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Endlich: Nach Monaten des Hin- und Herreisens, um das Wochenende bei Johann oder bei ihr zu verbringen, stehen zwei ganze Wochen gemeinsamer Urlaub für Christine und Johann auf Sylt an. Doch bereits am Bahnhof auf Westerland trüben sich die Aussichten ein: Tante Inge steht am Bahngleis. Ohne ihren Gatten Walter, dafür offensichtlich in neuem, jugendlichen Outfit. Christine ist froh, dass Inge nicht auch noch bei Vater unterkommt, sondern sich eine Ferienwohnung gemietet hat.
Aber was macht Tante Inge allein auf Sylt? Egal, Hauptsache Johann wird nicht wie vor einigen Monaten von ihrem Vater Heinz und seinem Freund Kalli des Betrugs verdächtigt. Dumm nur, dass wenig später Walter auftaucht. Und die drei Männer haben auch gleich wieder einen Plan. Nur dass diesmal nicht Christine und ihr Freund, sondern Inge und deren vermeintlicher Liebhaber Ziel der Aktionen sind. Vom Urlaub zu zweit ist bald wirklich keine Rede mehr, zumal Johann auch noch drängt, dass Christine ihre Wohnung aufgibt und zu ihm zieht. Dabei wollte sie nie wieder in eine feste Beziehung - zumindest nicht in derselben Wohnung.
So ganz nebenbei taucht auch noch Inges Freundin Renate auf. Und die sieht es als ihre Aufgabe an, nicht nur Inge darin zu bestärken ihren Mann zu verlassen, sondern sich selbst auch noch um den nun verwaisten Walter zu kümmern - ganz selbstlos natürlich. Da wird Inge in ihrer Wohnung überfallen. Aus dem harmlosen Familienstreit scheint ein ausgewachsener Kriminalfall zu werden - nur Walter, Kalli und Heinz haben ganz andere Ziele: Sie suchen den Liebhaber von Inge und wollen ihm "freundlich" klarmachen, dass Walter zu Inge gehört, und sonst niemand.
Nach "Ausgeliebt" im Jahre 2005, "Unzertrennlich" im Jahre 2006 und "Urlaub mit Papa" in 2008 erschien Anfang 2009 das vierte Buch von Dora Heldt. "Tante Inge haut ab" führt die Geschichte von Christine fort, die in "Urlaub mit Papa" einen herrlich komischen Höhepunkt erlebte. Wieder sind Christines Papa Heinz, dessen Freund Kalli und Christines neue Liebe Johann die Hauptfiguren. Oder besser gesagt, scheinen es zu sein, denn in Wirklichkeit ist es Tante Inge, die alle Leserherzen im Sturm erobert. Sie ist vierundsechzig und kein bisschen leise, trennt sich von ihrem Mann Walter und scheint auf Sylt ein neues Leben beginnen zu wollen.
Doch die einfache, klischeehafte Geschichte nimmt neben den bei Dora Heldt üblichen absurden Handlungselementen eine überraschende Wendung. Von einer "Midlife Crisis" mutiert die lockere Handlung fast zu einem Krimi. Zu wirklicher Spannung reicht es zwar nicht, dafür ist die Lösung zu einfach, zu schnell erreicht und zu vorhersehbar, doch gelingt es der Autorin damit, auch diejenigen Leser bei der Stange zu halten, die die arg einfache Geschichte am Anfang kaum mehr zu Ende lesen wollten.
Noch einfacher ist dies beim vorliegenden Hörbuch, denn was Ulrike Grote da abliefert, sucht seinesgleichen. Wie sie die Nöte Christines, die Pläne der alten Herren und die Aktionen von Inge vorträgt, ist einfach nur köstlich. Ihr verzeiht man den müden Beginn und die etwas lahme Mitte der Vorlage, ihr folgt man zum furiosen Schluss. Und auch wenn es ein wenig zu sehr nach "Friede, Freude, Eierkuchen" aussieht - zumindest Renate hätte man eine gehörige Abreibung gegönnt -, sind am Ende doch alle Hörer zufrieden.
Kurzweilig, oft sehr witzig, immer aber glänzend vorgetragen, ist "Tante Inge haut ab" ein gelungener Hörbuch-Roman von Dora Heldt, der für einige Stunden gut unterhält.