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 Der Löwe und die Königin

Autoren: Susanne Stein
Verlag: Knaur

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Der Name Richard Löwenherz – jener Mann, der England von 1189 bis 1199 als König regierte – ist heutzutage fast jedem geläufig. Sehr viel weniger oder vielmehr gar nichts weiß man aber von Berenguela de Navarra, der Frau an seiner Seite. Diese Lücke füllt Susanne Stein in ihrem Roman „Der Löwe und die Königin“, in dem sie das ereignisreiche Leben von Berenguela schildert – allerdings in weiten Teilen frei erfunden, wie die Autorin auch in ihrem Nachwort anmerkt, denn nur wenige Tatsachen sind über diese Frau und ihr Leben an Richards Seite bekannt.

Dennoch, so oder ähnlich könnte es sich zugetragen haben: Berenguela, die Prinzessin von Navarra, ist alles andere als erfreut, als Richard Löwenherz überraschend um ihre Hand anhält. Bislang konnte sich die nach Unabhängigkeit strebende junge Frau allein behaupten und war froh, dem Schicksal einer Heirat entgangen zu sein. Dass sie dabei als unverheiratete Frau von immerhin 25 Jahren als alte Jungfer gilt, nimmt sie gerne in Kauf, und dass Richard als großer Verführer und Charmeur gilt, schreckt Berenguela eher ab als ihr zu schmeicheln. Viel lieber als Königin von England möchte sie Heilerin sein und ein nach neuesten Erkenntnissen ausgestattetes Krankenhaus leiten, schließlich ist sie in den Heilkünsten bewandert und hat sich über die Jahre hinweg ein beachtliches Wissen in der Kräuterkunde angeeignet. Doch das Schicksal hat anderes mit ihr vor: Als Frau von Richard Löwenherz begleitet Berenguela den König auf die Kreuzzüge. Ihr Weg führt sie gegen alle Widrigkeiten bis ins Heilige Land …

„Der Löwe und die Königin“ wirft einen faszinierenden Blick auf die historisch bedeutsamen Jahre im frühen 12. Jahrhundert, die Zeit der Kreuzzüge, der politischen Intrigen, Verwirrungen und Kriege. Der Autorin ist es gelungen, die Ereignisse der damaligen Zeit sehr detailliert und authentisch darzustellen und um ein Frauenschicksal herum aufzubauen, wie es damals sicher nicht ungewöhnlich war.

Die Fülle an Namen, die Verknüpfung der historisch verbürgten Ereignisse mit erfundenen Anekdoten, der Detailreichtum sind auf jeden Fall beeindruckend. Diese Stärke des Romans ist allerdings auch ein wenig seine Schwäche: Die Erzählung kommt nicht so richtig in die Gänge und besitzt eigentlich keinerlei Spannungsbogen. Im ersten Drittel des Romans werden erstmal die vielen unterschiedlichen Akteure vorgestellt, unter anderem Richard Löwenherz, seine Brüder, seine einflussreiche Mutter Eleonore von Aquitanien, der (spätere) französische König Philipp II. und viele, viele weitere. Da hilft häufig nur ein Blick in den Stammbaum, der zum Glück hinten im Buch abgedruckt ist, doch auch dann schwirrt einem ein wenig der Kopf, wenn einem die damalige Zeit gar nicht geläufig ist.
Bisweilen verliert der Roman mit diesem Blick auf das große Ganze leider den Blick für das, was die meisten Leser interessieren dürfte – nämlich Berenguelas Schicksal, das ruhig ein wenig mehr in den Mittelpunkt gerückt hätte werden können. Sicher, sie ist lebendig dargestellt, wir schließen sie rasch ins Herz, denn obwohl es in historischen Romane von starken Frauen, die nach Höherem streben, nur so wimmelt, ist diese Frauenfigur dennoch einzigartig und nie klischeehaft geraten. Manche Zeitsprünge zwischen den Kapiteln lassen den Leser aber doch etwas hilflos zurück; vor allem ist die Wandlung Berenguelas, die Richard zuerst aus tiefstem Herzen ablehnt und dann plötzlich von ganzem Herzen liebt, überhaupt nicht nachvollziehbar. Gerade diese Szenen wären sehr interessant gewesen, doch auch hier wird man mit einem Zeitsprung vor vollendete romantische Tatsachen gestellt.

Eingestreut in die Geschichte ist noch ein Handlungsstrang über einen mysteriösen, offensichtlich irren Killer, der sich durch den gesamten Roman mordet und Tiere und später auch Menschen grausam tötet – seine Identität wird erst sehr spät im Roman enthüllt und der Handlungsstrang wirkt so, als wäre er irgendwie nachträglich eingefügt worden, um doch noch etwas Spannung einzubringen. An Spannung mangelt es nämlich, bis auf wenige Szenen, über weite Teile. Das Tempo ist gemächlich, es werden sehr viele politische Ränke geschmiedet, Namen hin- und hergeworfen, dieser mit jener vermählt, Kriege geführt und Intrigen ausgeheckt. Die Dialoge ziehen sich seitenlang hin und sind ohne Zweifel gut geschrieben – aber auch ermüdend.

Fazit: „Der Löwe und die Königin“ ist ein gut recherchierter und intelligenter historischer Roman über ein faszinierendes Frauenschicksal – der aber zweifellos eine ganze Menge Durchhaltevermögen und Geduld vom Leser erfordert. Wer sich für die historische Figur Richard Löwenherz, die Geschehnisse seiner Zeit und die Menschen in seinem Umfeld interessiert, dem wird der Roman aber mit Sicherheit gefallen.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 1. Juni 2009 | ISBN: 9783426635339 | Preis: 8,95 Euro | 459 Seiten | Sprache: Deutsch

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