Eigentlich hatte Kaylin gedacht, die Kolonien und vor allem das Viertel Nightshade mit seinen bösen Erinnerungen seit sieben Jahren hinter sich gelassen zu haben, doch nun waren sie wieder da und mit ihnen auch Severn. Kaylin hatte nie verarbeitet, was zwischen ihnen vorgefallen war, aber obwohl sie ihn am liebsten umgebracht hätte, musste sich Kaylin dem Hier und Jetzt widmen. Hier war vor der Falkenlord, der obersten Hüter von Ordnung und Sicherheit, und jetzt war eines dieser Déjà-vus, auf die man am liebsten verzichtet, da sie ein einziger Alptraum sind. Bevor Kaylin Nightshade den Rücken gekehrt hatte, waren dort eine ganze Reihe von brutalen Opfermorden vorgefallen und die Opfer hatten alle rätselhafte Zeichen auf Armen und Beinen. Was allerdings nur die wenigsten wissen: Zu selben Zeit erschienen auch auf Kaylins Armen und Beinen solche Zeichen, doch auch jetzt, sieben Jahre später, erfreut sich Kaylin bester Gesundheit. Und nun sind sie wieder da – Kinder mit rätselhaften Zeichen, die die ganze Kolonie in Angst und Schrecken versetzen, da niemand weiß, wer das nächste Opfer sein könnte, und dabei ist das Leben in den Kolonien schon schlimm genug. Da Kaylin und Severn schon damals in die merkwürdigen Ereignisse verwickelt waren, werden sie gemeinsam mit einem Drachen in Menschengestalt ausgesendet, um den Rätseln und, was noch viel wichtiger ist, den Morden ein Ende zu setzen.

"Kaylin und das Reich des Schattens" ist der Auftaktroman von Michelle Sagaras "Elantra-Chroniken", der schon 2005 im Englischen das Licht der Welt erblickte. Auch ist "Kaylin und das Reich des Schattens" nicht Michelle Sagaras erstes Werk, jedoch das erste, welches es in den deutschen Büchermarkt geschafft hat.
Die Handlung scheint denkbar einfach – mysteriöse Morde müssen aufgeklärt werden, um potenziell Schlimmeres als diese Morde zu verhindern. Doch worauf in der Inhaltsangabe nicht eingegangen werden konnte, ist die faszinierende mystische Welt, in die man versetzt wird. Schauplatz scheint eine einzige riesige Stadt zu sein, in der drei verschiedene Ordnungsvereinigungen versuchen, für Recht und Ordnung zu sorgen, doch selbst sie haben keinen Einfluss auf die Kolonie-Bezirke, die von ihren eigenen mysteriösen Lords regiert werden.
Und da sind ja auch noch die Akteure; Menschen, Vogel- und Wildkatzenmenschen und sogar Drachen bevölkern diese ungewöhnliche Stadt.
Doch selbst nach der Lektüre von "Kaylin und das Reich des Schattens" ist der Leser kaum klüger als zuvor – Autorin Michelle Sagara gibt oft nur sehr dezente Phantasie-Anleitungen, was ihre Wesen angeht, und anscheinend verrät sie auch nur das Nötigste über ihre Welt, die so ständig etwas Mystisches behält. Vereinfacht wird dieses auch nicht durch den Schreibstil der Autorin, der dem Leser mehr abverlangt, als man es von einem Buch dieser Kategorie erwarten würde. Aber vielleicht macht auch gerade das den Charme des Buches mit aus, das trotz eines relativ einfachen Grundkonzepts den Leser zu fesseln weiß durch seine vielen kleinen mystischen Puzzelteile, deren Zusammensetzung man sich durchaus erarbeiten muss.

Auf jeden Fall macht "Kaylin und das Reich des Schattens" Lust auf mehr – es ist eine gänzlich andere Welt, die auf den Leser wartet und sich durch die Plotzusammensetzung deutlich von der sonstigen fantastischen Main-Stream-Literatur unterscheidet. Und nicht zuletzt ist es das große Geheimnis, das hinter allem steht und den Leser gespannt darauf macht, was ihn wohl noch erwartet.