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 Gunslinger Girl, Staffel 1: Gunslinger Girl - Gesamtausgabe

1.-4. Akt


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Extras
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton
Touristen promenieren im warmen Schein der Sonne durch die alten Straßen von Rom, besichtigen die Kunstschätze von Florenz oder füttern die Tauben am Markusplatz in Venedig. Doch der Schein trügt: Hinter der idyllischen Fassade Italiens herrscht ein erbarmungslos geführter Krieg zwischen der Regierung und Terroristen, welche diese stürzen wollen. Wichtigste Stütze im Kampf gegen die "Republikaner", wie die Feinde der Staatsmacht genannt werden, ist die "Staatliche Gesellschaft für soziale Wohlfahrt": Nach außen hin ist diese Organisation als karitativer Verein bekannt, der landesweit Krankenhäuser nach jungen Mädchen, welche körperlich wie seelisch missbraucht und verstümmelt worden sind, absucht und ihnen die beste medizinische Versorgung zukommen lässt. Was die Öffentlichkeit aber nicht weiß: Mittels modernster Cyborgtechnik und medikamentöser Gehirnwäsche werden aus unschuldigen Mädchen vollwertig ausgebildete Killerinnen ohne Vergangenheit, die Italien von den "Republikanern" säubern sollen. Der Plan der Regierung trägt rasch erste Früchte, denn wer vermutet hinter einem kleinen Mädchen schon den Todesengel mit entsicherter FN P90?
Jedem der Mädchen wird ein Fratello zur Seite gestellt, der fortan die Ausbildung seines Schützlings innehat. Ihm steht es frei, den Grad der "Konditionierung" selbst festzulegen - je höher, desto willenloser das Mädchen und kürzer seine ohnehin geringe Lebenserwartung -, doch hat er dafür Sorge zu tragen, dass seine "Schwester" für die Einsätze zu gebrauchen ist. Das Cyborg-Projekt steht noch am Anfang und Probleme bei der Ausbildung und der "Konditionierung" pflastern den Weg der ersten Probandinnen Henrietta, Rico, Triela, Angelica und Claes ebenso wie die Leichen liquidierter "Republikaner". Doch die Mädchen sind keine seelenlosen Killermaschinen, jedes von ihnen hat eine tragische Geschichte zu erzählen ...

Zugegeben, die Story klingt etwas irreal und das Konzept der schießwütigen kleinen Mädchen ruft aufgrund der Ähnlichkeit zu den allseits beliebten girls with guns - sexy, waffenstarrende Mädchen, die angesichts ihrer Oberweite mehr als nur einen Waffenschein brauchen - doch gewisse Zweifel auf den Plan: Lebte hier irgendein pädophiler Mangaka seine schmutzige Fantasie aus? Eine deutliche Entwarnung ist an dieser Stelle unumgänglich: Sexuell bedenkliche oder gar anzügliche Szenen sind nicht enthalten, überhaupt spielt Sex keine Rolle in "Gunslinger Girl".

Stattdessen setzt die Anime-Reihe aus dem bekannten Studio Madhouse ("Death Note", "Black Lagoon") lieber auf ganz andere Kaliber, um den Zuschauer in einen gnadenlosen Krieg vor der malerischen Kulisse Italiens hineinzustoßen. Kühle Pastelltöne gaukeln einen sonnigen Winter vor und der geschickte Einsatz von Unschärfe verleiht den Blicken, welche die Kamera in menschenleere Gassen, in überfüllte Kunstgalerien und auf das sonnenbeschienene Meer vor der Küste Siziliens wirft, einen gleichermaßen verträumten wie eiskalten Ton, der die gesamte Serie hindurch mitschwingt. Rasiermesserscharf mit den blassen Hintergründen kontrastiert das hervorstechende Rot von Blutlachen, in denen die Opfer der Cyborg-Mädchen verenden, ebenso wurden die Waffen mit größter Detailverliebtheit am Computer geschaffen. Die brutalen Schusswechsel, kaltblütigen Attentate und die Sturmangriffe auf Terroristennester geizen nicht mit Gewaltdarstellungen, mutieren aber nie zum alles beherrschenden Mittel; trotz aller Brutalität stehen diese Szenen immer hinter der emotionalen Schiene zurück, auf welcher die Geschichte erzählt wird.

Und diese Schiene hat es in sich! Während die Nebencharaktere etwas mehr Tiefe hätten vertragen können, wurden die Mädchen sehr fein gezeichnet. Doch bei all den lieben großen Augen und der Tragik trifft der Zuschauer auf keine einzige Identifikationsfigur, vielmehr gerät er bei "Gunslinger Girl" in eine emotionale Zwickmühle: Einerseits nimmt die tragische Vergangenheit der Cyborgs den Zuschauer für sich ein, ihr unschuldig wirkendes, kindliches Äußeres lässt die Tätigkeit der Geheimorganisation als amoralisches Treiben erscheinen; gleichzeitig verfolgt man die sorgfältig geplanten und eiskalt ausgeführten Morde nicht ohne ein mulmiges Frösteln, man fragt sich bestürzt, wie die Mädchen ihr Leben nur für ihre Fratellos opfern können. Damit stehen weder konkrete Identifikationsfiguren noch greifbare Feindbilder zur Verfügung. Ein gelungener Soundtrack untermalt die emotional dichte Atmosphäre, wobei das Tüpfelchen auf dem i unbestritten das wunderschön traurige Opening ist: Mit "The Light Before We Land" von The Delgados wurde ein Titelsong gefunden, in welchem der tragische Aspekt der Serie wunderbar mitschwingt.

"Gunslinger Girl" gehört zu jener Handvoll in Europa spielenden Animes, die sich nicht einfach damit begnügen, berühmte Wahrzeichen europäischer Städte einzuführen, um die Recherchearmut zu kaschieren. Die Liebe zum Detail ist an jeder zweiten Straßenecke herauszulesen: Rechtsfahrgebot im italienischen Straßenverkehr, Sicherheitsmerkmale der Euro-Banknoten, in Italien weit verbreitete Automarken wie Lancia - da sieht man gerne über den einen oder anderen Detailfehler wie einen grünen 500-Euro-Geldschein hinweg.

Doch nicht nur die TV-Serie an sich, auch die vorliegende DVD-Gesamtausgabe der ersten Staffel macht einen rundum soliden Eindruck, vor allem auf der technischen Ebene: Die Bildqualität ist wirklich vorbildlich und auch der Ton in DD 2.0 (Deutsch, Japanisch) beziehungsweise DD 5.1 (Französisch) weiß zu überzeugen. Bei den Extras hingegen hinken die Silberscheiben; eine Handvoll Trailer, die auf jeder DVD dieselben sind, und zwanzigminütige Interviews mit Regisseur Morio Asaka ("Card Captor Sakura") und Charakter-Designer Hisashi Abe ("Chobits") wirken doch recht bescheiden, eine Bonus-DVD mit allerlei Extras hätte angesichts des Preises schon drin sein können. Die Box selbst macht mit schönen Artworks einen eleganten Eindruck, zumindest das Auge hat etwas fürs Geld.

Regelrecht ins Bein geschossen hat man sich angesichts der deutschen Synchronisation: Nur wenige Sprecher wie etwa Shalin-Tanita Rogall als Henrietta können einigermaßen überzeugen, andere wie Max Haupt als Ricos Fratello spiegeln zwar den Charakter der jeweiligen Figur durchaus gut wider, wollen aber dennoch nicht so richtig passen. Den Gipfel im negativen Sinn bilden die Stimmen mancher Nebencharaktere, die monotoner und apathischer nicht sein könnten. Hier ist die vorbehaltlos gelungene japanische Synchro mit deutschen Untertiteln zu empfehlen.

Fazit: "Gunslinger Girl" schnürt einem schon nach der ersten Folge fast den Hals zu. Die ergreifenden Schicksale der einzelnen Mädchen werden eindringlich und schonungslos vor der idyllischen Kulisse Italiens erzählt. Vor allem aber reiht sich "Gunslinger Girl" in die Riege jener Animes ein, welche dem weit verbreiteten Vorurteil, japanische Zeichentrickproduktionen seien per definitionem Kleinkinderkram, das Wasser abgraben.

Michael Höfel



DVD | Disc-Anzahl: 4 | EAN: 7640105232697 | Erschienen: 1. August 2007 | FSK: 16 | Laufzeit: 325 Minuten | Originaltitel: Gunslinger Girl | Preis: 64,95 Euro | Untertitel verfügbar in: Deutsch, Französisch, Holländisch, Polnisch | Verfügbare Sprachen: Deutsch, Japanisch, Französisch

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