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Der Name Tim Schafer sollte jedem, der die letzten 30 Jahre Videospiel-Geschichte nicht verschlafen hat, ein Begriff sein. Der findige Programmierer ist seit LucasArts‘ „Monkey Island“-Saga, die Adventure-Fans Ende der Achtziger in Ekstase versetzte, eine feste Größe im Business. Zwar war er nicht an vielen Spielen beteiligt, doch die, bei denen er mitgewirkt hat, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Bei „Brütal Legend“, seinem neuesten Streich, ist das nicht anders.
„Der Job eines guten Roadies ist es, andere gut aussehen zu lassen“ – das Leben des Metal-Fanatikers Eddie Riggs ist eine Existenz im Schatten seiner Arbeitgeber „Kabbage Boy“, dem Klischee moderner Rockbands. Eddie fragt sich oft, ob er in die falsche Ära geboren wurde. Er sehnt sich eine Zeit zurück, in der sich die Musik noch „echt“ anfühlte, Instrumente nicht durch mit dem Computer bearbeitete Playbacks ersetzt wurden und man unter Metal keine weichgespülte Popmusik verstand. Während eines Konzerts seiner Band wird dieser Wunsch Realität, denn nach einem Unfall am Set, bei dem Eddie leicht verletzt wird, erwacht die Bühnenkulisse plötzlich zum Leben. Dies hat damit zu tun, dass ein bisschen von Eddies Blut auf dem Medaillon landete, das er an seinem Gürtel trägt und in Wahrheit ein verwunschenes Amulett von Ormagöden ist. Ehe sich Eddie versieht, erwacht er in einer wundersamen fremden Welt: dem Land des Heavy Metal.
Tatsächlich wirkt das „Land des Metal“ wie eine Mischung aus dem Königreich Narnia und dem Ozzfest, in der kein Klischee ausgelassen wird. Es gibt Roadies, Headbanger und böse Dämonen (deren Design von bekannten Metal-Plattencovern inspiriert ist). Die größte Macht in dieser Welt ist selbstverständlich die Musik – der Soundtrack des Spiels beinhaltet nicht nur mehr als 100 Rock- und Metal-Evergreens von Bands wie Black Sabbath, Motörhead oder Kiss, als fanatischer Musikliebhaber ist Eddie natürlich selbst bestens mit der Handhabung einer E-Gitarre vertraut und lernt im Laufe des Spiels zahlreiche Songs, die jeweils bestimmte Effekte auf Gegner oder Umwelt haben.
Neben der Musik interessiert sich Eddie allerdings auch stark für Technik. Er kann aus schrottreifen Einzelteilen Unglaubliches bauen, unter anderem diverse Fortbewegungsmittel, die nicht nur heiß aussehen, sondern auch schnell sind. Vehikel wie der Hotroad dienen allerdings nicht bloß dem Metal-Klischee, sondern sind in der offenen Spielwelt von „Brütal Legend“ zwingend notwendig.
Die wohl wichtigste Frage zum Gameplay des Spiels ist: Was möchte „Brütal Legend“ eigentlich sein? Es bietet Elemente aus Action, Adventure, Echtzeit-Strategie und Hack’N`Slay – es in eine Schublade einzuordnen ist unmöglich. Während es vielen Genre-Mixen entweder an Komplexität, Tiefgang oder Ernsthaftigkeit mangelt, funktioniert die Kombination in „Brütal Legend“ überraschend gut. Zwar besteht der RTS-Aspekt prinzipiell wahlweise aus Rückzug oder einem „all out“-Angriff, passt dadurch aber gut zum kampflastigen Spielsystem und schreckt zudem niemanden ab, der sich primär wegen der Action für den Titel interessiert. Das größte Highlight ist aber „Brütal Legends“ grandioser Humor.
Eddie Riggs wird von Comedian Jack Black gesprochen, auch optisch ließen sich die Entwickler bei Eddie von ihm inspiriert. Seine Aufgabe meistert dieser, genau wie die übrigen Sprecher, fantastisch. Natürlich dürfen auch bekannte Gesichter im Land des Metal nicht fehlen: Ozzy Osbourne, Lemmy Kilmister von Motörhead und Schauspieler Tim Curry sind einige Beispiele. Die Promis liehen ihren Figuren nicht nur die Stimme, auch Aussehen und typische Charakteristika (wie Ozzy Osbournes ständiges Gefluche) einiger Sprecher wurden für ihre virtuellen Abbilder übernommen. Zusammen mit dem skurrilen Design von Monstern, Dämonen und der gesamten Spielwelt wird ein stimmungsvolles Mosaik geschaffen, das dem eigentümlichen Stil Schafers alle Ehre macht.
„Brütal Legend“ hätte das Zeug zum Megahit gehabt, gäbe es die technischen Mankos nicht: Die von Double Fine eigens programmierte Grafik-Engine sieht aus, als wäre sie für die erste Xbox gedacht gewesen; trotzdem geht die Framerate bei hoher Geschwindigkeit (zum Beispiel beim Erkunden der weitläufigen Wald- und Küstenlandschaft mit dem Hotroad) und vielen Gegnern on-screen in die Knie. Das ist anno 2009 einfach unverzeihlich. Ungeachtet dessen ist „Brütal Legend“ ein tolles und abwechslungsreiches Spiel mit großartiger (englischer) Synchronisation und rabenschwarzem Humor, das jedem bedenkenlos empfohlen werden kann, der sich ansatzweise für Metal, Rock und das „Drumherum“ interessiert. Bleibt zu hoffen, dass Tim Schafers Vision endlich ein breiteres Publikum erreicht – „Brütal Legend“ macht Lust auf mehr!