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"Verrat" zeichnet die Lebensgeschichte von Answin von Rabenmund weiter von 995 BF bis 998 BF. Answin wird durch seinen Schwur, welchen er Reto von Gareth gab, in große Bedrängnis gebracht. Sein sagenhafter Aufstieg scheint ein Ende zu haben, denn seine Gegenspieler planen ihre Intrigen, um ihn zu stürzen. Doch auch Answin gibt seine Posten und Positionen im Reich nicht kampflos ab. Währenddessen entzweien sich Hal von Gareth und Answin immer mehr, Answin steckt in einem seelischen und moralischen Dilemma. Was wiegt schwerer? Der Schwur zu Reto oder der Schutz des Reiches ... ?
"Verrat" ist der zweite Teil der biographischen Romanumsetzung über das Leben von Answin von Rabenmund, einer der berühmt-berüchtigtsten Figuren der DSA-Welt. Nachdem Michelle Schwefel mit dem ersten Teil
"Macht" schon für Furore gesorgt hatte, setzt auch ihr zweiter Teil Maßstäbe in der DSA-Unterhaltung.
Hals Geheimnis stellte für Answin bisher kein Problem dar, da der Kaiser stets auf sein Wort vertraute und zumindest in seinen groben Zügen berechenbar blieb. Nun hat sich das Blatt gewendet und das Verhältnis zwischen den Vettern wird zerrüttet und ein erbitterter Kampf entbrennt, denn Answin muss sich entscheiden, welchen Weg er wählt: Entweder bricht er seinen Schwur und schadet Hal oder er bewahrt das Reich vor großem Schaden.
Interessant und vielschichtig wird dieser innere Zwist dargestellt, welcher sich auch durch diesen Band zieht. Answin ist dauerhaft zwischen den Stühlen oder privat auch zwischen den Betten gefangen, denn auch bei den Frauen hat sein Herz zwei Möglichkeiten und es scheint so, dass keine Option ein gutes Ende anbietet. So entsteht eine spannende Atmosphäre und die Geschichte ist trotz der knapp 380 Seiten schnell ausgelesen.
Aus der aktiven Spielersicht des Rollenspiels wagt sich Michelle Schwefel unheimlich weit heraus, um in die "Spiel-Geschichte" einzugreifen. An dieser Stelle sei noch einmal ein Verweis auf das Abenteuer 30 ("Die Attentäter") erlaubt, denn Band zwei erzählt dieses Abenteuer in wesentlichen Zügen. Teilweise werden die Informationen nur angeschnitten, manchmal überlagern sie sich (wie zum Beispiel bei dem perfekt ins Spiel gebrachten Tod des Barden und den Gesängen!) und einige Stränge sind vollkommen neu und anders dargestellt.
Die Betrachtung des Abenteuers und die bisher bekannte Geschichte werden durch diesen Band in wesentlichen und essentiellen Teilen auf den Kopf gestellt. Das Bild des bösen und verdorbenen Answin von Rabenmund wandelt sich, ja teilweise gelingt sogar eine positive Einstellung zum Protagonisten oder eine Identifikation. Mitleid und Verständnis sind in diesem Buch ein ständiger Begleiter des Lesers, was eine immense Leistung darstellt, denn von Rabenmunds Motivation wurde durch dieses Buch komplett in ein anderes (positiveres) Licht gestellt.
Das ist eine Meisterleistung, denn viele haben (damals) als Spieler aktiv zu der bekannten Spielsituation beigetragen und versuchten, Answin des heuchlerischen Meuchelmordes zu überführen - nun, viele Jahre später, wird die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählt und dem Leser sowie auch dem Spieler leuchtet ein, dass damals der falsche Mann gejagt wurde!
Um den Bogen wieder zurück zum Buch zu schlagen: Diese Erzählweise und der Weitblick, dass die Geschichte zwar aus dem bekannten Rahmen fällt, aber trotzdem innerhalb der DSA-Historie bleibt, ist schlicht und einfach genial. Hier spielt Schwefel locker ihre Stärken aus, denn die Autorin hat bereits jahrelange Erfahrung in der DSA-Welt und ist vielen wohl auch noch bekannt als Chefredakteurin des "Aventurischen Boten".
Im Gegensatz zum ersten Band fokussiert die Handlung diesmal hauptsächlich auf Answin und seinen Motiven, Schicksalsschlägen und Gedanken. Nur selten wird auf andere "Meisterfiguren" umgeschwenkt, was dem Lesefluss zugutekommt und eine spannende Lektüre ermöglicht. Der Anhang bietet erneut eine Übersicht über die Personen, wichtige Begrifflichkeiten der DSA-Welt und den Stammbaum der von Rabenmund.
Insgesamt ist "Verrat" eine packende Fortsetzung der Geschichte rund um Answin von Rabenmund und legt im Gegensatz zum ersten Band noch eine Ladung Emotion und Spannung drauf, so dass diese Geschichte uneingeschränkt empfohlen werden kann. Schwefel schreibt spannend und intim, präsentiert im richtigen Moment jedoch immer eine Wendung, was einfach nur großartig zu lesen ist.
(Hinweis: Band drei der Saga soll unter dem Titel "Treue" erscheinen.)