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Der gute, alte Rollenspieldungeon ist ein wenig außer Mode gekommen - auch und gerade im Post-Borborad-DSA ("Das Schwarze Auge"), Deutschlands erfolgreichstem Rollenspiel. Veteranen werden sich zwar noch an Silvanas Befreiung erinnern, jenem legendären Abenteuer aus der Basisbox, in der ein solches Kellersystem durchforstet werden musste. Im "modernen" DSA sind solche Dungeonabenteuer eher selten zu finden.
Dafür wagt sich die Redaktion unter der Leitung von Tobias Hamelmann an ein Quellenbuch zu diesem Thema. Auf 192 Seiten erfährt der Leser alles, aber auch wirklich alles über die "Katakomben und Kavernen" (so der Titel des Dungeonbuchs) von Aventurien. Nach einigen allgemeinen Ausführungen zum Thema und zur Spielatmosphäre in Kellergängen wird der DSA-typische Dungeon definiert und seine verschiedenen Ausformungen vorgestellt. Denn natürlich ist es ein Unterschied, ob sich die Heldengruppe in ein natürliches Höhlensystem, eine verlassene Anlage, eine Mine oder ein magisches Gewölbe verirrt.
Richtig in die Vollen gehen Hamelmann und sein Coautoren, wenn es um die typischen Elemente eines Dungeons geht: Fallen und Rätsel, Labyrinthe und Sackgassen, Geheimgänge und prall gefüllte Schatztruhen ... all dies wird in kurzen Abschnitten abgehandelt und mit ein paar Beispielen unterfüttert. Ein paar mehr hätten es allerdings durchaus sein dürfen.
Ein weiteres Kapitel ist schließlich den Begegnungen im Dungeon gewidmet. Die Fauna und Flora unter der Erde hält dabei für alte DSA-Kenner wenige Überraschungen bereit: Riesenamöben und Klammermoloche, Große Schröter und schleimige Morfus kennt man seit der ersten Edition. Immerhin, auch eine Handvoll neuer Kreaturen wird eingeführt, von der Hirnschecke bis zur Steinspinne. Hinzu kommen einige Heil- und Giftpflanzen (beziehungsweise -moose und -pilze), die unterirdisch gedeihen. Bei den kulturschaffenden Völkern wiederum tummeln sich Grolme, Tiefzwerge, Wühlschrate und Arachnide, die in kurzen Abschnitten vorgestellt werden. Hinzu kommt eine Liste archetypischer Begegnungen unter Tage, um die Dramaturgie eines Dungeons zu stützen. Und als letzter Teil des Kapitels wird das Handwerkszeug des Dungeonerforschers vorgestellt - sehr schön auf unterschiedliche Bedürfnisse zugeschnitten, etwa für Diebe und Heimlichtuer sowie für Magier und Kämpen. Sogar ein paar Seiten zum unterirdischen Magieeinsatz finden sich hier - prima!
Ab Seite 137 folgen dann exemplarische Beispiele für Höhlen und Kavernen, die teilweise aus älteren Abenteuern stammen. Ob die Answinisten-Kerker auf Rulat, die Bärenhöhle von Pervin oder die Goblinsiedlung Narai Keeva Laach - es ist ein gelungenes Wiedersehen, das jeweils mit Kartenmaterial präsentiert wird. Auch ein Kanalsystem, eine echsische Pyramide und eine verlassene Mine stehen zum Bespielen bereit. Freilich sind die Beschreibungen ingesamt knapp geraten, und wer tatsächlich einen der Dungeons benutzen will, muss sicher noch einiges an Arbeit investieren. Doch das Buch weckt Lust, genau dieses zu tun ... ein gutes Zeichen.
Nach ein paar Persönlichkeiten, die sich in Dungeonabenteuern einsetzen lassen, folgt eine Aufzählung möglicher (lohnender) Erkundungsziele für Dungeonforscher. Dieser Abschnitt ist für Spielleiter eine wahre Fundgrube, wenn sie einen guten Aufhänger für ihren eigenen Dungeon suchen. Wer würde nicht gerne Corumbra, die goldene Stadt der Grolme, wiederentdecken? Oder sich in das Labyrinth unter dem Al'Anfanischen Silberberg begeben? Da möchte man am liebsten gleich selbst den Rucksack schnüren ...
Die Anhänge helfen dann beim Ausschmücken des eigenen Dungeons. Der "10-Minuten-Dungeon" mit Würfeltabelle ist zwar nur eine Spielerei, ermuntert aber zum weiteren Austüfteln der Gänge und weist in die richtige Richtung. Hinzu kommen üppige Begegnungstabellen, eine Zufallstabelle für Schätze (leider nicht allzu einfallsreich) und auf zwei prallen Seiten Bücher-, Spiel- und Filmtipps für jene, die noch mehr Inspiration brauchen. Ein vollwertiges System zum Dungeonbasteln ist das nicht - aber die Ansätze gefallen, und die Autoren haben sich hier wirklich Mühe gegeben, Spielleiter zum kreativen Eigenbau zu animieren.
Somit erfüllt "Katakomben und Kavernen" seine Aufgabe erstaunlich gut, auch wenn man sich zweifellos mehr Karten, Monster, magische Gegenstände und Fallen gewünscht hätte. Das Buch verfolgt hier einen anderen Ansatz, es sieht sich mehr als Ideensammlung. Vor allem kreative Spielleiter werden hier sehr viele Anregungen finden.