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Im Jahr 2009 wäre Charles Darwin nicht nur 200 Jahre alt geworden, sondern vor 150 Jahren, im Jahr 1959, erschien auch sein Werk "Die Entstehung der Arten". Nach der Kopernikanischen Wende wurde die biblische Weltsicht damit ein weiteres Mal in ihren Grundfesten in Frage gestellt: Diesmal war es nicht die Erde, die aus dem Mittelpunkt gerissen wurde und die Sonne umkreisen sollte, sondern der Mensch, der plötzlich von der Krone der Schöpfung auf eine zufällige Entwicklung reduziert wurde, dazu noch eine Entwicklung, die auf affenähnliche Vorfahren zurückblicken sollte. In Anbetracht der Reich- und Tragweite von Darwins Theorie verwundert es nicht, dass das Jahr 2009 zum Darwin-Jahr erkoren wurde und eine Unmenge an Büchern zu Darwin, zur Evolution und zur Entwicklung des Menschen auf den Buchmarkt strömen.
In der Reihe "ZEIT WISSEN Edition" ist 2008 der Band "Triebkraft Evolution - Vielfalt, Wandel, Menschwerdung" erschienen, in dem sich zwölf Wissenschaftler mit der Evolution auseinandersetzen. So reist Peter Douglas Ward, Professor für Geowissenschaften an der University of Washington in Seattle, durch Frankreich auf der Suche nach Ursachen und Konsequenzen von Umbrüchen, die mit Massenaussterben einhergingen. Der vor vier Jahren verstorbene Ernst Mayr, der als einer der bedeutendsten Biologen unserer Zeit gilt, fasst zusammen, dass Biologen zahlreiche Beweise gefunden haben, die zeigen, dass Evolution stattgefunden hat, jedoch keinen Beweis, der das Gegenteil bezeugt. Christian de Duve, der 1974 den Nobelpreis für Medizin erhielt, macht sich auf die Suche nach der Geschichte des Lebens auf der Erde, nach dem Leben im Allgemeinen, nach der Vielfalt des Lebendigen, das überall aus den gleichen Stoffen aufgebaut ist. Mark Norell, Kurator am American Museum of Natural History in New York, verfolgt die Entdeckung der gefiederten Dinosaurier, während Jens Lorenz Franzen sich mit dem Ursprung und der Evolution der Pferde befasst. Den Evolutionsbiologen Richard Dawkins kennen vielleicht einige ob seiner These vom "egoistischen Gen", das wiederum egoistisches Verhalten des Genträgers hervorrufen soll. Nach Dawkins sind Mensch und Tier "Maschinen [...], die durch Gene geschaffen wurden."
Weniger provokativ ist die Botschaft des amerikanischen Paläoanthropologen und Primatenforschers Ian Tattersal, der darauf hinweisen will, dass es nicht immer nur eine Menschenspezies gab. Auch Donald Johanson, der das bekannte hominide Fossil Lucy gefunden hat, und Blake Edgar sind der Evolution des Menschen auf der Spur und sprechen in ihrem Beitrag über Fossilien von Frühmenschen. Ralf W. Schmitz und Jürgen Thissen sind auf der Suche nach dem Neandertaler in uns. Mit kultureller Evolution, der Weitergabe von Wissen und Verhaltensweisen, befasst sich Gerd-Christian Weniger, während der promovierte Kognitionspsychologe Geoffrey F. Miller aufzeigt, dass die Evolution unvorhersehbares Verhalten begünstigt und durch sexuelle und soziale Selektion verstärkt wird. Im letzten Beitrag fragt der Zoologe Keith Harrison, wie die Evolution des Menschen weitergehen könnte.
Wie auch in den anderen Bänden der Reihe wechseln sich die Beiträge der Wissenschaftler mit denen von Autoren der Zeit und der Zeit WISSEN ab. Und auch in diesem Band wurden die Beiträge der Wissenschaftler aus Sachbüchern entnommen. Man bekommt als Leser somit nicht nur eine Einführung in die Thematik des Bandes, in diesem Fall in die Evolutionstheorie, sondern zugleich Lektüreempfehlungen. Liest man einen Beitrag und möchte gerne mehr erfahren, kann man auf die Bücher zurückgreifen, denen die Texte entnommen wurden und die allesamt, wie auch die Reihe Zeit WISSEN Edition, im Spektrum Akademischer Verlag erschienen sind. Alle Beiträge sind gut geschrieben und informativ, auf den Laien zugeschnitten und schaffen es Neugierde zu wecken. Die Faszination des Lebens auf der Erde und seiner Entwicklung sollte jeden Leser erreichen, wenn auch je nach Leser einige Beiträge mehr interessieren oder gefallen werden als andere. Aber auch im vorliegenden Band ist die Zusammenstellung der Beiträge gelungen und macht Lust auf mehr. Dazu tragen auch die Artikel der Journalisten bei, die einen größeren Zusammenhang zwischen den Beiträgen herstellen und das Buch insgesamt auflockern - auch wenn das in Anbetracht der Lesefreundlichkeit der Texte eigentlich nicht nötig ist. Sie werfen jedoch nochmal ein anderes Licht auf die Evolution und ihre Wissenschaften, haben einen weiteren Blick.
Wer an der Evolution - hauptsächlich des Menschen - interessiert ist, findet in diesem Buch eine gelungene Einführung und Zusammenfassung des heutigen Wissens.