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Manches Spielzeug setzt eben doch nie Staub an – so auch die
toy lines aus dem Hause Hasbro, denen dank Hollywood der Sprung auf die Leinwand geglückt ist. Nach dem finanziellen Erfolg von „Transformers“ in 2007 legte der Spielzeugriese gemeinsam mit Paramount Pictures gehörig nach: Neben einem Sequel zu Michael Bays Tribut an das Pentagon und die Autoindustrie kamen nun auch die waffenstarrenden Plastikjungs von G.I. Joe zum Handkuss. Seit 14. Dezember ist die CGI-Orgie nun auch auf DVD und Blu-ray erhältlich. „Yo Joe!“ oder doch nur low?
In einer nicht allzu fernen Zukunft: Der mächtige und einflussreiche Waffenhändler James McCullen (Christopher Ecclestone) hat auf der Basis von Nanotechnologie eine vollkommen neue Waffe entwickelt - winzige Nanobots, die jegliche Materie zersetzen können und die, einmal freigesetzt, alles vernichten, vom Panzer bis hin zu einer ganzen Stadt. Vier mit solchen Nano-mites ausgestattete Sprengköpfe werden an die NATO verkauft, doch der Transport gerät in einen Hinterhalt: Mit ihrer überlegenen Waffentechnologie reiben die unbekannten Angreifer unter dem Kommando der mysteriösen Baroness (Sienna Miller) den Trupp bis auf die beiden US-Soldaten Duke (Channing Tatum) und Ripcord (Marlon Wayans) vollkommen auf. Durch das Eingreifen der Spezialeinheit G.I. Joe kann der Diebstahl der Sprengköpfe gerade noch verhindert werden, doch dem Feind gelingt die Flucht. Hinter dem versuchten Beutezug steht, wie sich schon bald herausstellt, McCullen selbst: Mit seiner Hightech-Waffe will er die Welt ins Chaos stürzen und sich unendliche Macht aneignen. Seiner Geheimorganisation Cobra gelingt es schließlich, die Sprengköpfe zurückzuerobern, und für die Joes beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – den Duke unter allen Umständen für sich entscheiden muss, denn die Baroness ist niemand anderes als seine ehemalige Verlobte Ana Lewis …
Der Name Stephen Sommers ist dem Liebhaber actionlastiger und humoriger Blockbuster kein Unbekannter: Mit „Die Mumie“ präsentierte er den Überraschungshit des Sommers 1999, dem eine nicht minder knackige Fortsetzung folgen sollte, und in „Van Helsing“ versammelte er die großen Heiligen des Horrorkinos zu einem augenzwinkernden Stelldichein. Seine Filme scheren sich nie um Realismus und Logik, erstklassige Effekte, pure Action und jegliche Naturgesetze verspottende Stunts bilden stets die magische Quintessenz. Dass diese Rechnung bislang aufging, lässt sich auf eine ganz simple Formel zurückführen: Sommers’ Filme nehmen sich nie ernst. Der Regisseur ist sich zu jedem Zeitpunkt der nicht selten absurden Handlung und dem Effektgelage, das jede Logik von vornherein ungespitzt in den Boden stampft, bewusst; ja, stellenweise glaubt man sogar zu erkennen (oder erkennen zu wollen), dass Sommers seine Filme bewusst in ein trashig anmutendes Korsett hineinzwängt.
Dieser Prämisse blieb Sommers auch in seinem jüngsten Streich treu, was dem Film zugutekommt, baut er doch auf einer Spielzeugreihe auf. In „G.I. Joe“ begnügt man sich nicht einfach damit, ein bombastisches CGI-Feuerwerk zu zünden, sondern jagt gleich die gesamte Feuerwerkskörperfabrik in die Luft. Es gibt kaum eine Minute, die Effekte vermissen lässt, kaum einen Augenblick, der nicht vor Computeranimationen nur so strotzt, kaum einen Moment, wo nicht mit futuristischen Waffen wild um sich geschossen wird, irgendetwas spektakulär in die Luft fliegt, Stunts bar jeglichen Realismus zelebriert oder die Naturgesetze beifallheischend außer Kraft gesetzt werden. Mit einem zwinkernden Auge verwandelt Sommers die Straßen von Paris in den Schauplatz einer abenteuerlichen Verfolgungsjagd, lässt den Eiffelturm mit Posaunen und Trompeten einstürzen und entfacht eine Unterwasserschlacht, gegen die sich das Weltraumscharmützel in „Moonraker“ wie die harmlose Schneeballschlacht auf dem Schulhof ausnimmt. Garniert wird das Ganze noch mit zahlreichen Filmzitaten und Verbeugungen vor den Heiligen des großen Unterhaltungskinos, von „Star Wars“ bis „Matrix“, von „James Bond“ bis zum „Mann mit der eisernen Maske“.
Zöge man nun lediglich bis zu dieser Stelle Bilanz, so könnte man getrost und guten Gewissens vom ganz großen Kino sprechen – wäre da nicht etwas, das Sommers' Filmen stets den Freibrief, Realismus und Logik feinster kerniger Blockbuster-Unterhaltung zu opfern, verziehen hat, das aber Hollywoods jüngster Hasbro-Werbespot vermissen lässt: Charme. „Die Mumie“ brillierte mit seinem erstklassigen Mix aus Horror, Abenteuer und flotten Sprüchen und „Van Helsing“ lud mit krachender Action und einer treffsicher ausgewählten Besetzung zu zwei Stunden unbeschwerter Unterhaltung ein. Ein vergleichbares Zertifikat bleibt „G.I. Joe“ hingegen verwehrt. Im Gegensatz zu Sommers' früheren Werken fehlt seinem jüngsten Streich das gewisse Etwas, das seine Filme stets als Musterbeispiel sinnfreien Mainstream-Kinos präsentiert und gleichzeitig aber dafür gesorgt hat, dass man
unterhalten wurde. Verführen die ersten sechzig Minuten noch zu der Annahme, dass Sommers nichts von seinem Können eingebüßt hat, so ist es vor allem das letzte Drittel des Films, das den Zuschauer eines Besseren belehrt: Die finale Konfrontation zwischen Cobra und den Joes ist dermaßen mit Effekten vollgestopft, mit Action gemästet und mit Explosionen überfüttert, dass man als Zuschauer nicht weiß, wie ihm geschieht. Jede Filmminute versucht die vorhergegangene noch um das Vielfache zu toppen und durch schnelle Schnitte droht die Dynamik sich selbst zu überholen – nicht zuletzt auch, da Sommers zwischen Tonnen an Explosionen und Effekten auch noch so etwas wie einen Showdown hineinpressen muss, der folglich in der CGI-Orgie untergeht: Der Kampf zwischen Snake Eyes und Storm Shadow ist zu Ende, bevor er überhaupt richtig begonnen hat, und manche Charaktere werden buchstäblich auf den letzten Drücker eingeführt, wie etwa McCullens Verwandlung in Destro oder die Demaskierung des Cobra Commander.
Auch bei der Wahl der Darsteller versagte Sommers' sonst so sicheres Händchen teilweise: Marlon Wayans erfüllt das Klischee des Schwarzen mit den ach so humorigen Sprüchen, Dennis Quaid wirkt als General Hawk aufgesetzt und Channing Tatum spielt dermaßen hölzern, dass ein Mark Wahlberg dagegen schon fast als Charakterdarsteller brilliert. Einigermaßen überzeugen können Christopher Ecclestone als Gegenspieler und Lee Byung-hun als Storm Shadow, daneben sorgt auch eine ausgesprochen attraktive Sienna Miller mit schwarzem Haar und einer nicht minder schwarzen Seele dafür, dass sich das männliche Auge nicht allein an Computeranimationen satt sehen muss.
Hinsichtlich der DVD gibt sich Paramount keine Blöße: Das gestochen scharfe Bild bringt die ausufernde Materialschlacht farbenprächtig und knallig zur Geltung und dank des sauberen Tons kommen Score und Soundeffekte vollmundig rüber. Zu beanstanden ist hier vielleicht nur, dass in den actiongesättigten Szenen die Dialoge stellenweise in puncto Lautstärke ein wenig hinter den zahlreichen Explosionen zurücktreten – ohne aber Verständnisschwierigkeiten hervorzurufen. An Extras hat die Silberscheibe neben dem Audiokommentar von Stephen Sommers und Produzent Bob Ducsay zwei interessante Making-ofs zu bieten; eines gibt Einblicke in die Dreharbeiten und beschäftigt sich auch mit der Comic- und Spielzeugvorlage, das andere widmet sich Design und Effekten des Films. Ein kleiner Tipp an Paramount: Wendecover verschrecken keine potentiellen Käufer – ganz im Gegenteil.
Fazit: Mit „G.I. Joe – Geheimauftrag Cobra“ bringt Stephen Sommers den Inbegriff des Popcornkinos auf die Leinwand: Laut, schnell und absolut sinnentleert – im Positiven wie leider auch im Negativen. Für einen anspruchslosen Filmabend liefern Hasbro und Paramount Pictures genau das Richtige, doch richtig gutes, fesselndes Blockbuster-Kino ist nicht drin …