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Die vierzehnjährige Jolly liebt den Piratenkapitän Bannon wie einen Vater. Er hat sie aufgenommen, erzogen und mit auf sein Schiff genommen. Jolly kann sich kein anderes Leben als das einer Piratin mehr vorstellen. Und doch ist alles vorbei. Bannon und die Mannschaft sind wahrscheinlich tot, sie selbst allein und rettungslos verloren. Eine der Spinnen, die auf dem gekaperten Spanier die Piraten gebissen und gelähmt haben, ist auch in ihr Versteck gekrochen. Nun bleiben Jolly nur noch wenige Stunden.
Wider Erwarten erwacht Jolly in einem Bett. Neben ihr kauert ein Junge. Munk eröffnet Jolly, dass man sie am Strand gefunden hat und dank eines Gegengiftes retten konnte. Er nimmt sie mit auf die Insel, die nur er und seine Eltern bewirtschaften. Inmitten der Karibik ist sie so etwas wie sein Paradies. Denn auch er ist wie Jolly eine Quappe - eines der seltsamen Kinder, die vor vierzehn Jahren auftauchten und von den Menschen seither verfolgt und getötet werden. Ein Kind, das über Wasser gehen kann. Ein Kind, das mit Hilfe einiger Muscheln Magie heraufbeschwören kann. Und auch wenn Jolly sich nur noch Frieden wünscht, muss sie doch herausfinden, was aus Bannon und seiner Mannschaft geworden ist. Sie überredet Munk dem Geisterhändler zu folgen, der alle paar Monate die Insel besucht, Munk bei der Muschelmagie hilft und auch sonst viele Dinge zu wissen scheint. Jolly ahnt nicht, dass sie mitten in ein Abenteuer hineingezogen wird, das die gesamte Karibik verändern wird, und sie einer Gefahr trotzen soll, die vielleicht sogar die ganze Welt vernichten wird.
Mehr als tausend Seiten Buch in einem Hörspiel unterzubringen, das knapp sieben Stunden lang ist, scheint unmöglich. Vor allem, da es sich um ein Hörspiel handelt, das mit vielen Geräusch, Effekten und hunderten Musikpassagen kaum der ebenfalls erhältlichen, dreimal längeren Hörbuchversion ähnelt. Und sehr schnell wird klar, dass dies ein eigenständiges Werk ist. Wer also eine exakte Umsetzung der Bücher haben will, sollte „Die Wellenläufer“ nicht erwerben, sogar besser einen großen Bogen um die sechs CDs umfassende Produktion machen. Denn wer die fein ersonnene, komplexe, immer wieder ausufernde Erzählung liebt, wird nichts wiedererkennen.
Wer aber ein Hörspiel sucht, das Fantasy mit Piratenabenteuern vermischt, das grandiose Musik, brillante Sprecherleistungen und herausragende Effekte verbindet, muss sich diese Produktion anhören. Selten haben sieben Stunden so mitgerissen, so ohne jede Pause fasziniert, so gefesselt wie beim Hören von „Die Wellenläufer“. Es vergeht keine Minute ohne Action, ohne Musik oder Geräusche, ohne packende Zweikämpfe, rasante Geschehnisse und wundervolle Dialoge. Ob der Erzähler Friedhelm Ptok, dem die schwierige Aufgabe zukommt, die Geschichte in wenigen Sätzen immer wieder zu den nächsten in dieser Produktion verwendeten Schauplätzen zu führen, ohne das die Lücken und Auslassungen zu sehr auffallen, oder Anne Helm, die eine wunderbar taffe, mutige und trockene Jolly spricht, immer ist der Hörer begeistert über diese Sprechertruppe.
Was Friedhelm Ptok, Anne Helm, David Turba (Munk), Tobias Kluckert (Kenndrick), Thomas B. Hoffmann (D'Artois), Michael Mendl (Geisterhändler), Simon Jäger (Griffin), Yara Blümel-Meyers (Soledad), Samuel Weiss (Walker), Ingo Albrecht (Buenaventure), Stefan Kaminski (Holzwurm), Udo Schenk (Tyrone) und Klaus Dieter Klebsch (Bannon) da abliefern, sucht seinesgleichen.
Doch fast noch beeindruckender ist die musikalische Offenbarung. Der Bonisani Gospel-Chor, das Filmorchester Berlin unter der Leitung von Hörspielregisseur Christian Hagitte und die vielen Musiker, die in dieser Produktion hörbar werden, reißen mit und lassen ein Hörerlebnis entstehen, das absolut einmalig ist.
Dank dem beiliegenden siebenseitigen Text von Kai Meyer kann man die Vorgeschichte und Entstehung dieser Trilogie besser einordnen, ebenso erschöpfend sind die Informationen zu Besetzung und Produktionsteam. Dass die sechs CDs leider nur in einer leicht zerdrückbaren Papphülle stecken, ist bedauerlich, sieht sie doch nach einigen Tagen (und dem Postversand) aus wie zehnmal überfahren. Den sechs wie die Hülle grün bedruckten CDs schadet das überraschenderweise nicht, sie sind in den Pappeinschüben gut aufgehoben. Nur wenn man die Hülle verkehrt herum hält, neigen sie leider zum herausrutschen - mehr als ärgerlich, wenn sie dann auf den Boden fallen.
„Die Wellenläufer“ - ist ein fantastisches Hörerlebnis. Aber nur, wenn man nicht die Bücher kennt oder jede einzelne Wendung der Geschichte für unverzichtbar hält.