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 Wunderland

Berlin Krimi

Verlag: Emons, Köln

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Berlin, 9. November 1989. Das Mitglied des Politbüros des ZK der SED, Günter Schabowski, verliest auf einer vom Fernsehen direkt übertragenen internationalen Pressekonferenz eine Erklärung, in welcher mitgeteilt wird, dass Privatreisen ins Ausland mittels einfachem Genehmigungsverfahren möglich sind. Nach entsprechender Nachfrage eines Journalisten fügt er hinzu, dass diese Regelung seiner Meinung nach ab sofort in Kraft tritt. Eine Aussage, die noch in dieser Nacht die Mauern zwischen den beiden deutschen Staaten zum Einstürzen bringt und Millionen von DDR-Bürgern die Möglichkeit eröffnet, in den nächsten Tagen die grenznahen Städte der Bundesrepublik, vor allem aber den Westteil Berlins, zu besuchen. Es herrscht Chaos an allen Grenzübergängen, bis diese vollständig geöffnet werden und Tausende von Menschen sich glücklich in den Armen liegen.

Mitten in dieses Chaos hinein setzt der Autor Oliver G. Wachlin seinen Kriminalroman „Wunderland“, mit dem er ein Stück deutsche Geschichte aufarbeitet. Alles beginnt mit einer jungen Eistänzerin, die nass, erschöpft und halb erfroren, mit Schlittschuhen an den Füßen, aus dem Wasser der Havel steigt und voller Verzweiflung versucht, in eine nahegelegene Villa zu gelangen. Doch die Türen sind verschlossen. Auch der Ziegelstein, den sie zur Hand nimmt und mit dem sie voller Verzweiflung auf die Scheibe der Terassentür einschlägt, bringt sie nicht weiter. Das Licht im Haus erlöscht. Erschöpft sinkt sie auf die Terasse zurück, wo sie der Wärter des Kladower Yachthafens am nächsten Morgen tot auffindet und die Polizei informiert. Hauptkommissar Hans Dieter Knoop, der mit den Ermittlungen zu dem mysteriösen Todesfall beauftragt wird, hat neben seiner Arbeit bei der Inspektion M eins mit der derzeit in Berlin herrschenden Situation so seine eigenen Probleme. In Form einer Kneipenschlägerei holt ihn seine Vergangenheit wieder ein, wobei er mit einem blauen Auge und dem Verlust eines Schneidezahns noch einmal glimpflich davonkommt. Doch was er in den nächsten Tagen nach der Öffnung der Mauer erlebt, lässt sogar einen so hartgesottenen Kerl wie ihn weich werden und verändert sein ganzes Leben.

Aber nicht nur Hauptkommissar Hans Dieter Knoop hat mit den Folgen des Mauerfalls zu kämpfen, auch Oberstleutnant Wolf-Ullrich Cardtsberg vom Panzerregiment Hirschfelde sieht in dieser Entwicklung alles das den Bach runter gehen, wofür er viele Jahre seines Lebens gekämpft hat. Voller Ohnmacht musste er schon vor Jahren mit ansehen, wie seine beiden Töchter dem sozialistischen Staat allmählich den Rücken kehrten. Eine Tatsache, die ihm beruflich viel Ärger bereitete. Trotz allem blieb er seiner Gesinnung treu und versucht in diesen Tagen, wo alles drunter und drüber geht, eine Möglichkeit zu finden, die DDR zu retten. Aber egal, wo er hinschaut: Überall begegnen ihm nur Chaos und Disziplinlosigkeit. Die Verantwortlichen dieses Desasters sind nicht zu erreichen und als er miterleben muss, wie ein guter Freund sich selbst richtet, weiß er bald nicht mehr, wie er mit dieser vertrackten Situation umgehen soll.

Der Autor Oliver G. Wachlin hat in seinem Kriminalroman „Wunderland“ versucht, ein Bild der Ereignisse nach dem 9. November 2009 zu zeichnen. Dazu hat er sich zwei Protagonisten gewählt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zum einen verfolgt der Leser das Geschehen um den Hauptkommissar Hans Dieter Knoop, der die DDR nur von den Weltfestspielen im Jahr 1973 kennt, wo er als Spitzel des Verfassungsschutzes in Berlin eingeschleust worden war. Zum anderen darf er an den Gedanken und Gefühle eines Oberstleutnants der Nationalen Volksarmee teilhaben, der fassungslos mit ansehen muss, wie der einst so starke sozialistische Staat in seinen letzten Zügen liegt. Mit viel Feingefühl ist er an die Ausarbeitung seiner Protagonisten und deren Leben herangegangen und hat es geschafft zwei Schicksale aufzuzeigen, die in der damaligen Zeit so hätten verlaufen können. Während er in einer fesselnden Art und Weise die Ereignisse des Jahres 1989 wieder aufleben lässt, vermittelt er dem Leser ein Bild, das bewegt und nachdenklich werden lässt.

Ein wirklich spannender Kriminalroman, der mehr als nur eine tote Eisprinzessin bietet.

Dorit Wiebke



Taschenbuch | Erschienen: 1. September 2008 | ISBN: 9783897055889 | Preis: 9,90 Euro | 334 Seiten | Sprache: Deutsch

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