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Inge Lützkendorf, Fachärztin für Chirurgie und Schriftstellerin, verstarb im Frühjahr 2008. Posthum erschien ihr historischer Roman „Die Ärztin der Pharaonin“ ein Jahr später im Frieling Verlag.
Die Ich-Erzählerin wächst im Ägypten zur Zeit der Pharaonen auf. Im Kindesalter erkrankt sie schwer und überlebt nur knapp; fortan jedoch muss sie ihr Dasein als humpelnder Krüppel fristen. Ihre Mutter stirbt schon früh, und so ist es an ihrem Vater und ihrer Dienerin Baba, sie aufzuziehen. Bei einer Reise nach Kreta lernt sie Nitokris kennen, eine Priesterin und bewandert auf dem Gebiet der Heilung. Das Mädchen sieht in Nitokris ein Vorbild, dem es nacheifern möchte. Und bald nach ihrer Heimkehr nach Ägypten bittet sie ihren Vater darum, eine Lehre als Ärztin zu beginnen.
Obwohl ihr Vater nicht begeistert davon ist – schließlich ist der Beruf eines Arztes nichts für eine junge Frau, die sich mehr Gedanken um einen zukünftigen Ehemann machen sollte –, willigt er schließlich ein. Und so darf die junge Frau die Medizin lernen. Bald schon ist ihr Talent offensichtlich, und das nicht nur für ihre Lehrer. Auch die Pharaonin Hatschepsut wird auf die Fähigkeiten der jungen Frau aufmerksam. Und es dauert nicht lange, bis die junge Ärztin der mächtigsten Frau des Landes dient …
Seit jeher begeistert und fasziniert die Zeit der Pharaonen Millionen von Menschen. Zahlreiche Sachbücher und Romane befassen sich mit dem alten Ägypten, seinen für die damalige Zeit unglaublichen Entdeckungen und Kenntnisse, sei es auf dem Gebiet der Architektur, der Astronomie oder, wie in Inge Lützkendorfs Roman, der Medizin.
Der Leser wird auf eine Zeitreise mitgenommen, die lange vor Christi Geburt reicht. Zusammen mit der namenlosen Ich-Erzählerin entdeckt er das alte Ägypten und seine Geheimnisse, lernt damalige Heilmethoden kennen und erfährt, wie die Protagonistin von einer belächelten Medizinerin zur Leibärztin der Pharaonin Hatschepsut aufsteigt.
Was dem Roman jedoch über die gesamte Länge fehlt, ist Atmosphäre, um an Romane wie „Der Medicus“ von Noah Gordon zu reichen, der etwa die Medizin im Mittelalter zum Thema hat. Die Ich-Erzählerin bleibt substanzlos, als Leser hat man keine Möglichkeit, sich detailliert mit ihr auseinanderzusetzen, obwohl es ja ihre Geschichte ist, der man folgt. Nichts und niemanden lernt man genauer kennen, Motivationen der Handelnden werden nur selten deutlich gemacht – warum etwa wählt Nitokris ausgerechnet die junge Ich-Erzählerin aus, um ihr bei der Behandlung eines Verletzten zu helfen? –, und die behandelten Krankheiten und Verletzungen werden als eines der Hauptthemen des Romans sehr stiefmütterlich und beiläufig behandelt. Zudem wechseln sich spannende, jedoch zu kurze Episoden mit belanglosen Ereignissen ab, sodass die 142 Seiten mal langweilig, mal unterhaltsam sind, aber nie ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
Gelungen ist die Liste an Literaturhinweisen am Ende des Buches. Zusätzlich gibt es eine Liste mit Worterklärungen, die man jedoch eleganter in den Text hätte einbinden können.
Der guten Idee, die dem Roman „Die Ärztin der Pharaonin“ zugrunde liegt, fehlt leider die angemessene Ausarbeitung. Während das Thema, eine junge Ärztin im alten Ägypten zu begleiten, spannend und interessant ist, hapert es bei der Charakterentwicklung, der Atmosphäre und den Details.