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 Shriek


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Spannung


Ambra, die Stadt der Heiligen und Verrückten, kennt Duncan Shriek als gewissenhaften Historiker und Verfasser von Hoegbottons Führer zur Frühgeschichte dieser außergewöhnlichen Stadt, in der sich Königskalamare, Pilzwesen, obskure Künstler und tyrannische Walfänger die Klinke in die Hand geben, einer Stadt, die irgenwo zwischen Art Decor, Lovecrafts Arkham und Burroughs Interzone angesiedelt ist. Dieser Duncan Shriek ist allerdings nach der Abfassung seines Werks (zumindest zeitweise) verschwunden, so dass seine Schwester Janice die Abfassung des Nachworts übernommen hat ... ein immerhin fast 500-seitiger Nachklapp zu Hoegbottons Stadtführer. Er beginnt als Biographie Duncan Shrieks, über den die eigene Schwester zu sagen weiß, dass er "überhaupt kein Mensch" sei, sondern "gänzlich aus Abschweifungen und Ausschweifungen" bestünde. Ab- und Ausschweifungen gibt es in der Tat viele in diesem ungewöhnlichen Nachwort zu einem noch ungewöhnlicheren Buch; von merkwürdigen Kunstgalerien wird berichtet, von fluoriszierenden Pilzsporen, die von Menschen bis Schreibmaschinen alles mögliche befallen, von den im Untergrund hausenden Grauhüten, die einst aus der Stadt Ambra vertrieben wurden, und von zwei Verlagshäusern, die sich einen Kleinkrieg liefern und diesen immer weiter eskalieren lassen. Und immer wieder kommentiert Duncan Shriek selbst die Ausführungen seiner Schwester, die sich auf die Suche nach der Wahrheit seiner Erzählungen und dabei selbst die wildesten Erfahrungen macht.

Jeff Vandermeers "Stadt der Heiligen und Verrückten" hat 2005 für Verblüffung und Aufsehen in der Fantasyszene gesorgt - ein nicht leicht konsumierbares, aber ideenreiches und originelles Werk, das allein durch seine Aufmachung und seine Sprachvielfalt zu begeistern wusste und die Leserschaft zielsicher spaltete. Mit "Shriek" liefert Vandermeer nun den Nachfolger, der etwas konzentrierter und geordneter daherkommt, jedoch an die bizarren Einfälle seines Vorgängers anzuknüpfen weiß. Auch die Sprache ist erneut gewählt, oft sogar malerisch, und überzeugt durch einen großen Wortschatz und durch Leidenschaft.

Vandermeer kann auch mit diesem Roman wieder faszinieren, obwohl man natürlich die meisten Elemente schon kennt und der Überraschungseffekt sich etwas abgenutzt hat. "Shriek" liest sich deshalb mehr als eine Variation oder ein Spiel mit den bunten Farben, die Ambra zum Leben erweckten, und wer die "Stadt der Heiligen und Verrückten" nicht gelesen hat, könnte etwas ratlos zurückbleiben. Wer allerdings an diesem Gefallen fand, wird in "Shriek" ein willkommenes Wiedersehen mit Martin See, Duncan Shriek und Manzikert feiern, mit den Verlagshäusern Hoegbotton & Söhne und Frankwrithe & Leden, mit wirren Flugschriften und wilden Künstlerparties. Und er wird Ambra ein weiteres Mal lieben, fürchten, verabscheuen und hochleben lassen.

Hagen Hoffmann



Taschenbuch | Erschienen: 01. Januar 2009 | ISBN: 9783608937787 | Originaltitel: Shriek. An Afterword | Preis: 24,90 Euro | 490 Seiten | Sprache: Deutsch

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