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Als älteste Partei Deutschlands ist die SPD aus der politischen Landschaft der Republik nicht wegzudenken, auch wenn sie, was sie freilich nicht von konkurrierenden Parteien unterscheidet, immer wieder mit Krisen zu kämpfen hatte.
Der Parteienforscher Franz Walter stellt mit "Die SPD", wie der Untertitel es treffend ausdrückt, eine Biographie dieser traditionsreichen Partei vor - von den ersten, zeitlich nicht ganz eindeutig zu verortenden Anfängen bis etwa Ende 2008.
Nicht unmittelbar aus der Arbeiterbewegung, sondern vorwiegend von Handwerksgesellen her, deren berufliche Ambitionen die fortschreitende Industrialisierung zunichte machte, stammen die Ursprünge jener Gruppierungen, aus denen schließlich die SPD hervorging. Franz Walter portraitiert die Partei während der Kaiserzeit, insbesondere während jener Epoche, in der das restriktive Sozialistengesetz galt, das die SPD letztlich ganz im Gegensatz zu Bismarcks Intention ebenso stärkte wie dessen Sozialreformen.
Die Rolle der im Kaiserreich verfemten Partei im Ersten Weltkrieg wird ebenso differenziert betrachtet wie die gewaltigen Probleme und Zerreißproben, denen sich die SPD im Rahmen der deutschen Revolution und der Weimarer Republik gegenübersah.
Nicht minder spannend liest sich die Entwicklung der deutschen Sozialdemokratie nach dem Krieg – zunächst von Adenauer diffamiert und geschickt als Feindbild hochstilisiert, bis ein ungeheurer Paradigmenwechsel die Partei auch für zuvor liberal oder bürgerlich orientierte Schichten attraktiv machte und sie sich zu einer echten Volkspartei mauserte, die schließlich wieder bereit war, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Der Autor vollzieht alle Rechts- und Linksbewegungen der SPD von der Zeit Wehners und Brandts über die wenig charismatische Nachfolgegeneration bis hin zu den untereinander und nach außen kämpferischen "Enkeln" und der zweiten Großen Koalition nach und analysiert die Möglichkeiten der SPD, wie sie sich bei der Drucklegung des Buchs präsentierten.
Am Ende des Buchs findet man nebst dem Literaturverzeichnis und einem Namenregister eine bei der Lektüre sehr hilfreiche Zeittafel.
Ob man SPD-nah ist oder aus einem anderen politischen Lager stammt: Dieses Buch, das weit über hundert Jahre Geschichte der SPD und der Arbeiterbewegung behandelt, vermag den Leser zu fesseln und ihm einen ausgezeichneten Überblick über die vielen kurz- und langfristigen Entwicklungen innerhalb der Partei zu geben, wie man ihn sonst kaum in solcher Kompaktheit und dabei auch für Laien bestens verständlich dargeboten bekommt. Allerdings sollte sich der Leser eventuell schon ein wenig mit Zeitgeschichte befasst haben, da gelegentlich Ereignisse an "Nebenschauplätzen", zum Beispiel die so genannte "Kieler Affäre", angesprochen, jedoch nicht näher erläutert werden.
Die großen Führungspersönlichkeiten werden eindrucksvoll portraitiert, und Walter versteht es, ihren jeweiligen Einfluss bis in die Gegenwart hinein zu dokumentieren. Er stellt die Verdienste der SPD um die deutsche Politik, ihre starken Seiten, die von ihr vorgenommene Prägung der Geschichte der vergangenen rund hundertvierzig Jahre ebenso heraus wie Schwächen und Fehlleistungen von Einzelnen oder der Partei als Ganzer. Nebenbei wird so auch die deutsche Geschichte – zwischen Kriegsende und Wiedervereinigung hauptsächlich jene der Bundesrepublik – ein Stück weit transparent.
Nicht selten eröffnen sich dem Leser, der in den vergangenen Jahren oder Jahrzehnten die SPD, wie vermutlich auch die anderen Parteien, lediglich durch Fernsehen und Tagespresse beobachtet hat, ganz neue Einblicke. Dank der vom Autor vermittelten historischen Basis erschließen sich die komplexen Hintergründe von erbitterten Richtungskämpfen und Duellen um exponierte Posten, von guten und von Fehlentscheidungen.
Ein so informatives wie spannendes, von vielen Fotos begleitetes Buch, dessen Lektüre sich für politisch interessierte Menschen, gerade auch jüngere, definitiv lohnt.