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Das Strategiespiel „Kingsburg“ des Mario Truant Verlags war vor zwei Jahren ein Überraschungserfolg, dem das seltene Kunststück gelang, Wenigspieler zu begeistern und gleichzeitig ein auf massiver Würfelei basierendes Spielprinzip auch für Hardcore-Zocker sexy zu machen. Auch wenn man dem Mechanismus, mit gewürfelten Ergebnissen bestimmte Berater für höhere oder niedrigere Belohnungen zu besetzen, zunächst kritisch gegenüber stand, so zeigte sich doch nach einigen Partien, dass das Würfelglück im Spiel nur selten eine entscheidende Rolle spielt. Mit der Zeit gab es dann aber doch zu wenig Abwechslung, waren die strategischen Feinheiten von „Kingsburg“ längst ausgelotet, spielte man stets aufs Neue nur das gleiche Spiel herunter.
Da kommt „Kingsburg – Die Erweiterung des Königreichs“ und bläst wieder frischen Wind durch die Provinzen der Spieler. Bis zu fünf neue „Module“ kann man nun an das Grundspiel anschrauben, und fast alle von ihnen sind sehr gut gelungen. Am simpelsten sind die beiden Module, die dem Spiel neue Gebäudereihen hinzufügen oder bestehende ersetzen. Statt der alten Provinzblätter mit fünf Zeilen kann man nun mit größeren Blättern spielen, die zwei zusätzliche, neue Gebäudereihen vorweisen. Darüber hinaus gibt es noch sieben weitere Zeilen, die die alten einfach ersetzen – hierfür zieht man zu Beginn der Partie zwei zufällige Gebäudereihen und entscheidet sich, ob man beide, eine oder keine von ihnen in diesem Spiel verwendet. Deren Funktion ist meistens ähnlich zu den Gebäuden der Reihe, die sie ersetzen, aber eben doch ein klein bisschen anders. Die neuen Gebäude für die Reihe mit der Gilde der Zauberer beispielsweise liefern einen stärkeren Kampfbonus als die alten, aber das auch nur mit einem Risiko oder zu einem Preis.
Ebenfalls neu sind die beiden Karten-Module der Erweiterung. Das eine funktioniert ganz simpel, indem man zu Beginn jedes Jahres eine Ereigniskarte umdreht, die für die komplette Runde gilt. Da können die Feinde im Winter schon mal stärker werden oder mehr Siegpunkte ausschütten, da gibt es jede Produktionsphase mehr Ressourcen, da darf man mal weniger Würfel einsetzen oder da wird der König einfach krank. Geschieht letzteres zweimal hintereinander, endet gar das Spiel sofort. Das ist jedoch eher als Gimmick anzusehen, die Chance, dass dieser Fall eintritt, ist nämlich astronomisch gering.
Bei der anderen Karten-Erweiterung darf jeder Spieler zu Beginn der Partie drei Gouverneurskarten auf die Hand nehmen und sich eine davon aussuchen. Jener Gouverneur bringt dann nur einem selbst einen speziellen Bonus. Das können simple sechs Siegpunkte zu Beginn des Spiels sein, die Fähigkeit, eigene Würfelergebnisse zu verändern, extra Rohstoffe am Ende jedes Jahres, spezielle Kampffähigkeiten und so weiter.
Die vielleicht entscheidendste Änderung an „Kingsburg“ ist mit dem fünften Modul sehr subtil geraten. Im Grundspiel ärgerte man sich noch, wenn man stets auf Gebäude für den Kampf setzte und dann der König mit dahergewürfelten 6er-Armeen ankam und damit die eigenen Mühen ad absurdum führte. Nun haben die Spieler die Unterstützung des Königs mit sechs Zahlenchips selbst in der Hand. Im Winter muss nun jeder einen seiner Chips in den Werten 0, 1, 1, 2, 3, 4 selbst aussuchen, der der eigenen Kampfstärke draufgerechnet wird. Ein Chip bleibt zum Schluss übrig, für den erhält man dann entsprechend viele Punkte. Damit haben Spieler, die am liebsten die punkteträchtige Kathedrale bauen, ein wesentlich größeres Problem mit der Verteidigung ihrer Heimatprovinz.
Die Anleitung von „Kingsburg – Die Erweiterung des Königreichs“ gibt an, dass man für jedes Modul circa eine Viertelstunde mehr Spielzeit einplanen muss. Das ist völliger Murks. Selbst wenn man die komplette Erweiterung mit ins Spiel nimmt, muss man lediglich eine Viertelstunde Vorbereitungszeit einplanen, in der man sich die Gebäude und Gouverneure aussucht. Danach verläuft das Spiel seine ganz normalen 90 Minuten. Deswegen gibt es keinen Grund, auch nur eins der Module wegzulassen, denn schließlich bringen diese in ihrer Gesamtheit enorm viel Abwechslung ins Spiel. Mit immer neuen Kombinationen aus Gebäudereihen bekommt ein alter „Kingsburg“-Profi jede Menge Stoff zum Ausprobieren, und tatsächlich arbeiten einige der neuen Gebäude sehr gut zusammen. Mit den beiden Karten-Modulen obendrein spielt sich nun kaum mehr eine Partie wie die andere. Natürlich ist das nicht alles zu der Zufriedenheit eines jeden Hardcore-Zockers ausbalanciert, die Ersatzreihe G mit der Universität ist beispielsweise viel zu stark für ihren Preis, ermöglicht sie doch utopische Punktzahlen zum Ende des Spiels. Und die schon im Grundspiel zu starke Königin wurde ebenfalls nicht verändert.
Und in Sachen Preis … „Kingsburg – Die Erweiterung des Königreichs“ ist zwar insofern ein Musterbeispiel für eine Erweiterung, weil sie ein gutes Spiel besser macht, jedoch ist der Preis, der dafür verlangt wird, gelinde gesagt eine Frechheit. Das Grundspiel war mit 40 Euro bereits überteuert, doch hier erhält man für 35 Euro kein neues Holzmaterial und keinen neuen Spielplan, sondern nur ein paar Chips, ein paar Pappbögen und an die 50 Karten. Und all das passt noch ohne Probleme in die Schachtel des Grundspiels. „Kingsburg“-Fans stehen nun also vor einem Dilemma: Eigentlich brauchen sie diese Erweiterung, denn das Spiel wird dadurch viel abwechslungsreicher und langlebiger. Andererseits sollte man diese Preispolitik nicht unterstützen, schließlich erhält man im Handel für nur ein paar Euro mehr das mit hochwertigem Material nahezu vollgestopfte „Agricola“. Wem „Kingsburg“ also auch so noch Spaß macht, der sollte warten, bis er diese Erweiterung zu einem vernünftigen Preis erstehen kann – dann aber unbedingt zuschlagen!