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Mittlerweile hat die Neuauflage der Serie "Battlestar Galactica" ein (unbefriedigendes) Ende gefunden. Das Brettspiel zu der erfolgreichen Show "endet" jedoch bereits zu Beginn der zweiten Staffel – meistens schon wesentlich früher, weil die Menschheit angesichts der Zylonen-Übermacht überdurchschnittlich häufig untergeht. Die neue "Pegasus"-Erweiterung ist sozusagen die zweite Staffel des Brettspiels, die viele Plot-Elemente der Serie bis zum Beginn der dritten Staffel aufgreift.
Am Grundprinzip des semi-kooperativen Spiels, in dem alle Spieler gegen das Spiel antreten, einige jedoch getarnte Zylonen sind, ändert sich nichts. Dem Überlebenskampf der Galactica steht nun jedoch auch der Kampfstern Pegasus beiseite, der mit einem neuen, kleinen Spielbrett zusätzlich ausgelegt wird und den Menschen im Kampf gegen die Zylonen neue Möglichkeiten eröffnet. Zusammen mit der Pegasus kommen natürlich auch neue Charaktere, darunter beispielsweise die erbarmungslose Admiralin Helena Cain oder die intrigante Ellen Tigh. Neue Fertigkeits-, Krisen- und Quorum-Karten verstehen sich bei einer Erweiterung von Fantasy Flight Games natürlich von selbst.
Die beiden größten Neuerungen stellen die Zylonen-Führer und das alternative Ende des Spiels auf Neu Caprica dar. Letzteres verringert die Distanz, die die menschliche Flotte springen muss, auf Sieben. Dann ist das Spiel für die Menschen jedoch noch nicht gewonnen. Stattdessen beginnt die zu Beginn von Staffel 3 der Serie gezeigte Unterdrückung der Menschheit durch die Zylonen auf Neu Caprica. Um das Spiel zu gewinnen, müssen die Menschen nun alle ihre verbliebenen Zivilschiffe zur Evakuierung vorbereiten und warten, bis die Galactica wieder in den Orbit des Planeten springt, um dann die Flotte zusammen zu führen und den Zylonen zu entkommen. Im Spiel wird dies durch einen weiteren, neuen Spielplan verdeutlicht, auf dem sowohl enttarnte Zylonen als auch Menschen agieren. Während letztere in aller Hast ihre Flucht vorbereiten – schließlich wurden sie durch das bisherige Spiel in ihren Ressourcen bereits deutlich geschwächt –, versuchen die Zylonen dieses Vorhaben mit Besatzungstruppen zu verhindern. Sobald die Galactica nach einem Sprungzyklus wieder erscheint, geht die Partie einem Crescendo zu, denn irgendwann muss der Admiral der Flotte den Abflug befehlen. Doch alle noch auf Neu Caprica verbliebenen Menschen und Zivilschiffe werden dann zerstört – und kann die Moral und die schwindende Bevölkerung der Menschheit das wirklich noch verkraften?
Das Finale auf Neu Caprica ist wirklich gut gelungen. Zwar verlängert es das ohnehin schon lange Spiel nochmals um ungefähr eine halbe Stunde, doch dafür bringt es einen ordentlichen Schwung Abwechslung und sorgt für ein paar intensive letzte Spielzüge. Mehrmals hing im Test der Ausgang einer Partie ausschließlich daran, ob das falsche Zivilschiff zerstört wird und die Ressourcen der Menschen doch noch im letzten Moment ausgehen. Außerdem wird der Druck auf den Admiral während der Partie erhöht – schließlich kann es sich die Menschheit nun gar nicht mehr leisten, auf dieser Position einen getarnten Zylonen sitzen zu haben.
Leider funktionieren nicht alle Elemente der Erweiterung so gut wie Neu Caprica. Die Zylonen-Führer beispielsweise hören sich auf dem Papier nach einer spannenden Neuerung an, stellen sich aber bestenfalls als zweischneidiges Schwert heraus. Ein Spieler kann zu Beginn der Partie wählen, ob er einen der drei Zylonen-Führer spielen möchte. Bei ihm ist dann von Anfang an klar, dass er ein Toaster ist – unklar ist jedoch sein anfangs zufällig bestimmter Geheimauftrag, denn er muss einer Seite zum Sieg verhelfen und noch ein weiteres Ziel erfüllen. Beispielsweise kann es sein, dass er den Menschen zum Sieg verhelfen muss, alle ihre Ressourcen jedoch auf Drei oder weniger stehen müssen. Oder er gewinnt zusammen mit den Zylonen, aber nur, wenn die Galactica höchstens zweimal beschädigt wurde. Dafür darf er sich einerseits wie ein ganz normaler Toaster verhalten und die Menschen mit Krisen und Flotten beharken, aber auch die Flotte "infiltrieren" und dort wie ein menschlicher Spieler agieren und seine eigenen Ziele verfolgen. Das hat zwei Probleme. Einerseits sind die Zielkarten des Zylonen-Führers grob unausbalanciert. Das eine Ziel ist lächerlich einfach, das nächste schier unmöglich. Vor allem aber geht diese Figur gegen das Spielprinzip von "Battlestar Galactica", das seinen Reiz aus den Anschuldigungen und Verdächtigungen erzielt, wer denn nun ein verdeckter Zylon sein könnte. Die Hoffnung beim Zylonen-Führer ist nun, dass bis zum Schluss gerätselt wird, wessen Seite er eigentlich helfen muss. Bis zum Schluss ist diese Offenbarung jedoch ziemlich egal, denn die allermeisten Aufträge, die einen Sieg mit den Menschen erringen, erfordern es, dass diese dafür jede Menge Ressourcen verlieren. Die Menschen werden den Anführer also in ihren Diskussionen und Spielhandlungen meistens schlichtweg ignorieren. Der Zylonen-Führer spielt dagegen einfach so vor sich hin, in der Hoffnung, das eigene Ziel zu erfüllen und das Zünglein an der Waage für die richtige Seite zu sein. Das ist zwar fordernd, aber nicht wirklich spannend. Die Rolle soll als Ersatz für den halbherzigen Zylon-Sympathisanten aus dem Grundspiel dienen – da ist die Variante des Regelbuchs, in der der Zylonen-Führer erst zur Hälfte des Spiels eingeführt wird, sinnvoller.
Ebenso eine leichte Enttäuschung: die Exekutionen. Über bestimme Karten oder die Luftschleuse der Pegasus kann man nun Charaktere, die unter Verdacht stehen, ein Zylon zu sein, eliminieren. Das ist mit einem gewissen Risiko verbunden: Hat man einen menschlichen Spieler exekutiert, so besteht zwar Gewissheit über seine Loyalität (er zieht danach einen neuen Charakter), allerdings geht dies auf Kosten der Ressource Moral. Wird dagegen ein Zylon exekutiert, hat dieser es weitaus schwerer, der menschlichen Flotte von außerhalb zu schaden. Auch das geht gegen das Prinzip des Grundspiels, wo man Verdächtige nur einbuchten konnte und bis zu deren Enttarnung nie hundertprozentig klar war, auf welcher Seite sie nun wirklich standen. Die Brig wird man bei der Erweiterung jedoch kaum mehr brauchen, denn das Risiko, einen Punkt Moral zu verlieren, nimmt man meistens in Kauf. Das führt dann zu absurden Situationen, in denen ein Spieler sich bereitwillig exekutieren lässt, um Sicherheit über die eigene Zugehörigkeit zu schaffen.
Die letzte Neuerung sind die Verratskarten, eine neue Farbe der Fähigkeitskarten, die allerdings für die Zylonen arbeitet. Sie blockieren die Kartenhände der Menschen, stören Fertigkeits-Checks und können von enttarnten Zylonen für unangenehme Effekte eingesetzt werden. Beispielsweise können sich die Menschen einen Bonus für schwierige Fertigkeits-Checks schaffen. Wenn so einem "waghalsigen" Check jedoch eine passende Verratskarte beiliegt, kann das üble Folgen haben. In der Praxis kommt das selten vor, weil die potentiellen Nachteile die Vorteile überwiegen.
Die "Pegasus"-Erweiterung hat einige interessante Ideen, von denen jedoch nur die Neu Caprica-Variante das Spiel entschieden aufwertet. Insgesamt mildert "Pegasus" das Spiel für die Menschen ein wenig ab und sorgt deswegen für ausgeglichenere und spannendere Partien. Das macht diese Erweiterung vor allem für Gruppen interessant, die bisher der Meinung waren, die Menschen hätten kaum eine Chance. Die anderen Elemente nehmen dem Spiel jedoch genauso viel, wie sie ihm geben. Zylonen-Führer und Exekutionen machen eine Partie "Battlestar Galactica" weder viel spannender noch abwechslungsreicher und sind damit nicht essentiell für das Spiel. Die Verratskarten sind spielerisch durchaus sinnvoll, die Plastik-Basissterne eine nette Dreingabe. Alles in Allem ist diese Erweiterung jedoch selbst für Fans von "Battlestar Galactica" kein Muss. Der spaßige Kern des Spiels aus Anschuldigungen, Verrat und Lügen bleibt durch die neuen Elemente nämlich völlig unangetastet.