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Die amerikanischen Verwertungen japanischer Horrorfilme wie „Ju-on“ oder „Ringu“ haben das westliche Interesse am J-Horror geweckt. Auch wenn der DVD-Markt hierzulande noch klein und überschaubar ist, so versuchen doch hiesige Vertriebe dem wachsenden Interesse an fernöstlicher Gruselunterhaltung gerecht zu werden. So präsentiert das noch junge Label Eye See Movies mit „Reincarnation“ ein frisches Werk von Regisseur Takashi Shimizu („The Grudge“).
Im Jahr 1970 ermordete der Hochschulprofessor Omori in einem abgelegenen Hotel elf Menschen, darunter seine Kinder sowie zahlreiche Gäste und Angehörige des Hotelpersonals, bevor er sich anschließend selbst richtete; das Massaker hielt er mit einer 8mm-Kamera fest. 35 Jahre später greift Regisseur Ikuo Matsumura (Kippei Shiina) diese Geschichte auf, um sie in seinem neuen Horrorfilm „Erinnerungen“ zu verwerten. Die Rolle von Omoris Tochter wird mit der schüchternen und bislang unbekannten Schauspielerin Nagisa Sugiura (Yuka) besetzt. Während ihrer Vorbereitungen auf die Rolle wird sie jedoch von düsteren Visionen heimgesucht: Sie findet sich unvermittelt am einstigen Tatort wieder, den sie noch nie in ihrem Leben gesehen hat, und begegnet mehrmals einem Mädchen, das der Tochter des Mörders aufs Haar gleicht. Als die Filmcrew mit den Darstellern das Hotel aufsucht, um sie für ihre jeweiligen Rollen zu sensibilisieren, und auch noch die Kamera des Professors auftaucht, droht Nagisa den Bezug zur Realität zu verlieren – und ein beunruhigender Verdacht drängt sich ihr auf: Sind die Darsteller möglicherweise Reinkarnationen der Opfer? Nagisa muss erkennen, dass es eine Verbindung zwischen dem Massaker von einst und dem Filmdreh gibt – und das hinter dem Amoklauf mehr steckt als der erste Blick vermuten lässt …
Die Prämisse von Takashi Shimizus Beitrag zur Reihe
J-Horror Theater, die der bekannte japanische Produzent Takashige Ichise ins Leben gerufen hat, klingt äußerst viel versprechend und schraubt, zusammen mit den Namen Shimizu und Ichise, die Erwartungen in die Höhe. Diesen kann „Reincarnation“ aber nicht wirklich gerecht werden, obwohl sich der Film schon zu Beginn ambitioniert zeigt: Die Pre-Credit-Sequenz fängt unheimliche Augenblicke des Alltags verschiedener handlungstragender Personen ein, Szenen, die auf den ersten Blick nichts verbindet; erst im weiteren Verlauf des Films werden die Fäden immer mehr zu einem Strang verflochten. Leider gehört dieser Appetitanreger zu den wenigen Höhepunkten des Films.
„Reincarnation“ setzt auf eine ruhige Erzählweise, die den Spannungsbogen langsam und kontinuierlich aufbauen soll: Zu Beginn wird das Filmprojekt über den Amoklauf des Hochschulprofessors vorgestellt, ein Casting soll den Weizen von der Spreu trennen, danach erfolgt die Vergabe der Rollen und die Zusendung des Drehbuchs. Spätestens ab diesem Moment versucht der Film, dem Zuschauer unterschwellig zur erwünschten Gänsehaut zu verhelfen: Gespenstische Erscheinungen treten auf den Plan und unheimliche Visionen strecken ihre Finger nach der Protagonistin und den anderen Figuren aus, während dem Zuschauer häppchenweise Informationen zugeworfen werden. Vor allem letzteres kränkelt jedoch allzu oft am Timing, denn das langsame und gemächliche Erzähltempo wendet sich spätestens ab der Mitte des Films gegen diesen. Die dichte Atmosphäre des Schauderns, die subtil aufgebaut werden sollte, droht entschärft zu werden und die Spannung von der Straße abzukommen. Was auch darauf zurückgeführt werden kann, dass der Film zu engstirnig auf vielfach bekannte Muster und Motive des J-Horrors zurückgreift, anstatt das Risiko einzugehen, auch ein bisschen zu experimentieren: Viele Stilmittel sind schon hinreichend aus anderen japanischen Horrorproduktionen bekannt, auch lähmt das Erzähltempo die wenigen, eigentlich gut gesetzten Schockmomente und nimmt ihnen einiges von ihrem Schrecken. In dieselbe Richtung läuft auch die Auflösung nach Shyamalan’schem Muster: Der letzte Akt präsentiert sich furios und legt die Puzzleteile zu einer eigentlich erschreckenden Erkenntnis zusammen, doch schon ungefähr in der Mitte des Films konstruiert sich der Zuschauer einen möglichen Ausgang, der dem tatsächlichen nicht unähnlich ist. Damit wird dem Clou einiges an Wind aus den Segeln genommen, lediglich die letzte Einstellung bewahrt den Zuschauer vor einem allzu bitteren Nachgeschmack auf der Zunge.
Eine der wenigen großen Stärken des Films ist der Score von Kenji Kawai, der die ruhige Erzählweise stimmungsvoll untermalt, die Instrumente an den geeigneten Stellen auch einmal schweigen lässt und die wenigen Schockeffekte gut unterstützt. Die schauspielerischen Darbietungen gehen in Ordnung, vor allem Yuka blüht in der Rolle der Nagisa Sugiura fühlbar auf – was sich aber nur im Originalton nachvollziehen lässt: Die deutsche Synchronisation ist durchgängig kühl und emotionslos gehalten, hier empfiehlt sich die japanische Tonspur mit deutschen Untertiteln. Auch wenn man die gesamten anderthalb Stunden Laufzeit hindurch die Untertitel im Auge behalten muss, hat man so mehr vom Film …
Technisch überzeugt die DVD nur bedingt: Das Bild fällt durch ein starkes Rauschen – besonders in Szenen mit gedämpfter Beleuchtung – sowie stellenweise fehlender Schärfe auf. Beide Tonspuren – Japanisch und Deutsch – stehen jeweils in Dolby Digital 2.0 und 5.1 zur Verfügung und bieten einen klaren Sound, der durch den zurückhaltenden Einsatz von Musik aber nicht immer voll zur Geltung kommt. Das Bonusmaterial umfasst lediglich ein rund einstündiges Making-Of sowie Interviews mit den Hauptdarstellern und Regisseur Shimizu. Erworben wird der Film in einer schmucken Box, die mit einem stimmungsvollen Cover aufwartet.
Mit „Reincarnation“ liefert Takashi Shimizu einen harmlosen Horrorfilm ab, dem sein ruhiges und langsames Erzähltempo – zu Beginn noch ein klarer Vorzug – zum Verhängnis wird. Auch bietet der Film zu wenig Neues und kann sein großes Potential in der Folge nur mäßig entfalten. „Reincarnation“ ist nicht wirklich schlecht, aber der Film entlässt den Zuschauer nach anderthalb Stunden, ohne einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen; der fernöstliche Horror hat zweifelsohne Besseres zu bieten. Liebhaber des japanischen Grauens könnten dem Film aber eine Chance geben.