbeitet und bieten eine große Zahl an möglichen Charakteren. Durch das Regelsystem KatharSys spart sich der Spielleiter eine Menge Zeit, die er in die Ausarbeitung und Gestaltung seiner Geschichten legen kann. Das Buch selbst ist wunderschön gestaltet und bringt die düstere Stimmung des Spiels durch die fantastischen Zeichnungen und das passende Layout extrem gut rüber. Ein weiterer Pluspunkt ist die Möglichkeit, sich das Grundregelwerk vor dem Kauf erst einmal komplett zur Ansicht von der Seite
www.degenesis.de herunterzuladen. So kann man es vor Kauf auf Herz und Nieren testen. Dieses Rollenspiel hat eine schöne Zukunft vor sich, wenn es ihm gelingt seinen hoch angesetzten Anspruch auch weiterhin aufrecht zu erhalten.