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Charlotte Hansen, dreißig und mit einem Traum von einem Liebhaber bestückt, entdeckt in sich ungewohnte Gefühle. Sie möchte mehr als diesen Liebhaber als Liebhaber - sie möchte ihn als Freund. Der Liebhaber, Frank Vanholten, ist gute achtzehn Jahre älter, verheiratet und reich. Und er will sich nicht scheiden lassen. Wegen seiner Tochter. Svenja, Charlottes beste Freundin, stichelt über diese neuen Gefühle. Von nahem besehen offenbarten sich sowieso alle Männer als Langweiler, behauptet sie. Charlotte solle beim Affärendasein bleiben. Charlotte hat auch eine Mutter und die weiß noch ganz andere Sprüche für diesen Zustand ihrer Tochter.
Noch eine andere Sache plagt Charlotte: Sie möchte unbedingt Journalistin werden. Doch der Vertrag, den sie bei einem namhaften Verlag unterschreibt, entpuppt sich als eine Stelle für gehobenes Kaffeekochen. Schließlich gibt es da noch Henry. Henry ist an sich recht einfach zu Handhaben. Das liegt vermutlich daran, dass er ein Pferd ist. Diesen reitet die Protagonistin, wenn die Besitzer keine Zeit für ihn haben, was fast ständig passiert. Wäre nicht der völlig arrogante Tierarzt Wagner häufig im Pferdestall, wäre Henry ein wirklicher Lichtblick für die junge Frau.
So weit das Ausgangsszenario. Was dann passiert, schildert die Autorin in einer rasanten Kette von Ereignissen. Eines Tages steht Charlottes Liebhaber Frank vor ihrer Tür und möchte bei ihr einziehen. Das ist etwas überstürzt, findet Charlotte, aber eigentlich genau das, was sie wollte. Sogar mit ihrer Mutter verträgt sich der neugebackene Freund hervorragend. Und doch beschleichen sie Zweifel. Nach und nach bilden sich in der Fassade des tollen Kerls die ersten Risse. Ein seltsames Zusammentreffen der beiden mit dem Tierarzt Wagner endet mit der Erkenntnis, dass Frank Vanholten nur eingeheirateter Vanholten ist und eigentlich Müller heißt. Und damit kommt die Ernüchterung, dass der Familienbesitz der Vanholtens nicht ihm, sondern seiner Frau gehört und er nicht nur bald unverheiratet, sondern auch arbeits- und mittellos ist.
Doch das ist nur die erste Enthüllung. Svenja überredet Charlotte zum Detektiv-Spielen. Immer mehr blättert der schöne Lack von dem Traummann ab, bis nur noch ein Gedanke in Charlottes Kopf herumschwirrt: Wie werde ich ihn wieder los? Und wer soll eigentlich für das Happy-End sorgen, das bei solchen Romanen Pflichtprogramm ist (sofern die Autorin das zulässt)?
Zugegeben ist das Thema nicht neu. Man kann es in hunderten Freche-Frauen-Romanen entdecken. Doch dieser Roman ist kein Freche-Frauen-Roman. Das liegt nicht nur daran, dass Henrike Heiland hervorragend und sehr charmant schreiben kann. Sie verkauft uns auch eine Geschichte als realistisch, die erst bei sehr genauem Hinsehen bemerken lässt, dass sie konstruiert ist. Und genau das macht eine gute Geschichte aus.
Auch die Witze, die Heiland in die Geschichte setzt, kommen wie beiläufig daher. Genau so ist es passiert, denkt man sich, und lacht sich halbtot über die skurrilen und absurden Begegnungen, die jedesmal wieder den Ereignissen eine völlig neue Wendung geben. Vor allem wiederholen sich die Witze nicht, sind nicht peinlich sexualisiert oder peinlich gezwungen, und manche dieser komischen Situationen haben etwas tief Tragisches.
Und damit sind wir beim dritten Pluspunkt dieses Romans. Die Autorin kann hervorragend Charaktere zeichnen. So wie man glaubt, dass diese Geschichte wirklich hätte passieren können, so glaubt man den Figuren sofort, dass sie wirklich irgendwo auf der Welt so existieren.
Witzig und gut geschrieben, und vielleicht auch gerade deshalb empfehlenswert, weil der Roman es irgendwie schafft, intelligent und trotzdem ohne philosophische Tiefe zu sein. Es gibt viele hervorragende Romane in der deutschen Literatur, die man eher empfehlen kann. Wer sich allerdings einfach ein Lesevergnügen gönnen und von den Geschmacksverirrungen moderner Unterhaltungsliteratur erholen möchte, dem sei Henrike Heiland wärmstens empfohlen. Denn so und nicht anders muss moderne Unterhaltungsliteratur sein.