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Die Erde im Jahr 2054: Eine Revolution der virtuellen Realität und Robotik haben zu einer Erfindung geführt, die zu einer enormen Umwälzung der menschlichen Gesellschaft geführt hat. Die Surrogaten - menschenähnliche Roboter - ermöglichen es den Menschen, zu Hause in ihren sicheren vier Wänden zu bleiben, während ihr elektronisches Alter Ego für sie zur Arbeit geht oder buchstäblichen „Safer Sex“ hat. Viele Menschen verlassen ihre Wohnung gar nicht mehr und erleben die Welt nur noch über ihre Surrogate; manche Ehepaare verkehren sogar nur noch durch ihre elektronischen Pendants.
Eine schöne neue Welt: Rasse, Aussehen, Geschlecht und Alter spielen keine Rolle mehr; Körperverletzung ist nur noch Sachbeschädigung; überhaupt gibt es kaum noch Verbrechen. Die Polizei hat die Surrogaten-Technik schnell für sich genutzt, kein Polizist muss mehr um sein eigenes Leben fürchten. Vor vielen Jahren gab es mal einen Anti-Surrogaten-Aufstand, dieser wurde aber dadurch beigelegt, dass den Anhängern des so genannten Propheten das Dread-Reservat zugesprochen wurde, in dem Surrogate verboten sind.
Doch dann geschehen „Morde“ in der Stadt, Surrogate werden zerstört. Die Polizeibeamten Harvey Greer und Pete Ford werden mit der Lösung des Falles beauftragt und müssen schnell erfahren, dass dieser Fall der größte ihrer Karriere wird. Denn ein Technoterrorist scheint zu planen, die Surrogat-Technologie zu zerstören und er verfügt über beeindruckende technische Möglichkeiten. Die Zeit drängt, denn auch der Prophet wird umgebracht und seine Anhänger bereiten einen Sturm auf die Stadt vor …
Eine Verfilmung von "The Surrogates" kam 2009 in die Kinos, wobei Bruce Willis die Rolle von Harvey Greer inne hat, Regie führte Jonathan Mostow (Terminator 3).
Das dicke Hardcover kommt mit diversen Extras daher: Interview, Deleted Scene, Erklärung des Produktionsprozesses, Skizzen und mehr. Bände mit rotem Cover gehören zur Variant-Cover-Edition, davon gab es zusätzlich eine auf 333 Stück limitierte signierte Version ohne ISBN-Nummer. Das Cover der neuen Auflage sieht anders aus und orientiert sich stilistisch mehr am Film, eine Papierbanderole mit dem Konterfei von Bruce Willis ist nicht fest mit dem Band verbunden.
„The Surrogates“ hat inhaltlich einiges zu bieten, Robert Vendetti hat ein beklemmendes neues SF-Setting geschaffen. Wenn man sieht, wie sich Greers Frau weigert, mit ihm – in jedweder Form – zu verkehren, weil sie ihren realen Körper für zu alt und hässlich hält, dann merkt man schnell, welche gesellschaftlichen und philosophischen Fragen durch die Surrogaten aufgeworfen werden. Diese waren eigentlich als ferngesteuerte Ganzkörperprothese für kranke Menschen gedacht, aber die herstellende Firma hat schnell gemerkt, dass der potentielle Käuferkreis viel größer ist. Mehr Käufer bedeuten mehr Umsatz bedeutet mehr Gewinn, also machte man auch den Gesunden klar, warum sie ohne Surrogaten nicht mehr auskommen können.
Das Setting wird geschickt auch über fiktive Werbeanzeigen für Surrogate und Interviews erzählt, was dem Band eine weitere Tiefe gibt. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. So genial das eigentliche Setting auch ist, die Handlung wird etwas spannungsarm erzählt und wirkt abseits vom eigentlichen Setting nicht immer bis zum Ende durchdacht. Der Operator eines Surrogaten kann die Gefühlsverbindung zum Beispiel bei einer Vergewaltigung kappen. Es ist ja auch nachvollziehbar, dass der Operator selbst entscheiden kann, welche Eindrücke er zulassen möchte. Andererseits spielen so genannte Screamer eine wichtige Rolle, eine Art Lärm-Betäubungs-Granate für Surrogate; wobei sich die Polizei davon sogar im Kampf gegen den mysteriösen Mörder etwas verspricht. Es wird aber nie erwähnt, dass Virtual Self Incorporated (VSI) der Polizei zugesteht, den Operatoren den Lärm auf zu zwingen.
Die zeichnerische Umsetzung durch Brett Weldele ist sehr speziell und der Stil meist sehr minimalistisch, ein Blick in den Band vor dem Kauf kann nicht schaden. Die Szenen sind durch farbliche Markierungen unterscheidbar, was das Verfolgen des Handlungsverlaufs erleichtert.
Das Bonusmaterial hat einiges zu bieten, so zum Beispiel eine Erklärung, wie eine Rohzeichnung in den druckfähigen Zustand kommt. Eine „Deleted Scene“ bei Comics ist außerdem sehr außergewöhnlich.
„The Surrogates“ ist prinzipiell eine Empfehlung für jeden Freund intelligenter SF-Comics, er bietet eine einfallsreiche Handlung und wird zum Teil interessant erzählt. Leider ist er nicht durchgängig durchdacht und spannend, dazu kommt der etwas arg spezielle Zeichenstil. Aber der Band wirft viele Fragen auf und sollte schon alleine dafür und für das viele Bonusmaterial gewürdigt werden.