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Das erste Buch, das Isabel Allende im Kinder- und Jugendbuchsektor veröffentlicht hat, erschien als vollständige Lesung auf acht CDs mit etwa 580 Minuten Laufzeit. Die vier Doppel-CD-Hüllen aus stabilem Plastik werden hierbei zusätzlich von einem dekorativen hellgrünen Pappschuber geschützt, der sich auch hübsch im Schrank macht.
Der fünfzehnjährige Alex soll die Ferien bei seiner Oma Kate verbringen, die er für eine furchtbar kalte Person hält und nicht leiden kann. Doch Alex' Mutter ist an Krebs erkrankt und muss zur Behandlung in eine Spezialklinik. Ein Aufenthalt, den der Vater auch begleiten möchte, doch die drei Kinder müssen derweil eben zu ihren Großmüttern.
Alex fährt nicht nur nach New York und irrt zunächst durch die Straßen der fremden Großstadt, weil seine Oma ihn schlichtweg nicht abgeholt hat, sondern erfährt schließlich, als er endlich bei Kate eintrifft, dass er seine Oma bei einer Reise in das Amazonasgebiet begleiten soll. Kate soll dort einen Artikel über eine mythische Bestie für ein wissenschaftliches Magazin schreiben.
So landet Alex also im Amazonas, wo er die anderen Expeditionsteilnehmer kennen lernt, zu denen der arrogante Anthropologe Ludovic Le Blanc, die Ärztin Omeira Torres, Hauptmann Ariosto und seine Soldaten als Geleitschutz, der Expeditionsführer Cesar Santos und seine Tochter Nadia sowie einige weitere Personen gehören.
Alex fühlt sich verloren und unwohl, isst tagelang nichts und ist von dem einfachen und gefährlichen Leben und all dem Neuen inmitten des Dschungels schlicht überfordert. Einzig zu Nadia baut er eine Freundschaft auf, doch auch diese sieht sich einigen Schwierigkeiten gegenüber, da Alex mit Nadias Berichten über das Schamanentum und die Indianer, die sie selbst für absolut bare Münze nimmt, wenig anfangen kann.
Alle zusammen machen sich also auf, um die legendäre Bestie zu finden und bei dieser Gelegenheit auch gleich die Indianer, auf deren Begegnung sie hoffen, zu impfen.
Doch immer gefährlicher wird der Weg, bald gibt es Verletzte und gar Tote, die Grenzen zwischen Realität und Vision, Wissen und Glauben, Gut und Böse verwischen immer mehr und Alex muss sich schneller entwickeln, als ihm lieb ist und Entscheidungen treffen, auf die er niemals vorbereitet war.
Es ist viel, was Isabel Allende hier in ein Buch gepackt hat - fast zuviel für ein einzelnes Buch. Es geht um die Sorge eines Teenagers um seine Mutter und darum, einen Weg zu finden, damit umzugehen. Gleichzeitig geht es auch um das allgemeine Problem, erwachsen zu werden, um die Differenzen, die sich zwischen Erwachsenen und Kindern wegen deren unterschiedlicher Vorstellungskraft aufbauen.
Thema ist aber auch das Unverständnis der westlichen Welt gegenüber anderen Lebensweisen, die von Tradition und Glauben geprägt sind, die Gier nach Edelsteinen, das Ausbeuten des Amazonas, die geringe Achtung vor anderen Lebewesen und der unberührten Natur.
Nicht zuletzt ist es auch die Geschichte eines indianischen Stammes, seines Glaubens, seiner Riten, die Erzählung einer schamanischen Berufung und Initiation, schamanischer Reisen und Erfahrungen und zuletzt ein großer Schuss Mythos und Phantastik.
Schon allein diese Komplexität lässt erahnen, dass dieses Buch auf keinen Fall in Kinderhände gehört. Für Jugendliche ab zwölf Jahren mag das Buch geeignet sein, darunter auf keinen Fall. Viel zu umfassend sind die Themen des Buches, zu komplex die Beschreibungen der schamanischen Elemente und zu guter letzt ist das Buch auch zu brutal, denn die detailreichen Schilderungen in diesem Buch machen auch vor Verletzten, Sterbenden und Toten keinen Halt.
Die Charakterisierungen sind ein weiterer Aspekt, der das Buch für Kinderhände eher ungeignet macht. Zum einen fehlt es an Identifikationspersonen, da auch die Hauptpersonen auf einige wenige Merkmale reduziert und begrenzt werden. Sicherlich notwendig im Rahmen eines solch komplexen Buches und nicht wirklich störend, dennoch schade und auffallend.
Zum anderen werden einige recht wichtige Fäden der Handlung, die für bestimmte Personen bedeutungsvoll sind, von der Autorin nicht konsequent zu einem Ende geführt, so dass zwar die Gesamthandlung einen runden Schluss erfährt, nicht jedoch alle eingewobenen Stränge.
Marc Oliver Schulze, eher unbekannt im Sprecherbereich, liest dieses Buch. Seine Stimme ist gewöhnungsbedürftig und trifft sicherlich nicht den Geschmack eines Jeden. Sein Sprechtempo und die Artikulation sind sehr gelungen, was das Buch durchaus zu einem Hörerlebnis statt zu einer Anstrengung macht, allerdings ist eine Stimmveränderung bei einzelnen Charaktern zwar zu bemerken, wird von ihm jedoch nicht immer getroffen und gerade bei den jüngeren und weiblichen Charakteren wirkt die Modulation nicht glaubhaft.
Insgesamt handelt es sich um die solide Lesung einer wirklich spannenden und guten Geschichte aus der Feder Isabel Allendes. Trotz des Genres gehört es nicht in Kinderhände, ist aber in jugendlichen gut aufgehoben. Gerade Leute, die sich für fremde Kulturen und Schamanismus, gemixt mit ein wenig Gewalt und allgemeiner Mythologie begeistern können, werden viel Freude an diesem Hörbuch haben.