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Im Haushalt der Eltern lebende erwachsene Kinder machen nicht immer eine gute Figur – die Eltern der Kinder aber auch nicht. Es gibt einige Situationen, die Eskalations- oder realsatirisches Potenzial haben. Von denen berichtet Sarah Walker in ihrem
einzig wahren Wegweiser in die Eigenständigkeit in verschiedenen Kapiteln, indem unterschiedliche Themenfelder von ihr bearbeitet werden.
Ein Kapitel beginnt beispielsweise so: „Ihr Kind ist arbeitslos? Gut gemacht.“
Sarah Walker meint das nicht unmittelbar ironisch, denn Eltern, die ihren Kindern beibringen sich nicht der Profitgier zu beugen und seine Seele nicht an irgendeinen Großkonzern zu verkaufen, müssen etwas richtig gemacht haben. Doch ist trotzdem Vorsicht geboten. Denn indem sich das arbeitslose Kind dem Kostbarsten im Leben widmet, der Freizeit, hat es eben auch die nötigen Kapazitäten frei, um über die Erziehung nachzudenken, insbesondere natürlich über die Fehler, die die Eltern bei seiner Erziehung gemacht haben.
Doch Sarah Walker hat die Lösung für dieses Problem. Eltern sollten ihr Kind mit genügend Geld ausrüsten, „um Ausgaben für Annehmlichkeiten wie Jazz-CDs und Kaschmirsocken zu decken“, allerdings nicht mit so viel Geld, dass es loszieht, sich ein Motorrad und eine Lederjacke kauft, einer Gang von Motorradrockern anschließt und schließlich Angst und Schrecken im ganzen Land verbreitet. Denn das würde bedeuten, dass Eltern sich von dem Wunsch Großeltern zu werden, wahrscheinlich verabschieden müssten. Außer in dem Fall, in dem das Kind „im Gefängnis Jesus für sich entdeckt und sich in eine Nutte verliebt, die zufälligerweise auch Jesus für sich entdeckt hat, woraufhin beide ein neues Leben beginnen und eine Familie gründen.“ Handelt es sich bei dem Kind um eine Tochter, verliebt sie sich vielleicht in einen geläuterten Säufer. Das Ende jedenfalls ist das gleiche: Eltern können sich doch über ein Enkelkind freuen, was aber ziemlich unwahrscheinlich ist und Sarah Walkers These unterstreicht, dem Kind den genau richtigen Betrag an Geld zu geben, damit es kein Motorradrocker wird, sondern in gemütlicher Atmosphäre, nämlich mit warmen Füßen und bei guter Musik, über die Probleme der Welt nachdenken kann, ohne sich zu fragen, was die Eltern in seinem Leben für eine Rolle spielen, so das Klimaproblem löst und den Nobelpreis einheimst.
Neben Arbeitslosigkeit und wie Eltern sich in dieser Zeit am besten verhalten, schreibt Sarah Walker beispielsweise auch etwas über den ersten Job, gemeinsame Partys, Weihnachten, Sex und Familientreffen und nimmt darin Nesthocker und deren Eltern gleichermaßen aufs Korn. Ihr Tonfall ist dabei so ironisch und bissig, dass man bisweilen kopfschüttelnd innehält und sich den Bauch hält vor Lachen, weil es so ungemein amüsant ist. Beim Lesen hat man das Gefühl, da redet sich jemand so richtig in Rage, kommt aus dem Assoziieren gar nicht mehr raus und hat ganz viel Spaß beim Schreiben, macht sich mordsmäßig lustig, aber nicht nur über andere. Denn das ist etwas, was Sarah Walker wirklich gut gelingt, mit einer ordentlichen Portion Ironie nimmt sie sich auch selbst auf die Schippe, beispielsweise wenn sie ihre Mutter zu Wort kommen lässt. Die beschwert sich darüber, im Buch „Schwelter“ ( = schwachköpfige Eltern) genannt zu werden, weiß aber auch die Ironie zu schätzen, „dass eine gewisse Person ein Buch über die Fehler ihrer Eltern auf einem 3000 Dollar teuren Mac-Laptop (mit Gehäuse aus gebürstetem Stahl) schreibt“, den natürlich die Mutter bezahlt hat, weil die Tochter sich den niemals hätte leisten können.
Das Buch ist natürlich nicht wirklich ein Wegweiser oder Ratgeber, sondern, wie es der Untertitel suggeriert, eine Satire über erwachsene Kinder und ihre Eltern beziehungsweise Eltern und ihre erwachsenen Kindern, eine ironisch-bissige Bestandsaufnahme dieser Beziehung aus Sicht eines Kindes, in der beide Parteien aufs Korn genommen werden und in der sich wohl fast jeder an der ein oder anderen Stelle wiederfinden wird. Für Eltern und Kinder gleichermaßen eine amüsante Lektüre.