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England, Ende des 19. Jahrhunderts. Dr. Edward Courtine besucht kurz vor Weihnachten einen alten College-Freund, Austin Fickling, in Thurchester, einem kleinen Städtchen mit interessanter historischer Vergangenheit. Er hofft nicht nur, die verstaubte Freundschaft, über die in der Vergangenheit ein dunkler Schatten gefallen ist, neu aufleben zu lassen, er hat auch vor, sich die wunderschöne Kathedrale der Stadt anzusehen und in der Bibliothek des Dekanats nach alten Manuskripten zu stöbern. Der Historiker sucht nach Antworten auf unzureichend geklärte Ereignisse, die sich im neunten Jahrhundert in Thurchester abgespielt haben; dabei geht es um König Alfred und die Belagerung der Stadt. Courtine sucht nach Beweisen, die seine Theorien bezüglich der Geschichte bekräftigen sollen. Findet er hier die Lösung, so winkt ihm eine gutbezahlte Anstellung am College von Cambridge. Und auch Geschehnisse aus dem 17. Jahrhundert - zum Beispiel die Ermordung eines Dekans der Stadt - ziehen Courtines Aufmerksamkeit auf sich. Ebenso stellen sich scheinbar banale Begebenheiten um eine einstmalige Restaurierung der Kathedrale als aufregend heraus, als bei gegenwärtigen Renovierungsarbeiten die Leiche eines bei lebendigem Leibe eingemauerten Mannes gefunden wird.
Courtine ist begeistert von der Fülle an historischem Material und stürzt sich in die Arbeit. Doch nur zu schnell stellen sich die ersten Probleme ein. Die Freundschaft zu seinem ehemaligen Kommilitonen ist zerrütteter, als er sich eingestehen will, und auch bei der Suche nach Beweisen für seine Theorien muss er Rückschläge einstecken. Da kommt die freundliche Einladung eines alten Mannes, Mr. Stonex mit Namen, zum Tee gerade recht. Denn dieser bewohnt nicht nur das ehemalige Dekanatshaus der Stadt, in dem der ermordete Dekan gelebt hatte, eine Marmortafel am Haus birgt auch Hinweise zu den mysteriösen Ereignissen, die sich damals bei der Restaurierung der Kathedrale abgespielt haben müssen. Sie hängt also irgendwie mit der gefundenen Leiche zusammen. Courtine fasst im Laufe des Besuchs, den er gemeinsam mit Fickling absolviert, neuen Mut. Doch dann erreicht ihn die grausige Nachricht von der Ermordung des alten Mannes keine Stunde nach Beendigung des Besuchs. Was mag in dieser kurzen Zeit geschehen sein? Courtine will der Sache auf den Grund gehen, solange er noch in der Stadt weilt, denn am Weihnachtstag will er weiter zu Verwandten reisen. Wie so oft aber kristallisiert sich langsam heraus, dass der Schein manchmal trügt. Und so wartet auf Courtine während seines Aufenthalts noch so manche überraschende Entdeckung.
Der Aufbau hebt das Buch zunächst etwas von der Konkurrenz ab. Der Herausgeber eines - fiktiven - Buches stellt den Bericht eines College-Lehrers vor und fügt nach diesem noch Anmerkungen hinzu, die jegliche übrig gebliebenen Fragen, die sich aus dem Bericht ergaben, lösen sollen.
Die Rahmenhandlung ist anfangs etwas verwirrend, da der Leser noch keinen Einblick in das eigentliche Thema der Geschichte hat. Doch mit Einsetzen der eigentlichen Handlung in dem Bericht schwindet die Verwirrung nicht wirklich. Viele Namen machen es nicht leicht, der Geschichte zu folgen - zum Glück gibt es am Ende des Buches ein Personenregister, das man jedoch nicht voreilig lesen sollte, da wenigstens zwei Einträge zuviel Einblick in die weitere Handlung geben. Nicht nur die große Zahl der Personen sorgt für Durcheinander, auch die parallele Behandlung dreier Geschehnisse zu verschiedenen Zeiten und dazu noch die inhaltliche Verknüpfung jener drei tragen zur Verwirrung bei. Auch die Frage "Worum geht es denn nun eigentlich?" stellt sich irgendwann, denn der rote Faden ist schwer erkennbar und kristallisiert sich selbst mit fortgeschrittener Seitenzahl nicht eindeutig heraus.
Die Charaktere wissen nicht immer so recht zu überzeugen. Handlungen und Intentionen der Figuren bleiben manchmal auf der Strecke, nicht immer ist klar, was die Beweggründe sind, warum diese Person nun jenes sagt oder dieses tut. Was anfangs mysteriös anmutet, ermüdet nach einiger Zeit, und man akzeptiert die Gegebenheiten, ohne sie weiter zu hinterfragen.
Die Story an sich ist recht gut und bietet einem so manchen Einblick in die englische Geschichte, auch wenn es eher die Intention des Autors war, eine nette Kriminalgeschichte mit historischen Elementen zu erzählen. Sehr stimmungsvoll ist dabei die Einheit von Inhalt und Form, denn der Roman ist in einem wunderbar altmodischen Stil geschrieben und entwickelt dadurch sogar mit der Unmenge an Namen und den drei durcheinander erzählten Geschichten einen eigenen Charme. Das ist eine tolle Stärke des Buches, nimmt dem Roman aber gleichzeitig ein gewisses Maß an Spannung.
Sieht man von kleinen Mängeln im Lektorat - damit ist nicht die alte Rechtschreibung gemeint - und den angesprochenen negativen Aspekten ab, bekommt der Leser nette Unterhaltung geboten. Vor allem der nostalgische Stil und der interessante Aufbau, nämlich das Buch im Buch, retten das Lesevergnügen.