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 Justitian

Die gerechte Faust

System: Degenesis
Autoren: Christian Günther
Verlag: SighPress

Cover
Gesamt ++++-
Aufmachung
Brutalität
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
In einer Welt, die am Abgrund stand und sich nun langsam wieder erhebt, gibt es eine Region, die Sicherheit und Überleben verspricht. Die Richter haben mit Justitian ihre Pläne einer gerechten geordneten Region verwirklicht. Hier herrschen Recht und Gesetz und ein jeder, der Zuflucht sucht, ist willkommen, wenn er der Gesellschaft seine Dienste zur Verfügung stellt und sich den Gesetzen der Stadt beugt. Justitian ist nicht umsonst die Stadt der gerechten Faust. Wer sich anpasst wird beschützt und bewahrt, und alle störenden Elemente werden ohne Gnade ausgemerzt. Das jedenfalls ist der Plan der Richter. Doch die meisten Pläne gehen nie vollkommen in Erfüllung, und so ist auch Justitian nicht das Paradies, das es zu sein scheint.

Doch Justitians Einfluss hört nicht am Rande der Stadtmauern auf. Ein großer Bereich aus 24 größeren Siedlungen und hunderten kleinerer Dörfer unterliegt dem Machteinfluss der Richter. Das ist das Protektorat und ohne dessen Ressourcen und Arbeitskräfte könnte Justitian nicht existieren. Das bindet man allerdings den dazu gehörenden Orten nicht allzu sehr auf die Nase. Von ihnen bekommt Justitian Nahrung, Kalk, Salz und Kohle. Sie sind die Arme und Beine, die den Körper des Protektorats ernähren.

Justitian selbst ist ein mehr oder weniger gegliederter Wirrwarr aus Straßen und Häuserzügen. Um die Stadt herum windet sich ein Band aus Äckern, die mit Argusaugen von den Spitalern überprüft werden. Kein Saatgut, keine Erde und keine Ernte darf ausgesät, verwendet oder in die Stadt eingeführt werden, was nicht intensiv auf Spuren von Fäulnis untersucht worden ist. Mittels Vorschriften bezüglich der Verwendung von Pestiziden und radikaler Vernichtung bei Befall hat man es geschafft, den Primer außen vor zu lassen. So heißt es jedenfalls. Und die Stadt selbst teilt sich noch einmal in zwei große Bereiche. Da ist zum einen Tiefstadt, der Bereich, in dem die unterschiedlichsten Kulturen eine Heimat gefunden haben und der dadurch in verschiedenste Viertel unterteilt ist. Und da wäre Hochstadt, die Hochsicherheitszone, die nur über zwei Lastenaufzüge zu erreichen ist und in der man die wichtigsten Gebäude der Stadt wie Richthalle, Ämter und den zentralen Cluster findet.

Doch das Wichtigste einer Stadt sind nicht die Gebäude, sondern die Bürger, die in ihnen wohnen und die Straßen bevölkern. Deshalb findet sich hier eine große Auswahl an verschiedenen typischen Bewohnern der Stadt des Gesetzes. Rund hundert Nichtspielercharaktere sind im Einzelnen mit Werten, dazugehöriger Lebensgeschichte und Portrait beschrieben. Abgesehen von den Anubiern finden sich Vertreter jedes Kultes in der Stadt wieder und erfüllen sie mit Leben.

Für den Spielleiter am interessantesten ist das Kapitel "Sperrzone", das zahlreiche Szenarienideen enthält und manch brisante Informationen über die Stadt verrät, die unter der dünnen Tünche aus Recht und Gesetz gärt und brodelt und vielleicht bald vor dem Ausbruch steht.

Wieder einmal überzeugen das kreative Layout und die zahlreichen Zeichnungen den Leser. Allerdings leidet bisweilen die Lesbarkeit unter der kreativen Energie, da sich Zeichnungen und Text manches Mal überschneiden und dadurch ab und an Buchstaben verdeckt werden. Das jedoch ist ein kleines Ärgernis in Anbetracht der einzigartigen Gestaltung jeder einzelnen Seite. Durch die Vielzahl der vorgestellten Charaktere erhält Justitian weitaus mehr Leben als pure Stadtbeschreibungen es ihm hätten einhauchen können. Hier bildet sich ein facettenreiches Bild davon, wie wackelig der Frieden und die Ordnung wirklich sind, die die Richter so gerne laut verkünden.

In einer extremen Welt stellt sich Justitian hier als Stadt mit gesicherter Ordnung, harter Unterdrückung und zahlreichen Schlupflöchern dar. Unzählige NSCs bieten einen großen Pool an Geschichten und Ideen, aus denen der Spielleiter schöpfen kann. Manche dieser Geschichten verraten jedoch einiges, das man den Spielern vielleicht lieber noch einige Zeit lang vorenthalten hätte. Aber schließlich kann man nicht alles in dem Kapitel "Sperrzone" unterbringen. Das Protektorat selbst und die Stadt findet man als Pläne auf den Buchinnenseiten wieder.

Die kreative Linie, die das Grundregelwerk vorgelegt hat, wird genauso wie das hohe spielerische Niveau in diesem Band fortgesetzt. Hier bekommt der Spieler den Nordwesten des ehemaligen Deutschlands im Einzelnen erklärt, da diese Region durch ihre geballte Versammlung an unterschiedlichen Kulten ein großes Spielpotential bietet. Eine wirklich dick gepackte Spielhilfe, die neue interessante Ideen und Bilder präsentiert. Ein ausführlicher Index am Schluss wäre hilfreich gewesen, um bestimmte Informationen schneller wieder zu finden, doch es kann schließlich nicht alles perfekt sein.

Daniela Hanisch



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