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Es gibt wenige große Blockbuster, die in logischer Konsequenz nicht gleich auch ein Spiel zum Film liefern, und James Camerons "Avatar" ist da keine Ausnahme. Löblich, dass man sich als Ziel setzte, ein Spiel zu programmieren, das nicht einfach "der Kinofilm zum Nachzocken" ist, sondern storymäßig zwei Jahre früher ansetzt und sozusagen die Vorgeschichte zum Blockbuster "Avatar" liefert. Leider krankt das Gameplay, wie bei den meisten Spielen zu Filmen, an allen Ecken und Enden, und das einzige, was den Titel überhaupt spielbar macht, ist die von Cameron erfundene, großartige Welt Pandora.
Für alle, die mit der Story des Films nicht vertraut sind: Wir schreiben das Jahr Zweitausendeinhundertsoundso, und auf dem Dschungelmond Pandora, der ein paar Jahre Kälteschlaf im Raumschiff von der Erde entfernt liegt, gibt es gigantische Vorkommen eines wertvollen Minerals, das die Menschen natürlich gierig abbauen. Blöderweise leben auf Pandora auch eine Menge feindlicher Kreaturen und eine intelligente Spezies namens Na'vi, die wie Indianer gekleidet sind, Indianerfrisuren tragen, mit Pfeil und Bogen kämpfen und die zwar keinen Alkohol trinken, dafür aber blau sind. Da die Mineralvorkommen auch mal unterhalb von Na'vi-Siedlungen liegen, werden die blauen Riesen kurzerhand umgesiedelt oder umgebracht, ganz nach altmodischer menschlicher Tradition. Um sich einen besseren Zugang zu den Fremden zu verschaffen, züchten Wissenschaftler "leere" Na'vi-Körper heran, in die dann ein menschliches Bewusstsein übertragen werden kann: Das nennt man Avatar.
Der erste spielerische Frevel begegnet einem dann auch gleich zu Beginn dieser zusätzlichen, vor dem Film ansetzenden Story: Es gibt sie nicht. Wer den Film nicht kennt, wird von den Programmierern buchstäblich im Urwald stehen gelassen. Man landet als Soldat auf dem Planeten Pandora und erfüllt eine dreiviertel Stunde lang Aufgaben, während man mal als Mensch oder in der Hülle eines Avatars durch den Dschungel rennt, um einen Maulwurf zu enttarnen. Ist das erledigt, darf man sich für eine der zwei Kampagnen entscheiden und fortan entweder für die Menschen oder die Na'vi in den Kampf ziehen.
Hat man sich für eine der beiden Seiten entschieden, folgt eine ungefähr achtstündige Kampagne. Wer also beide Seiten durchspielen will, wird sich für eine Weile auf Pandora die Zeit vertreiben können. Spielt man als Mensch, reagieren sowohl Fauna als auch Flora äußerst feindlich, und man bekommt es nicht nur mit der vielfältigen Tierwelt, sondern auch mit den Pflanzen des Mondes zu tun. Als Na'vi hingegen genießt man einen ordentlichen Heimvorteil und weiß den Urwald samt Viehzeug auf seiner Seite. Man darf auf Tieren reiten, die stark an Pferde erinnern, und fliegt auf etwas durch die Luft, das ein bißchen nach einem Drachen aussieht. Den Menschen stehen am Boden und zu Wasser Fahrzeuge sowie Mechs zur Verfügung und in der Luft eine Art Kanonenboot mit Propellern.
Das Gameplay ist größtenteils anspruchslos bis langweilig, da man - unspektakuläre Aufgaben erfüllend - hauptsächlich durch schlauchartige Levels rennt und auf massenhaft Feinde schießt. Als Soldat muss man sich nicht um viel Taktik bemühen und ballert einfach auf alles, was sich bewegt - die Na'vi sind mit ihren drei Metern nicht zu übersehen, und das Dschungelgetier in Form von überdimensionierten Rattenwesen oder manch riesigem Monster ist allgegenwärtig. Als Na'vi hingegen braucht man selbst bei großem Flachbildschirm manchmal eine Lupe, um die winzigen Menschen im dichten Urwaldgestrüpp zu entdecken.
Eine Art Levelsystem ist vorhanden, aber leider linear: Sammelt man eine gewisse Menge Erfahrungspunkte, wird ein Upgrade freigeschaltet, das neue Waffen, Rüstungen oder Fähigkeiten einbringt. Als Soldat kann man beispielsweise alle nahen Gegner schocken und für kurze Zeit unbeweglich machen oder als Na'vi die Kräfte Eywas (sowas wie Gaia) rufen, um die Feinde zu bekämpfen, oder chamäleonartig mit der Umgebung verschmelzen und unsichtbar durch die gegnerischen Reihen laufen. Nach ein paar Upgrades hat man allerdings alle verfügbaren unterschiedlichen Fähigkeiten gesammelt, und anschließend werden diese dann bei weiteren Upgrades nur noch verbessert.
Die Missionen beschränken sich auf das Finden und Aufsammeln oder Aktivieren von Dingen oder einfach aufs Töten von Feinden oder das Zerstören von Einrichtungen. Bei einer so kleinen Palette an Möglichkeiten bleiben Wiederholungen nicht lange aus. Bereits besuchte Gebiete können erneut aufgesucht werden, um dort alles noch ausstehende zu erledigen, und dank Beamstationen und Seelenbäumen, die als Transporter fungieren, geht die Reise über den kompletten Planeten schnell vonstatten.
Zusätzlich gibt's noch eine Art Minispiel, mit dem sich Erfahrungspunkte erwirtschaften lassen und das ein wenig Abwechslung bringt und durchaus Spaß macht: Auf einem 3D-Globus sieht man ganz Pandora, eingeteilt in viele kleine Bereiche, die entweder den Menschen oder den Na'vi gehören. Wie beim Brettspiel "Risiko" kann man nun Truppen aufstocken und gegnerische Länder (Bereiche) von Pandora erobern. Wer "Risiko" mag, wird auch mit diesem Minispiel etwas anfangen können.
Die Steuerung von "Avatar" ist ärgerlicherweise unpräzise, hakelig und beim Fliegen der Drachenviecher sogar ausgesprochen frustrierend. Bei einem Shooter darf eine solch unausgegorene Steuerung heutzutage einfach nicht mehr vorkommen - allein hierfür gibt's einen kompletten Stern Abzug in der Endwertung. Wenn man die Kampagne der Na'vi spielt und gerade mal wieder mit dem Drachen gegen etliche Felswände kracht, stürzt der Spielspaß mindestens genauso schnell in die Tiefe wie das vierflügelige Vieh.
Der einzig durchweg positive Aspekt des Titels ist seine Optik. Denn der Dschungel von Pandora ist einfach wunderschön anzuschauen, vielfältig und bei Nacht sogar noch interessanter als am Tage. Mutet der Urwald schon im Hellen fremdartig an, verwandelt er sich bei Nacht in einen bioluminiszenten, prachtvollen Garten voll leuchtender Pflanzen und Tiere. Eine einzigartige Welt, die zwar immer erkennen lässt, wo die Anleihen zur irdischen Fauna und Flora versteckt sind, aber doch so andersartig ist, dass man beim Anblick schon mal ins Staunen geraten kann.
Hier fährt der Titel alles auf, was in ihm steckt, und präsentiert sich von seiner besten Seite. Schade zwar, dass die Welt nicht wirklich offen begehbar ist, sondern aus verwundenen Schläuchen besteht, aber in Anbetracht der grandiosen Einfälle und Ideen bei der Dschungelgestaltung vermisst man das nicht sonderlich. So wunderschön die Grafik auch meist ist, technisch befindet sie sich nicht auf dem aktuellen Stand, und die Zwischensequenzen werden von einem unschönen Ruckeln gestört. Doch allein das freie Herumlaufen im nächtlichen Urwald dürfte für viele Fans des Films ausreichend sein, um an dem Titel ihre wahre Freude zu haben.
"Avatar: The Game" ist im Großen und Ganzen nichts als eine weitere einfallslose Portierung eines Blockbusters und nur für jene zu empfehlen, die den Film gesehen haben und ihn lieben. Wer keine Story benötigt, sich mit der unpräzisen Steuerung abfinden kann oder einfach nur den atemberaubenden Dschungel genießen will, wird hier auf seine Kosten kommen. Alle anderen sollten den Titel lieber erst einmal aus der Videothek holen und zwei, drei Stunden anspielen; denn wer lediglich einen guten Shooter sucht: Da gibt es weit bessere Alternativen auf dem Markt.