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In Wynter ist das Leben alles andere als gerecht. Vor allem für die Menschen, die in den Ruinen vor der Stadt leben, ist das tägliche Leben hart. Sie haben keine Rechte und werden von den Gildenmitgliedern und vor allem von den Drachen als Menschen ohne Rechte betrachtet. Die Drachen sind hierbei nicht die bekannten Fabelwesen, sondern menschenähnliche Wesen, die sich in Tiere verwandeln können und sich von den Menschen auch dadurch unterscheiden, dass sie sich immer vom Verstand leiten lassen. Die Menschen brauchen ihrer Meinung nach Führung, da sie fühlen und darum irrational und gefährlich handeln.
Als das Ruinenmädchen Mion, das zusammen mit seinen Freunden "Ritus" spielen will - ein Spiel, bei dem man von einem sterbenden Tier ein Stück weit mit ins Jenseits genommen wird -, aus Versehen den Thronfolger der Drachen in Fuchsgestalt erschießt und er dadurch eines seiner Leben verliert, ändert sich ihr Leben schlagartig.
Sie wird verhaftet und zum Tode verurteilt, doch der Malermeister Jagu holt sie aus dem Gefängnis und macht sie zu seinem Lehrling - allerdings lernt sie nicht Malen, sondern wie sie mit ihrer Schönheit und Intelligenz betört und Geheimnisse erfährt. Sie wird seine eigene Waffe im Kampf gegen die Drachen.
Nun lebt sie bei einem Gildenmitglied und wird auf Feste mitgenommen, trifft Lyrian, den Thronfolger, lernt ihn wirklich kennen und lernt und macht Dinge, die sie nie für möglich gehalten hätte.
"Rabenmond" ist ein Fantasyroman, der vor allem überrascht. Die Inhaltsangabe auf dem Buchrücken wird der eigentlichen Handlung nicht mal im Ansatz gerecht, erweckt diese doch den Eindruck, es wäre ein weiteres der vielen Bücher, die von einem Jugendlichen berichten, dessen Schicksal es ist, die Welt zu verbessern. Mion hingegen ist nicht durch das Schicksal bestimmt, alle ihre Handlungen haben direkte Auswirkungen, die hätten verhindert werden können. Sie wird von Jagu für seine Zwecke eingespannt, doch was das für Zwecke sind und woher seine Beweggründe dafür kommen, wird erst sehr spät sichtbar. So steigert sich die Spannung durchgehend, bis sie sich in einem überraschenden Höhepunkt löst.
Die Handlung wird nicht nur aus Mions Sicht erzählt, sondern auch Lyrian und seine Dienerin und Freundin Baltibb zeigen dem Leser ihre Sichtweise der Dinge. So erhält man ein rundes Bild aus verschiedenen Blickwinkeln: Mion, in den Ruinen aufgewachsen, im herkömmlichen Sinne ungebildet, aber mit dem Willen zu lernen, einer natürlichen Fähigkeit zur Diplomatie und einem starken, unbeugsamen Willen. Baltibb, die Dienerin, die mit zärtlicher Hingabe an Lyrian hängt und für ihn alles tun würde - bis er sich in ein anderes, schöneres Mädchen verliebt. Und schließlich Lyrian selbst, der Thronfolger der Drachen, der an seiner eigenen Herrschaft und Identität zu zweifeln beginnt. Doch auch die vielen anderen Charaktere, die nicht so ausführlich beleutet werden, sind sehr interessant und facettenhaft.
Spätestens mit diesem Roman zeigt Jenny-Mai Nuyen, dass sie Romane schreiben kann, die nicht nur eine spannende Geschichte erzählen, sondern auch tiefer gehen und den Leser nachdenklich und erschüttert zurücklassen.