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Das norddeutsche Dorf Hollern-Twielenfleth haben die Eltern von Hasnain Kazim nicht unbedingt im Auge gehabt, als sie in Deutschland Fuß fassen. Der Vater, Sohn eines indisch-pakistanischen Adligen, und die Mutter, aus einer wohlhabenden pakistanischen Händlerfamilie stammend, möchten aber in Deutschland leben, weil der Vater für eine deutsche Schifffahrtsgesellschaft arbeitet.
Im Alten Land wird das Ehepaar samt Baby Hasnain bestens aufgenommen und lebt sich rasch ein, wenngleich Grünkohl und Kasseler sowie das Phänomen Schnee echtes Neuland für die asiatischen Zugereisten darstellen. Auch der kleine Hasnain und seine jüngere Schwester Zahra fühlen sich sehr wohl in Hollern-Twielenfleth, wo sie zunächst den Kindergarten und dann die Schule besuchen. Die Mutter lernt Deutsch auf der Volkshochschule, und die Familie ist im Dorf beliebt.
Das klingt nach einer harmonischen Kindheit, und doch muss die Familie über viele Jahre eine harte Belastung ertragen, die auch an den Kindern nicht spurlos vorbei geht. Jahrzehnte später findet Hasnain Kazim eine Schachtel mit Papieren, die eine bürokratische Odyssee belegen: den Versuch der Ämter, die bestens integrierte Familie abzuschieben, und deren entschiedenen und verzweifelten Widerstand. Denn die Kazims möchten auch offiziell Deutsche werden und in dem Land bleiben, in dem sie sich heimisch und angenommen fühlen. Über sechzehn Jahre hinweg kämpfen sie gegen die Abschiebung. Viele unerschrockene Mitbürger und Freunde helfen ihnen, setzen Verbindungen zu Politikern ein, unterschreiben eine Petition. Besonders intensiv verhilft ihnen ein Pastor aus dem nicht weit entfernten Lühekirchen zu ihrem Recht.
Als die Familie schließlich die deutsche Staatsangehörigkeit erhält, sind die Mitglieder fast zu erschöpft, um sich angemessen zu freuen.
Rührselig ist die Geschichte nicht, die Hasnain Kazim erzählt. Zu einer netten "Story" passen die zum Teil völlig absurden Schikanen der Ausländerbehörde nicht, vielmehr der ihrer Beamten, die hartnäckig versuchen, eine Familie loszuwerden, die brav Steuern bezahlt und sich außer durch das Aussehen in nichts Wesentlichem von ihren Nachbarn unterscheidet. Der Arbeitgeber von Hasnains Vater ersucht die Behörde sogar darum, eine Erwerbstätigkeit des Familienvaters zuzulassen, weil dieser in der Firma dringend gebraucht wird. Aber wo der deutsche Amtsschimmel wiehert, haben ganz normale Menschen keine Chance.
Die immer wieder zu spürende Verbitterung des Autors gegenüber den deutschen Behörden, nicht etwa gegenüber den alteingesessenen Deutschen, lässt sich gut nachvollziehen: Ein Kampf gegen das Ausgewiesenwerden, der sich über sechzehn Jahre erstreckt, prägt. Wenn eine perfekt assimilierte Familie amtsseitig lediglich geduldet wird, und selbst das nur unwillig, hilft auch die Zuneigung und Freundschaft innerhalb des Dorfes nicht gegen das Gefühl des Verletztseins.
Hasnain Kazims Eltern und Großeltern haben in Indien und Pakistan viel durchgemacht. Dass es ausgerechnet in Deutschland zu einer derartigen Ablehnung von "Zuwanderern" kommt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Einstellung ein Gewinn für den Staat sein müssten, überrascht auch den unvoreingenommenen Leser, der sich über die Zuwanderungspolitik in den 70ern und 80ern bislang keine Gedanken gemacht hat.
Lebendig und anschaulich, ohne zu viel Bitterkeit, humorvoll und immer ausgleichend berichtet Hasnain Kazim über seine Kindheit zwischen Grünkohl und Curry und zeigt auf, wie die Zugehörigkeit zu zwei Kulturen eine Bereicherung sein kann und nicht etwa ein Problem – für die "Betroffenen" selbst wie für ihr Umfeld.