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"Die Totgesagten" ist der vierte Roman der schwedischen Krimiautorin Camilla Läckberg, in dem Patrik Hedström mit seinen Kollegen ermittelt. Diesmal bekommt es die Polizei im schwedischen Tanum mit gleich zwei rätselhaften Todesfällen zu tun: Eine Frau kommt bei einem schweren Verkehrsunfall ums Leben. Die Ursache scheint klar, denn die Tote hat mehr als sechs Promille im Blut, das ganze Auto riecht nach Schnaps. Doch Patrik Hedström gefällt der Fall nicht, denn die Frau weist seltsame Verletzungen auf und war außerdem dafür bekannt, dass sie niemals einen Tropfen Alkohol trank.
Der zweite Todesfall katapultiert die kleine Gemeinde Tanum geradewegs ins Rampenlicht der Boulevardmedien: Barbie, die Teilnehmerin einer Reality-Show mit dem Titel "Raus aus Tanum", wird brutal ermordet, ihre Leiche in eine Mülltonne gestopft. Für Patrik steht außer Frage, dass die TV-Serie damit sofort eingestellt werden muss – doch die Produzenten und der Bürgermeister sehen das ganz anders …
Wie auch in ihren anderen Krimis um Patrik Hedström, dessen Frau Erica Falck und die weiteren bereits bekannten Personen legt die Autorin auch hier wieder viel Wert darauf, nicht nur die Ermittlungen in den Todesfällen zu beschreiben, sondern auch das Privatleben der Romanfiguren. Zumindest in der ersten Hälfte des Romans wirkt die Handlung dadurch ein wenig zerfasert, weil sich so viele Erzählstränge und Personen abwechseln, deren Privatangelegenheiten erörtert werden: Patrik und Erica planen (endlich!) ihre Hochzeit. Ericas Schwester Anna ist depressiv. Der Leiter der Polizeidienststelle verliebt sich. Eine neue Kollegin kommt hinzu, die offenbar ein düsteres Geheimnis hat. Gösta zweifelt immer mehr an seinem Beruf und gibt sich im Büro mehr seinen Computerspielen hin als seiner Arbeit. Aber gut, Fans von Camilla Läckberg wird es zweifellos interessieren, wie Erica ihr Hochzeitskleid aussucht, wer wann welche Zimtschnecke isst und wie Mellberg sich für ein Rendezvous fertig macht, denn die Autorin versteht es, die Charaktere authentisch zu beschreiben. Wer noch nie einen Krimi von ihr gelesen hat, dürfte sich allerdings etwas schwer tun.
Etwas mehr Spannung und Schwung kommt von vornherein durch die Mitwirkenden an dem Big Brother-ähnlichen Format "Raus aus Tanum" ins Spiel. Die jungen Leute, die ihr Privatleben für ein sensationslüsternes TV-Format komplett aufgeben, sind packend beschrieben und machen Lust auf mehr. Ihre Konflikte untereinander sind sehr überzeugend geschildert, Stress und Hass spitzen sich zu – bis ein Mord geschieht. Im Anschluss kommt es, wie es kommen muss: Die grausame Ermordung einer Teilnehmerin wird in den Medien ausgeschlachtet und als Glücksfall für die Quoten angesehen.
Ab etwa der Hälfte des Buches wird es dann zunehmend immer interessanter, die privaten Szenen rücken in den Hintergrund, die beiden Mordermittlungen nehmen Fahrt auf. Es zeigt sich immer mehr, dass hier irgendwie alles zusammenhängt. Am Ende schafft es Camilla Läckberg tatsächlich, alle Handlungsfäden zu einem großen Ganzen zusammenzufügen.
Ein kleiner Kritikpunkt am Rande: Die wundersame Heilung von Ericas Schwester Anna ist leider durch und durch unglaubwürdig – in der einen Sekunde ist Anna so schwer depressiv, dass sie das Bett nicht einmal verlässt, um ihre Kinder zum Kindergarten zu bringen, in der nächsten Sekunde ist sie das blühende Leben. Das kauft man Läckberg nicht ab.
Fazit: In der ersten Hälfte hätte der Roman ruhig etwas mehr Spannung und Schärfe vertragen können, er plätschert ein wenig vor sich hin, zumal man noch nicht weiß, wohin die beiden so unterschiedlichen Ermittlungen führen. Dann aber fügt sich alles zu einem spannenden Ganzen zusammen und erfüllt die Erwartungen, die man an einen Camilla Läckberg-Krimi hat. Hinzu kommt, dass das Ende des Romans schon einen spannenden Ausblick auf mögliche weitere Entwicklungen gibt.