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 Die besten Mangas und Animes


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis


Der Vormarsch der japanischen Kultur beschränkt sich hierzulande schon seit Jahren nicht mehr allein auf Sushi und Godzilla: Der Manga erfreut sich mehr denn je größter Beliebtheit, während deutsche TV-Sender eine Anime-Reihe nach der anderen durch den Äther jagen. Videospieladaptionen bekannter japanischer Zeichentrickproduktionen stehen hoch im Kurs und auf einschlägigen Conventions tauscht man sich über seine Lieblingscharaktere aus; ein Ende des Siegeszugs scheint nicht in Sicht. Mittlerweile ist es alles andere als einfach, bei all den Mangas und Animes, die es bisher nach Deutschland geschafft haben, den Überblick zu behalten. Eine Sonderausgabe der im Heel Verlag erscheinenden Zeitschrift "Space View" soll Abhilfe schaffen und dem Laien den Einstieg in die faszinierende Welt des japanischen Comics und Zeichentricks erleichtern.

Der schmale Band stellt auf rund hundert Seiten ganze 24 Mangas und Animes vor, die nach Meinung der Autoren zum Besten gehören, was die Comickultur im Land der aufgehenden Sonne zu bieten hat. Einzige Auflage: Nur Mangas und Animes, die den oft beschwerlichen Sprung aus Fernost in die deutschsprachigen Gefilde geschafft haben, haben Aufnahme in das vorliegende Space-View-Special gefunden (Stand: 2004). Als erster Einstieg erwartet den Leser eine knappe und auf den Manga-Neuling zugeschnittene Einführung in den japanischen Comic und Zeichentrick, seine Geschichte und seinen steinigen Weg hierzulande vom Außenseitermedium zum generationsübergreifenden Fetisch, danach widmen sich die Autoren in einzelnen Beiträgen ausgewählten Mangas und Animes. Abgerundet wird der Band mit einer kurzen Skizzierung der deutschen Szene inklusive einer Vorstellung der wichtigsten Conventions, Vereine und Websites zur japanischen Comickultur sowie einem kleinen Glossar mit Erläuterungen zu grundlegenden Begriffen, mit denen man unweigerlich konfrontiert wird, will man tiefer in die Thematik eintauchen.

Die einzelnen Beiträge gestalten sich wie folgt: Thomas Dräger und Sarah Förster fassen den Inhalt der Reihe kurz zusammen, ohne aber zuviel zu verraten oder die Auflösung vorwegzunehmen. Danach nehmen sie den Manga oder Anime unter die Lupe der Kritik, deuten auf Knalleffekte und Mängel in der Handlung, dem Char-Design, den Animationen und der deutschen Umsetzung hin. Weiters gehen die Autoren näher auf den Manga, den Anime sowie auf etwaige OVAs, Kinofilme und Spin-Offs ein, decken Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf und geben einen knappen Überblick über die Situation am deutschsprachigen Comic- und DVD-Markt. Gerade hier lässt sich die Begeisterung, mit welcher die Autoren ihre Recherchen betrieben haben, immer wieder herauslesen. So sind sie etwa im Zuge ihrer Nachforschungen zu "Astro Boy" im Internet über die deutschen Videokassetten der Anime-Reihe gestolpert, doch die Website des Vertriebs sah "fast so alt aus, wie die Serie ist". Die Autoren haben sich jedoch nicht einfach damit begnügt, an der Oberfläche zu kratzen, und die Verfügbarkeit der Kassetten überprüft. Soviel Einsatz an den Tag zu legen, das ist leider selten anzutreffen und daher umso lobenswerter. Am Ende eines jeden Beitrags geben sie Gründe an, weshalb man den Anime lieben oder auch hassen könnte und bewerten ihn in den Kategorien Story, Zeichnungen, Fun/Action sowie Anspruch. Reich illustriert werden die Artikel mit Abbildungen aus dem jeweiligen Manga oder Anime, die den Leser einen Einblick in den Zeichenstil und das Charakterdesign geben. Allerdings fragt sich der Leser schon nach wenigen Beiträgen, ob es sinnvoll ist, die Cover mehrerer Manga-Bände und DVD-Editionen abzubilden …

Weniger Enthusiasmus hat hingegen das Lektorat bewiesen, die vielen Tippfehler schlagen unangenehm auf den Magen. Weiters fällt der Band durch mehrere unglückliche oder unpassende Formulierungen und Vergleiche auf. So behaupten die Autoren etwa im Beitrag zu "Astro Boy", dass Anime-Umsetzungen die im Manga erzählte Story in der Regel verkürzen. Wer Anime-Perlen wie "Dragon Ball Z" oder "Naruto" und deren reichhaltiges Repertoire an Füllfolgen und plotausbauenden Elemente kennt, wird an dieser Stelle schnell und lautstark Einspruch erheben. Und auch der Vergleich zwischen Miyazakis "Nausicaä" und Tolkiens "Herr der Ringe" ist gänzlich missglückt, dem Leser wird hier ein falsches Bild des Animes vermittelt.

Der Titel "Die besten Mangas und Animes" ist nicht unproblematisch: Was muss ein Manga oder ein Anime bieten, um ihn zu den besten Vertretern ihrer Art zählen zu können? Ist die Aufstellung einer "Hitparade" des japanischen Comics und Zeichentricks letztendlich nicht ein rein subjektives Vorhaben? Und überhaupt: Ein einführendes Nachschlagewerk zum Manga und Anime auf gerade einmal hundert Seiten? Die Autoren waren sich dieser Problematik durchaus bewusst, denn sie geben im Vorwort offen zu, dass hundert Seiten einfach zu wenig Platz bieten, um jeden Manga-Fan gänzlich zufrieden stellen zu können, und geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ein mögliches zweites Special die zweifelsohne vorhandenen Lücken schließen möge.

Und tatsächlich kommt man nicht umhin, die Absenz mehrerer Klassiker und Juwelen zu beklagen. So hat es etwa "Ghost in the Shell" ebenso wenig in den vorliegenden Band geschafft wie Kentaro Miuras "Berserk" und auch Japans berüchtigtstes Diebestrio "Cat’s Eye" wurde außen vor gelassen. Auch die mittlerweile zum Kultmanga avancierte Reihe "One Piece" von Eiichiro Oda sucht man bedauerlicherweise vergebens. Doch wie schon erwähnt, ist eine vollkommen zufrieden stellende Auswahl auf einem derart eingeschränkten Seitenvolumen ohnedies nicht möglich und ein Blick auf die Auswahl, welche die Autoren getroffen haben, zeigt: Keine der hier versammelten Mangas und Animes ist überflüssig, jede Reihe und jeder Film ist es fürwahr wert, in einem "Die besten Mangas und Animes" betitelten Nachschlagewerk aufgeführt zu werden. Das Buch deckt eine große Bandbreite an unterschiedlichen Genres ab, vom Actionthriller bis zur Science Fiction, von der Fantasy bis zur Romantic Comedy, vom Shðnen-Manga bis zum Comic für Erwachsene. Es ist also für jeden Geschmack etwas dabei. Nur hinsichtlich der Animes in Spielfilmlänge hinkt die Auswahl etwas: Ganze drei Meisterwerke von Hayao Miyazaki sind hier versammelt, doch der Name Isao Takahata bleibt dem Leser vorenthalten; Glanzstücke wie "Die letzten Glühwürmchen" werden mit keiner Silbe erwähnt, geschweige denn mit einem eigenen Beitrag geehrt.

Fazit: Mit "Die besten Mangas und Animes" legen Thomas Dräger und Sarah Förster eine informative und reichlich bebilderte Starthilfe in das faszinierende Universum des Mangas und Animes vor. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung kann nicht gegeben werden, dafür gibt es einfach bessere Einführungen in die Thematik, doch das vorbildliche Preis-Leistungs-Verhältnis - der Verlag hat den Preis von 14,95 Euro auf 7,95 Euro heruntergeschraubt - befreit den Interessierten beim Griff ins Portemonnaie von jeglicher Hemmschwelle. Für den Neuling durchaus empfehlenswert, dem Kenner wird jedoch kaum Neues geboten. Und für Fans von Kðta Hiranos "Hellsing" hält der Heel Verlag ein kleines Bonbon bereit: Ein 57 mal 40 Zentimeter großes Poster mit Alucard und Seras Victoria liegt dem Band bei.


Eines besseren Überblicks halber sind im Folgenden sämtliche Mangas und Animes aufgelistet, welche im vorliegenden Buch behandelt werden:

- Akira
- Armitage III
- Astro Boy
- Captain Future
- Dragon Ball
- Gundam
- Hellsing
- Inu Yasha
- Jin-Roh
- Jeanne, die Kamikaze-Diebin
- Serial Experiments Lain
- Lone Wolf & Cub
- Prinzessin Mononoke
- Nausicaä
- Neon Genesis Evangelion
- Noir
- Oh! My Goddess
- Ranma ½
- Record of Lodoss War
- Sailor Moon
- Chihiros Reise ins Zauberland
- Shðjo Kakumei Utena
- Weiß Kreuz
- X 1999

Michael Höfel



Magazin / Heft | Erschienen: 01. November 2004 | ISBN: 9783898803779 | Preis: 7,95 Euro | 110 Seiten | Sprache: Deutsch

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