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Sie sind mythische Helden, Ausgestoßene, Gesetzlose, aber sie alle verbindet eines: der Hass auf den korrupten, bösartigen Gouverneur Odious. Aus sehr unterschiedlicher Motivation heraus haben sich deshalb der Blaue Bandit, der Inder, der Sprengstoffexperte Luigi, der ehemalige Sklave Otta Benga und Charles Darwin zusammengetan, um gegen Odious vorzugehen. Unterstützung bekommen sie von einem geheimnisvollen Mann, der aus einem Baum herauswächst und den sie Mystiker nennen. Sie dringen in Odious’ Palast ein, finden dort aber nur die Leichen derer, die sie retten wollten, und eine geheimnisvolle Schönheit, die dem Blauen Banditen den Kopf verdreht ...
Was dann passiert? Alexandria, ein kleines Mädchen mit einem gebrochenen Arm, ist ganz wild darauf, mehr von der Geschichte zu hören, die der Stuntman Roy Walker ihr im Krankenhaus erzählt. Nach einem missglückten Stunt für einen Stummfilm-Western sind seine Beine gebrochen, außerdem sein Herz, denn seine große Liebe hat ihn verlassen. Schmerz, Trauer und die Ungewissheit, ob er je wieder wird arbeiten können, nagen an ihm. Da kommt dieses Mädchen. Es kann laufen, also kann es ihm auch das Morphium beschaffen, mit dem er seinem Leben ein Ende setzen will. Er bindet Alexandria mit der Geschichte um die mythischen Helden an sich, und wenn sie wissen will, wie es weitergeht, soll sie ihm das Schmerzmittel besorgen. Die Ideen dazu nimmt er aus seiner Umwelt: Er selber ist der Blaue Bandit, der Schauspieler Sinclair wird zu Odious und so weiter.
Doch plötzlich verschwimmen Realität und Geschichte, Alexandria nimmt immer mehr Einfluss auf den Verlauf der Erzählung – und taucht irgendwann selber darin auf ...
Der Film ist sehr elegant erzählt: So, wie Roy die Geschichte erzählt, kann sie nur mit dem Tod des Blauen Banditen enden, denn genau diesen Tod sehnt sich der Stuntman herbei. Aber so leicht beeinflussbar die fünfjährige Alexandria auch ist, so kindlich ablehnend reagiert sie auch auf die grausamen Begebenheiten, auf die die Erzählung zusteuert. Die sich langsam entwickelnde Zuneigung spiegelt sich im Handlungsverlauf der Heldenstory wider.
Während die Krankenhaushandlung als sehr trist und farblos erzählt wird, bildet die Erzählung ein gewollt krasses Gegenteil mit kräftigen Farben, tollen kreativen Kostümen, wunderlichen Schauplätzen und dem edlen Gebaren der Helden. À propos Schauplätze: Da gibt es eine blaue Stadt, einen Platz mit vielen Treppen, einen Tempel und vieles mehr. Das Produktionsteam musste dafür aber keine Kulissen aufbauen: Wer jemals am Taj Mahal in Indien war, wird die Orte wahrscheinlich wiedererkennen, denn Regisseur Tarsem Singh durfte in seinem Heimatland an Originalschauplätzen drehen – unter den Augen von Einheimischen und Touristen. Die blaue Stadt gibt es wirklich, sie liegt in Jodhpur, Bundesstaat Rajashtan, der Stufenbrunnen Chand Baori findet sich nahe Jaipur und so weiter.
Den Regisseur kennt man vielleicht als Regieassistent von David Fincher bei „Der seltsame Fall des Benjamin Button“, vor allem aber von „The Cell“, und die visuelle Pracht, die jenen Psychothriller so auszeichnet, findet sich auch in „The Fall“ wieder, allerdings ist dieser Film bei Weitem nicht so brutal. Auf der Ebene der Erzählung werden dem Zuschauer wunderschöne Landschaften und Gebäude geboten, dazu skurrile Heldenfiguren, die bewusst künstlich agieren. Innerhalb der Rahmenhandlung im Krankenhaus gibt es eine Traumsequenz von Alexandria aus der Schmiede von Wolfgang und Christian Lauenstein, deren Stop-Motion-Film „Balance“ weltbekannt ist, nicht zuletzt durch den Oscar, den sie dafür erhalten haben.
Besonders die Schauspielerleistung von Catinca Untaru als Alexandria ist hervorzuheben: Zu Beginn der Dreharbeiten war sie sieben Jahre alt und hat ihre Sache sehr gut und überzeugend gemacht. Beeindruckend ist in diesem Zusammenhang aber auch das Verhalten von Lee Pace, der Stuntman Roy verkörpert: Um dem Mädchen die Dreharbeiten mit einer schwerverletzten Figur zu erleichtern, hat er über sieben Wochen hinweg das Mädchen und den Rest der Filmcrew in dem Glauben gelassen, er sei querschnittsgelähmt – nur der Regisseur wusste davon. Das Zusammenspiel dieser beiden gelingt meistens und ist besonders gegen Ende sehr emotional.
Wem die einfache DVD-Version reicht, der hat als Bonusmaterial immerhin zwei Audiokommentare. Wer aber die limitierte Drei-Disc-Version kauft, bekommt nicht nur den Film auf DVD und Blu-Ray, sondern auch beeindruckende Extras an die Hand. Die Dokumentationen „Nostalgia“ und „Wanderlust“, jeweils etwa 30 Minuten lang, sind schon filmische Kunstwerke für sich, hier erfährt man einiges über Drehorte, Kostüme und die nicht immer einfache Arbeit mit einem kleinen Mädchen am Set. Zwei entfallene Szenen und einige kurze, aber aussagekräftige Interviews sowie die üblichen Trailer sind ebenfalls auf der Bonus-DVD zu finden, außerdem zwei Kurzfilme: zum einen die Traumsequenz in ihrer vollen Länge – im Film hat nicht alles davon Verwendung gefunden – und zum anderen der besagte Kurzfilm „Balance“.
Ein skurriler Film ist „The Fall“, ein wenig merkt man auch, dass David Fincher im Hintergrund mitgewirkt hat. Der Film, der bereits 2006 fertiggestellt wurde, aber erst 2009 in die deutschen Kinos und Videotheken kam, beeindruckt durch seine Optik ebenso wie durch die raffinierte Erzählweise, ist mal emotional, mal hart, es gibt Action, Spannung und Drama und man kann ihn mehrmals sehen, ohne alles gesehen zu haben. Die Bonus-DVD-Version lohnt sich ebenfalls, denn hier bekommt man kein liebloses Making-of, sondern zwei schön konzipierte Dokumentationen und einiges mehr. Dass es diese Bonus-Disc nur in Kombination mit der Blu-Ray zur DVD gibt, ist seltsam und könnte diejenigen abschrecken, die nicht über einen Blu-Ray-Spieler verfügen, aber dafür ist der Preis von derzeit 23,99 Euro noch human. Wer den Look von „The Cell“ sehr gelungen, den Film selber aber zu hart fand, sollte hier nicht lange fackeln.