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Die Überreste eines Glaubens an Magie, Geister, Wahrsagung und dergleichen begegnet uns heutzutage oftmals im Aberglauben - das bekannte "toi toi toi", mit dem man anderen Menschen gutes Gelingen wünscht, weil das Aussprechen des Wortes "Glück" böse Geister anlocken würde, ist die lautmalerische Umsetzung des dreimaligen Ausspuckens, das vor schädlichen Einflüssen schützen soll. Dies und vieles Weitere rund um die Ursprünge von Magie und Aberglauben, aber auch von heutigem naturwissenschaftlichen Wissen ist in dem Buch "Kleine Geschichte der Magie" von Dierk Suhr und Sabine Seifert nachzulesen.
Das Buch beginnt mit einer Definition von Magie und einigen grundsätzlichen Fragestellungen rund um dieses Thema. Danach beginnt der Geschichtsteil, beginnend mit der Magie in früher Zeit, wo Schamanismus und Animismus besprochen werden. Über die Antike mit Weissagungen und Bildzaubern über Runen- und Totenzauber der heidnischen Germanen, das Mittelalter und die Neuzeit mit Hexenverfolgungen und Parapsychologie geht es schließlich ins 20. Jahrhundert. Hier wird kurz aufgezeigt, wo Magie heutzutage noch zu finden ist. Schadens- und Liebeszauber, Spiritismus, die Wurzeln magischen Denkens in der griechischen Philosophie, Esoterik, Okkultismus und zahlreiche andere Spielarten der Magie sind hier untergebracht.
Das Kapitel "Die magischen Künste" geht auf die philosophisch-wissenschaftliche Seite von Alchemie, Astrologie und Heilkunst ein. Der Stein der Weisen wird ebenso thematisiert wie die Wirkung von Edelsteinen und medizinischen Praktiken wie Aderlass, tierischer Magnetismus und Hypnose. Das letzte große Kapitel befasst sich eingehend mit "Magie in der Praxis": Wie funktionieren Anrufungen und Beschwörungen und was lässt sich beschwören? Wie funktionieren Bild- und Analogiezauber wie der böse Blick oder Abraxasgemmen? Auch die Herkunft von Spruchzaubern wie Abrakadabra und Schriftzauber wie die Satorformel werden besprochen. Den Abschluss bilden Methoden zur Wahrsagung wie Bibliomantie, Kristallkugeln und Tarot sowie Zauberpflanzen und Pflanzenzauber, in denen die angebliche Wirkung von Alraune, Schierling, Mistel und anderen Gewächsen beschrieben wird.
Das Büchlein ist informativ und liest sich gut. Die Ausführungen sind weitgehend verständlich gehalten, auch bei der Erläuterung des "Rätsels des Agathadaimon", das schlichtweg kompliziert ist, kommt man noch gut mit. Die einzelnen Themen sind kurz und knackig umrissen - bisweilen zu kurz. Die beiden Autoren mussten viele Informationen in wenig Platz unterbringen und beschränken sich deshalb auf die grundsätzlichsten Informationen. Eine gute Idee ist, bestimmte Themen, etwa Kurzvorstellungen von Personen wie Nostradamus oder greifbare Beispiele von (angeblicher) Magie wie den "Schneckenkompass" sowie Hintergrundinfos etwa zur Elementlehre, in abgerückten Texten mit anderer Schrift vorzustellen.
Wer unter Magie Feuerbälle, Verwandlungen und Illusion versteht, wird hier nicht fündig: Behandelt werden vor allem wissenschaftliche Magie und das, was man heute als Aberglauben bezeichnen würde. Und die Ausführungen beschränken sich weitgehend auf den zentraleuropäischen Raum: Orientalische oder asiatische Zauberei werden nur soweit erwähnt, wie sie als Ursprung für abendländische Magie erwähnt werden müssen. Das Druidentum wird sogar nur am Rande erwähnt - mit Verweis auf "Asterix". Als wissenschaftliches Buch zu Studienzwecken ist es nur bedingt zu verwenden, weil die Ausführungen schlicht und knapp gehalten sind und Quellenangaben weitgehend fehlen - immerhin gibt es ein Literaturverzeichnis und einen Nachweis zu den Bildern, die den Text auflockern. Als Inspirationsquelle etwa für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit mittelalterlicher Artes-Literatur ist dieses Buch aber allemal geeignet. Allerdings ist der Preis von fast zwanzig Euro für knapp einhundertsechzig Seiten schon recht happig, gute Qualität und Aufmachung hin oder her.
Hier geht es nicht um Magie, wie Gandalf und Harry Potter sie anwenden: Die "Kleine Geschichte der Magie" bietet interessante Informationen rund um Zauberei, wie sie in Zentraleuropa gesehen wurde, und stellt Volksglauben, Wissenschaft und Philosophie als Grundlagen vor. Das Ganze kratzt weitgehend nur an der Oberfläche dessen, was über dieses Thema geschrieben werden könnte, aber für einen ersten Eindruck reicht das schon und so manches Neue und Unerwartete hat das Buch auch zu bieten: Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass einst jemand der Meinung war, dass Schnecken ein telepathisches Kollektivbewusstsein haben, das man wie Telegraphen zur Übermittlung von Nachrichten nutzen kann - und auch andere Menschen davon zu überzeugen wusste?