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 100 Meisterwerke der Weltliteratur


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Bücher werden wohl nie aus der Mode kommen oder gänzlich von einem anderen Medium abgelöst werden. Nach wie vor macht es vielen Menschen Freude, ein Buch zur Hand zu nehmen, was nicht zuletzt die Buchmesse in Frankfurt jedes Jahr aufs Neue beweist.
Bei den großen Romanen der Weltliteratur sieht die Sache schon etwas anders aus. Trocken, verstaubt, antiquiert, zu anspruchsvoll – viele schrecken vor dem Umfang dieser Romane oder vor den großen Namen wie Grass, Camus, Marquez oder Auster zurück, aus Angst, mit solchen Klassikern überfordert zu sein. Mit „100 Meisterwerke der Weltliteratur“ will Moga Mobo, das bekannte deutsche Comicmagazin, in Zusammenarbeit mit zahlreichen Zeichern dem Leser Weltliteratur in ungewöhnlicher Form näherbringen – nämlich als Comics von gerade einmal einer Seite Länge.

Der Kanon an ausgewählter Literatur reicht von Goethe und Nietzsche über Anthony Burgess und John Steinbeck weiter zu Umberto Eco und Mary Shelley bis hin zu Samuel Beckett und Stephen King, setzt also die verschiedensten Jahrhunderte der Literatur in Comicform um. Das geschieht mal mit optisch beeindruckenden, detailverliebten Bildern, schlichten Strichzeichnungen oder außergewöhnlichen Kunstergüssen, die sich klar von den normalen Comics abheben. Ob „Alice im Wunderland“ oder „Berlin Alexanderplatz“, „Emanuelle“ oder „Der Untergang des Hauses Usher“, „Das Nibelungenlied“ oder „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, inhaltlich sind die hundert Meisterwerke ausgewogen zusammengesucht worden und lassen kaum Wünsche offen.
Den Comics, die stets eine Seite umfassen und häufig aus acht Bildern bestehen, schließt sich eine Liste der beteiligten Zeichner sowie kurze Informationen zu Moga Mobo und den Herausgebern des Buches, Titus Ackermann, Jonas Greulich und Thomas Gronle.

Aus künstlerischer Sicht ist mit „100 Meisterwerke der Weltliteratur“ sicherlich ein spannendes und faszinierendes Projekt gelungen, in dem eine Unmenge an talentierten Leuten zusammengekommen ist, um den unbedarften Leser in die Welt der medienübergreifenden Comicliteratur zu führen. Dass man mit dem Lesen der Comics allerdings mehr tut, als sein Auge zu erfreuen, nämlich dazu noch Bildung mitzunehmen, wie es auf der Buchrückseite steht, ist leider ein Wunschdenken. Kennt man die Bücher, um die es sich handelt, so lassen sich die erzählenden Bilder leidlich gut nachvollziehen. Existiert hingegen kein Vorwissen, können die Comics die Wissenslücken leider auch nicht schließen. Zu künstlerisch, zu puristisch, bisweilen auch zu metaphorisch bieten sich viele der Comics dem Leser an.
Aber kann das ehrgeizige Projekt der „100 Meisterwerke der Weltliteratur“ nicht trotzdem gelungen sein, wenngleich das selbst gesteckte Ziel der Wissensvermittlung nicht erreicht wird? Ja, es kann. Denn es mag vielleicht kaum möglich scheinen, durch einige wenige Bilder einen ganzen Roman nachzuerzählen – die Stimmung kann indes durchaus gut so eingefangen werden. Die vielfältigen Zeichenstile passen oft gut zum nacherzählten Thema wie bei „Michel aus Lönneberga“ von Astrid Lindgren, der sich in knuffiger Comicform präsentiert, und Vernes „In 80 Tagen um die Welt“, dessen Bilder an Postkartenaufnahmen erinnern, oder aber kehren das Original ins Extremste um, etwa die Nacherzählung von „Rotkäppchen“ der Gebrüder Grimm, die in Computerspieloptik präsentiert wird, sowie Emily Brontës Roman „Die Sturmhöhe“, dessen Inhalt mit den allerwenigsten Pinselstrichen aufs Minimalste reduziert wurde.
Was man vielleicht ein wenig vermisst, sind kurze Informationen zu den klassischen Vorlagen; so gibt es nicht einmal die Daten der Erstveröffentlichung, um dem unkundigen Leser den zeitlichen Rahmen anzubieten.

„100 Meisterwerke der Weltliteratur“ ist ein spannendes Projekt, das den Leser vor allem auf künstlerischer Seite gleichermaßen fordert und unterhält. Wer die Originale nicht kennt, die den Bildern zugrunde liegen, könnte Verständnisschwierigkeiten bekommen. Das machen die Optik der vielfältigen Zeichenstile und die gelungene Auswahl an Romanen jedoch eindeutig wieder wett, und das zu einem unschlagbaren Preis für eine Hardcoverbindung.

Tina Klinkner



Hardcover | Erschienen: 15. September 2009 | ISBN: 9783770432691 | Preis: 9,95 Euro | 112 Seiten | Sprache: Deutsch

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