Gesamt |
|
Action | |
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Brutalität | |
Extras | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Ton | |
Südafrika, Land der Gegensätze: Bezaubernde Naturschönheit trifft hier auf allgegenwärtige zwischenmenschliche Gewalt, übermächtige Geschichte begegnet am Beginn des 21. Jahrhunderts einer hoffnungsvollen Aufbruchsstimmung. Pünktlich zur WM 2010, in der das Land am Kap der guten Hoffnung in den Blick der Weltöffentlichkeit gerückt wird, bringt Alamode Film ein hochkarätiges Drama auf DVD, das als Momentaufnahme Südafrikas nach dem Ende der Apartheid zu verstehen ist: „Schande“, die Verfilmung des vielgelobten Romans „Disgrace“ von Literaturnobelpreisträger J. M. Coetzee.
Der Protagonist der Geschichte ist der Literaturprofessor David Lurie (gespielt von John Malkovich), der nach einer verhängnisvollen Affäre mit einer Studentin seinen Job in Kapstadt verliert. Er zieht zu seiner Tochter Lucy (Jessica Haines) aufs Land, die inmitten einer idyllischen Berglandschaft eine kleine Farm bewirtschaftet. Für eine kurze Zeit genießen Vater und Tochter das Leben fernab von den alltäglichen Problemen, die Südafrika auch Jahre nach dem Ende der Apartheid noch fest in ihrem Griff halten. Doch der Friede währt nicht lange: Schnell erkennt Lurie, dass die tiefen Gräben, die die Vergangenheit zwischen die Menschen gerissen hat, sich auch abseits von den großen Städten ihren Weg durch das Land pflügen. Als ein schreckliches Ereignis die Beziehung zwischen Vater und Tochter erschüttert, muss der gealterte Casanova seine festgefahrenen Ansichten neu bewerten – und womöglich von Grund auf neu anfangen …
Südafrikas literarischer Chronist J. M. Coetzee schreibt keine seichten Bücher: Wie seine anderen Werke ist auch „Schande“ ein bedeutungsvolles Drama, dessen eindrucksvolle Symbolik und Metaphorik zwar überdeutlich zu spüren, aber nicht leicht greif- und erklärbar sind. Steve Jacobs’ Verfilmung des Stoffs trägt Coetzees Bildhaftigkeit Rechnung, wobei er glücklicherweise die Vieldeutigkeit unangetastet lässt: Vieles bleibt im Vagen, die Konflikte oft unausgesprochen, die Atmosphäre wie ein düsterer Schatten über faszinierenden Landschaften und glaubhaften Charakteren, die alle in irgendeiner Weise ihr Päckchen zu tragen haben. Coetzees oft beunruhigend nüchterne Sprache spiegelt sich in Jacobs’ unaufgeregter Inszenierung wider, die in vielen Momenten provozierend sachlich die Unausweichlichkeit der dramatischen Geschehnisse bebildert. Malkovich spielt seinen Charakter mit aller gebotenen Zurückhaltung und zeichnet sich einmal mehr durch eine großartige Leistung aus, die man von einem Schauspieler seiner Klasse gewohnt ist.
Sicher ist „Schande“ kein Film für jedermann: Wem einfache Antworten lieber sind als die parabelhafte Aufarbeitung einer komplexen Realität, dem sei von diesem vielschichtigen Werk abgeraten. Denkfreudige Zeitgenossen, die dunkle Stellen durch eigene Interpretationen füllen können und wollen, werden hiermit jedoch eine zweistündige Reise in ein widersprüchliches Land erleben, die lange nachhallt und Diskussionen geradezu herausfordert.
Technisch gibt es an der DVD – wie bei den meisten Alamode-Veröffentlichungen – nichts zu mäkeln: Der Ton ist sauber abgemischt, das Bild höchstens an Stellen unscharf, an denen das so gewollt ist. Die Extras taugen dagegen nicht viel – die B-Roll und die kurze „Behind the Scenes“-Featurette langweilen mit größtenteils unkommentierten Set-Eindrücken, die Interviews wirken unmotiviert und bieten als Informationsgehalt wenig mehr als das übliche „Alle waren so toll am Set“-Gebabbel.