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Anne hat sich inzwischen in Summerside eingelebt. Mit ihrer Lehrerkollegin Katherine Brooke ist sie zwar noch immer nicht warm geworden, dafür haben sich generell die Verhältnisse für sie etwas gebessert. Die vielköpfige Familie der Pringles, die ihr den Einstieg so schwer gemacht hat, scheint Anne nun geneigter. Die wohlhabende Sarah Pringle lädt Anne gar dazu ein, sie eines Abends zum Tee zu besuchen. So erfährt Anne vom Familienfluch, der angeblich auf dem Geschlecht der Pringles liegt und der schon so manches Mitglied der Familie ins Unglück gestürzt haben soll. Diese Geschichten fallen bei der doch etwas dramatisch veranlagten Anne auf fruchtbaren Boden.
Überhaupt bricht für die junge Frau eine Zeit anstrengender Besuche an: Eine ihrer Schülerinnen bittet sie, ihrer Familie beim Abendessen Gesellschaft zu leisten und ihren Vater aus der Reserve zu locken, der sich standhaft weigert, mit dem Verlobten seiner Tochter zu sprechen. Und dann ist da noch die herzensgute Pauline Gibson, die sich bereits seit Jahren für ihre im Rollstuhl sitzende, ständig nörgelnde Mutter aufopfert. Die Sticheleien der alten Mrs Gibson sind so anstrengend, dass selbst Anne an sich halten muss, um es in ihrer Gesellschaft auszuhalten. Als Pauline jedoch eines Tages die Gelegenheit erhält, zu einer Familienfeier in einer anderen Ortschaft zu gehen, sich jedoch außer Stande fühlt, ihre Mutter unbetreut zu Hause zu lassen, springt Anne über ihren Schatten und beschließt, ihrer Freundin zu helfen …
“Ein harter Brocken” ist zwar die mittlerweile 14. Folge der Anne Hörspielserie aus dem Hause Titania Medien, gleichzeitig aber auch die zweite Episode der vierteiligen Umsetzung von Lucy Maud Montgomerys Roman “Anne in Windy Poplars”. Lesern der Romanausgabe, die in den 80er Jahren hierzulande bei Loewe erschienen ist, sei gesagt, dass es sich um die Audioadaption von “Anne in Windy Willows” handelt. Die Verlagsverantwortlichen hatten seinerzeit aus unerfindlichen Gründen den Titel von Poplars (Pappeln) in Willows (Weiden) abgewandelt. Es handelt sich aber um eben diese Geschichte. Anne ist inzwischen gänzlich den Kinderschuhen entwachsen, flügge geworden. Als Rektorin leitet sie selbst eine Schule, fernab von Green Gables, dem Zuhause ihrer Kindheit, das ihr immer noch viel bedeutet.
Ebenso wie Anne selbst fällt dem Hörer der Abschied von Green Gables und den teils recht schrulligen Bewohnern des kleinen kanadischen Städtchens Avonlea schwer. Da hilft es auch nicht, dass die Bewohner von Summerside nicht minder verschroben sind als etwa eine Rachel Lynde.
Trotzdem hat “Ein harter Brocken” durchaus seine Momente. Vor allem die Episode um den Familienfluch der Pringles weiß zu begeistern. Lucy Maud Montgomery hatte seinerzeit ein paar wirklich nette Ideen um Geisterscheinungen, mysteriöse Unfälle und Vorkomnisse. Die sind zwar – gemessen an heutigen Maßstäben – nicht übermäßig originell. Aber Titania Medien ist nicht von ungefähr her auch bekannt für die Serie “Gruselkabinett”, innerhalb der sie düster-romantische Stoffe vertonen. Genau diesen Nerv treffen Marc Gruppe und sein Team auch in den Szenen, in denen die sonst so vorwitzige und plötzlich ganz kleinlaute Anne in einer verregneten Nacht das Anwesen von Sarah Pringle besucht. Da ist es direkt schade, dass dieses Erlebnis nur einen kleinen Teil der Folge ausmacht, denn hier ist das Potential deutlich spürbar.
Ansonsten bietet auch diese Folge von “Anne – Die Hörspielserie” solide inszenierte Kost mit gut aufgelegten Sprechern, einer schönen Instrumentalisierung und Umsetzung – aber leider ansonsten nicht viel Neues.