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Wenn sich auf dem Cover bereits dem interessierten Gourmet/Gourmand – der Autor ist beides – eine unschuldig dreinblickende Ratte präsentiert, darf man auf das nachfolgende Buch neugierig sein. Sofern man kein Vegetarier, Bulimiker, chronisch Stoffwechselkranker, Rassist, von Nahrungsmittelunverträglichkeiten Geplagter, Arzt, Tierschutzaktivist oder anderweitig dem üppigen Konsum fleischhaltiger Speisen rund um den Globus unversöhnlich gegenüberstehender Mensch ist.
Essen, das macht der Autor von Anfang an deutlich, hat in seiner indisch-walisischen Familie immer einen zentralen Stellenwert besessen. Und so tritt er eines Tages nach gründlicher Planung, seines Jobs im Verlagswesen überdrüssig und von Anregungen auf diversen Gourmet-Blogs neugierig gemacht, eine Reise um die Welt an, von der er sich kulinarische Impressionen höchster Güte erhofft.
Hierzu gehören auch Käse aus England und Irland, Würste aus Deutschland und ähnlich Vertrautes, nicht zu vergessen ein Loblied auf die Blutwurst jeglicher Nation. Aber bald schon werden Simon Majumdar seine Reisen auch in ferne und exotische Gefilde führen. Wenngleich er in Australiens Metropolen die asiatische Küche unter verschiedenen Prämissen kennen lernt, sind es doch Sushi mit Kabeljausperma, die ihm in Japan eine unvergessliche – und ausgesprochen widerwärtige – Erinnerung einbringen. China und die Mongolei, Russland mittels Transsibirischer Eisenbahn: Höhen und Tiefen liegen auch hier nahe zusammen. Nord- und Südamerika haben dem Exzessen nicht abgeneigten Gourmet viel zu bieten an Rind- und Ziegenfleisch erster Güte sowie an Gastfreundschaft, Brasilien ausgenommen.
Schottland, München, Island – kurze Stationen vor einer Tour durch Südostasien mit vielen spannenden Abenteuern. Afrikas Süden und Norden kommen ebenso wenig zu kurz wie Südeuropa und die Türkei. Und am Ende stehen einige interessante Erkenntnisse.
Simon Majumdar kann Meinungen spalten, so viel steht fest. Entweder mag man markigen Humor, der über den typisch britisch-schwarzen hinausgeht, und üppigen Konsum von Fleischgerichten und häufig auch Alkohol zur Bewältigung von überschüssigem Fett, oder es wird einem von beidem schlecht.
Lässt man sich jedoch auf die farbenfrohen Schilderungen ein, die Majumdar von Land, Leuten und Kulinarika abliefert, so hat man eine Menge Spaß und lernt noch einiges dabei; nicht nur, dass ein gutes Essen dadurch noch erheblich gewinnt, dass man es in der richtigen Gesellschaft einnimmt. Es sind daher auch nicht etwa vorwiegend die Sternerestaurants und –köche, die in diesem Buch punkten – sofern angemessen, tun sie das freilich trotzdem -, sondern in der Hauptsache nebst Menschen, die den Autor in familiärem Ambiente verwöhnten, Köche, die sich die Mühe machten, ihm den Betrieb zu zeigen, Fragen zu beantworten und ihn sich wohlfühlen ließen. Nicht zuletzt gab es manchen Straßenstand, der Majumdar zu verblüffen vermochte.
Kurzweilig und originell schildert der Autor seine Abenteuer. Wie erwähnt, kann man seinen Stil mögen, vielleicht tut man es auch nicht; Majumdar ist kein Standard-Restaurantkritiker und möchte das auch gar nicht sein. Dennoch vermag er einen so anschaulichen Eindruck von seinen Genüssen und, im Gegensatz dazu, kulinarisch-gastronomischen Alpträumen zu vermitteln, dass der Leser einen recht präzisen Eindruck davon gewinnt, welche Empfehlung er annehmen würde und welche nicht. Die Neugier im besten Sinne, das Interesse an Ungewohntem, dominiert.
In lässigem, nonchalantem Stil, launig, auf Gefühl und Geist (und Geschmacksknospen) der Leser gleichermaßen zielend, erzählt Simon Majumdar seine kulinarische Weltreise. Man würde gern mitkommen. Oder ganz und gar nicht. Man würde ihn gern mal zu einer zwei- oder dreitägigen Erkundung der heimischen Restaurants mitnehmen. Oder sich auf den Mars verziehen, sollte er sich ankündigen. Das Buch ist in jeder Hinsicht Geschmackssache. Wäre die Rezensentin allerdings Kellnerin im Restaurant "Neuerscheinungen", würde sie es dem verehrten Gast als Ergänzung der Karte wärmstens empfehlen.