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Obwohl die Amerikanerin Celia Friedman – bzw. C. S. Friedman – bereits seit Mitte der 80er Jahre phantastische Romane veröffentlicht, ist ihr sowohl in ihrem Heimatland als auch hierzulande der große Durchbruch bisher verwehrt geblieben. Am bekanntesten ist da vielleicht allenfalls ihr “Kaltfeuer”-Zyklus, der ihr in den USA immerhin einen gewissen Kultstatus einbrachte und der vor einigen Jahren in Deutschland leider nur wenig beachtet von Knaur veröffentlicht worden war. Friedman darf deshalb zu den Autoren gezählt werden, die zu Unrecht unterschätzt werden – ein Umstand, der sich sehr schnell durch das Erscheinen ihres neuesten Romans “Die Seelenjägerin” ändern könnte. Denn der 555 Seiten starke Roman, der im September 2009 in Deutschland erstveröffentlicht wurde, hat durchaus das Zeug zum Fantasy-Bestseller:
Kamala lebt in einer Welt, in der man für die Anwendung von Zauberei einen hohen Preis bezahlen muss: mit dem eigenen Leben. Jene Menschen, die mit der Gabe der Magie gesegnet sind, können nur dann Zauber wirken, wenn sie dafür einen Teil ihrer eigenen Lebenskraft opfern. So schwächt jeder Zauber seinen Wirker, so dass dieser, je nachdem, wie oft er die Magie benutzt, innerhalb kürzester Zeit altert und schließlich stirbt.
Einzig die Magister scheinen einen Weg gefunden zu haben, diesen schrecklichen Tribut nicht zollen zu müssen. In ihre Reihen nehmen sie nur Männer auf. Frauen, Hexen, sollen dieses Geheimnis nicht teilen dürfen. Das ist ein Umstand, mit dem sich die willensstarke Kamala nicht abfinden will. Sie bedrängt einen alten Magister, sie in der verbotenen Kunst zu unterweisen.
Als der junge Thronfolger des Landes, Prinz Andovan, von einer mysteriösen Krankheit aufgezehrt wird, werden zahlreiche Magister von einem der ihren an den Königshof gerufen. Was der königliche Magister Ramirus allerdings fürchtet, ist nicht etwa der Tod des Prinzen, sondern vielmehr, dass das Geheimnis seiner Zunft ans Licht kommt. Denn auch, wenn die Magister für das Wirken von Zauberei ihr eigenes Leben nicht mehr opfern müssen, fordert die Magie dennoch einen schrecklichen Preis …
“Die Seelenjägerin” ist der Auftaktband einer Trilogie. Dementsprechend werden in dem Buch nicht alle Fragen beantwortet, die es aufwirft. Das ist aber auch gut so, denn dadurch – und durch Celia Friedmans Talent, komplexe und glaubhafte Charaktere zu erschaffen – packt das Buch den Leser richtig. Zugegebenermaßen dauert es ein paar Kapitel, bis die Story ihr Publikum komplett in den Bann zieht. Danach lässt sie einen dafür jedoch nicht mehr los!
Das Flair des Buches ist episch und ab und an durchaus düster. Der Stil liest sich angenehm flüssig, die Welt ist in sich stimmig und interessant und das Magiekonzept vielleicht nicht umwerfend innovativ, aber dennoch einleuchtend, fesselnd und weit weg von den üblichen Formeln, derer sich ein Gros der Fantasy-Autoren bedienen. Das große Plus des Buches sind allerdings seine gut ausgearbeiteten Charaktere. Durch ihre Augen betrachtet der Leser die Welt, ihre Erfahrungen geben ihm ein Gefühl davon, was richtig und was falsch ist.
Schön ist außerdem, dass es der Geschichte gelingt, sich mit gehaltvollen Themen zu beschäftigen, ohne lehrerhaft den Zeigefinger zu erheben. Gleichheit der Geschlechter, die Bereitschaft, etwas von sich zu opfern, um einem anderen zu helfen sowie die Kompromisslosigkeit, anderen Leuten zu schaden, um einem höheren Ziel zu dienen: Gedankenspiele dieser Art webt die Autorin gekonnt in ihren Roman ein. Diese universellen Fragen treiben die Handlung voran, ohne dass das plakativ oder aufgesetzt wirkt.
Wer charakterorientierte Fantasy mag, die durchaus einmal tiefer geht als nur an der moralischen Oberfläche zu kratzen, für den ist “Die Seelenjägerin” genau das Richtige. Leser, die an den Tamír-Romanen von Lynn Flewelling Gefallen gefunden haben, sollten definitiv einen Blick in das Buch hinein wagen. Celia Friedman hat einen Trilogieauftakt geschaffen, der eindeutig den besten Erstveröffentlichungen des Jahres 2009 zugerechnet werden muss!