Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Laam hat nur ein Ziel: möglichst schnell reich zu werden. Dafür geht die Halbelfe über Leichen. Mit Hilfe des letzten Ogers betrügt sie ein Dorf im Reich Sienn nach dem anderen. Ihr Trick ist ganz einfach. Sie reitet, den Oger in einem riesigen Käfig hinter sich her ziehend, in ein Dorf, verkauft den abergläubischen Einwohnern den Oger, damit sie ihn verbrennen - denn das bringt unermessliches Glück, reiche Ernten und gesunde Kinder - und flieht kurz vor dem Fest. Frozen, der letzte Oger, findet dieses Verhalten zwar abscheulich, ist aber dem berauschenden Getränk verfallen, das ihm die Halbelfe besorgt.
Aus einem ganz anderen Holz ist der Zwerg Sadwin geschnitzt. Er wurde vor langer Zeit seines Volkes und seines Königreiches beraubt und sucht seitdem nach den Gebeinen des mächtigsten Zauberers, den das Königreich Sienn je hervorgebracht hat. Sie verheißen unermessliche Macht. Doch die Spuren sind seit langem verwischt und die wenigen Menschen, die den Namen
Yarlig der Zauberer und seine Taten nicht allein dem Reich der Legenden zuschreiben, leben weit verstreut und geben ihr Wissen nicht freiwillig preis. Sadwin aber fackelt nicht lange. Er schlägt Köpfe und Gliedmaßen ab, erpresst und tötet, wer sich ihm in den Weg stellt. Sein Ziel ist Rache und Genugtuung.
Bärbeißige Zwerge, eine hübsche, spitzohrige Elfe, ein riesiger, meist freundlicher Oger, fiese Zauberer, eine Menge böser Gestalten, grandiose Ansichten einer fremdartigen Welt, Action satt und ein Geheimnis, das wie ein dräuendes Unheil über dem Geschehen liegt, sich jedoch kaum offenbart - Zutaten, die einen Bestseller anzudeuten scheinen. Und dann auch noch der Name Jean-Luc Istin, der Comicveteranen wie Neulingen ein Begriff ist, seit er mit der Serie "Druiden", die bei Splitter erschienen ist und sich im Herbst 2010 dem Ende zuneigt, für Furore gesorgt hat. Perfekt.
Und doch, nach den ersten Seiten stellt sich Ernüchterung ein. Zwar begeistern die Bilder, fesseln die Ereignisse, reißen der Oger und vor allem der Zwerg Sadwin den Leser mit, doch wohin steuert dieses Abenteuer? Was treibt die Helden an? Wer ist der Böse in der Geschichte? Welche Macht gilt es zu überwinden? Wer ist Endgegner oder Widerpart der drei so unterschiedlichen Protagonisten?
Noch schlimmer als die ungeklärten Fragen - immerhin kann das erste Album dieser Trilogie als Einleitung verstanden werden, die eben noch keine Antworten preisgibt - sind die völlig voneinander getrennten Handlungsstränge. Diese Geschichte besteht eigentlich aus deren zwei, die keine Berührungspunkte haben, allenfalls in der Zukunft erahnen lassen, wo sie sich berühren könnten. Schlimmer noch, die Elfe und der Oger scheinen durch eine andere Welt zu ziehen als der Zwerg. Die Menschen sind anders, die Orte sind verschieden, die Verhaltensweisen passen nicht zusammen. Dräut dem Zwerg Unheil, wo er auch ist, trifft er Mächtige, Böse und Handlanger, Verräter und Selbstsüchtige, Deppen und Huren, begegnen Oger und Elfe nur Bauern, harmlosen, gutgläubigen Menschen und entvölkerten Landstrichen. Dass beide nicht unweit voneinander durch das Reich Sienn reisen, scheint kaum glaubhaft.
Hinzu kommt eine Erzählweise, die Jean-Luc Istin nicht zur Ehre gereicht. Zu viele Erklärungen, die man gar nicht lesen will, zu wenige Informationen, nach denen man giert. Über Zwerg, Elfe und Oger erfährt man so gut wie nichts, über dämliche Zauberer zu viel.
Wären nicht die wunderschönen Landschaftsbilder von Nicolas Pona, seine lebendig gewordene fremde Flora und Fauna, seine Charakterstudien von Zwerg, Elfe und Oger, die zahllose stimmigen Details in seinen Illustrationen, man würde das Album zornesrot in die Ecke werfen und darauf herum stampfen.
So aber erfreut man sich an den Bildern, träumt von magischen Duellen, heroischen Taten, geheimnisvollen Abenteuern - im zweiten Teil dieser Serie.
Grandios ist die Idee, am Ende dieses Bandes eine "Galerie der Freunde von Sienn" anzuhängen, die die Helden der Geschichte auf Dutzende verschiedene Arten illustrieren - und zwar nicht von Pona, sondern befreundeten Zeichnern, die eine ganz eigene Sichtweise auf Oger, Zwerg und Elfe entwerfen. So unterschiedliche Illustratoren wie Paul Bordeleau, Philippe Fenech, Achile, Jacques Lamontagne, Nicolas Demare, Christophe Alliel, Antoine Brivet, Marc Simonetti, Gwendal Lemercie, Sandro Masin oder Hervé Duphot sind in diesem Anhang vertreten und eröffnen einen sehr interessanten Blick auf die unendlichen Möglichkeiten, die sich einem guten Illustratoren eröffnen, wenn er ein Szenario umsetzen soll.