Anand und Nisha leben nun im Silbertal und sind überglücklich, der Muschelbruderschaft anzugehören. Hier im Himalaya erhalten sie Unterricht von erfahrenen Magiern und finden so langsam heraus, was ihre speziellen Fähigkeiten sind. Jedoch ist sich Anand fast sicher, dass es dann doch ein Versehen war, dass er aufgenommen und außerdem als Beschützer der magischen Muschel ausgewählt wurde. Alle Schüler um ihn herum kommen mit den im Unterricht gestellten Aufgaben gut zurecht, Anand aber schafft es einfach nicht, seine magischen Fähigkeiten anzuzapfen. Was soll nur werden, wenn er sich doch falsch entschieden hat - wenn sich alle in ihm getäuscht haben und er das Silbertal wieder verlassen muss - dann steht er ganz alleine da.

Aber ausgerechnet Anand empfängt plötzlich eine geheimnisvolle Nachricht, die Böses ahnen lässt. Noch glaubt niemand daran, dass er die Botschaft, die von einem Wind an ihn herangetragen wurde, tatsächlich richtig verstanden hat - als er aber eine Vision von einem Dorf hat, in dem Menschen um Hilfe rufen, deren Leben bedroht ist, werden die Magier doch hellhörig.
Sogleich macht sich Anands Meister Abhaydatta zusammen mit einem älteren Novizen auf die Reise in das bedrohte Dorf. Dieses Mal darf Anand Abhaydatta nicht begleiten, was ihn sehr enttäuscht. Als Anand aber nach einigen Tagen bemerkt, dass etwas nicht stimmt - und seine Ahnung der Gefährdung der zwei Magier der Bruderschaft meldet, reagiert diese nicht sofort - vielmehr sollen die nächsten Vorgehen am folgenden Tag besprochen werden. So lange aber kann Anand nicht warten, schnappt sich die ihm anvertraute Muschel und reist Abhaydatta zusammen mit seiner Freundin Nisha nach. Bei der Reise durch das magische Portal verlieren sich die Drei jedoch - und nicht alle landen in der Gegenwart ...

Der zweite Teil der Muschelbruderschaft-Trilogie bietet ein etwas längeres Lesevergnügen als der erste Band "Anand und das Geheimnis des Silbertals" und erfreut damit die Leser. Die Autorin Chitra Banerjee Divakaruni schafft es erneut die Leser von Kopf bis Fuß ins exotische Indien zu entführen. Dieses Mal dürfen die Protagonisten in die Vergangenheit reisen und die Beschreibungen einer historischen indischen Palastanlage entführen beim Lesen in eine geradezu märchenhafte Umgebung.
War schon der orientalische Handlungsort im ersten Anand-Roman in der Gegenwart für den Großteil der Leser eine völlig neue Erfahrung, setzt die Autorin mit dem historischen Setting jetzt noch eins drauf. Die Lektüre dieses Buches wirkt wie eine Meditation - sie entspannt durch die überaus angenehme Stimmung. Gut und Böse sind in diesem Roman deutlich voneinander getrennt und auch leicht erkennbar - keineswegs wird es dadurch aber langweilig. Im Gegenteil, ist es doch geradezu eine Wohltat, einmal Charakteren zu begegnen, die anderen vertrauen, diesen gegenüber ehrlich sind und dann auch nicht enttäuscht werden. Dies macht eine gute Stimmung, man mag kaum glauben, dass es solche freundschaftliche und liebevolle Ehrlichkeit noch gibt, aber in den Anand-Romanen stehen gerade diese Themen im Vordergrund: freundschaftliche Liebe, Zusammenhalt, Vertrauen. Wie angenehm der Umgang mit solch "guten" Charakteren sein kann, wie gut dies der eigenen Seele tut - genau das kann man mit Anand entdecken. Und wer sich dann nicht wünscht, selbst auch einmal beim morgendlichen Elefantenbad zuzuschauen, hat die Lektüre verfehlt.

"Anand und der magische Spiegel" kann auch ohne Kenntnis des ersten Bandes der Trilogie gelesen werden, die Geschichte bietet allerdings mehr, wenn der erste Roman bekannt ist, bauen doch die zwei Geschichten fast nahtlos aufeinander auf. Geeignet ist der magische Abenteuerroman auch schon für jüngere Leser ab zehn, was der betörenden Wirkung auf erwachsene Leser jedoch keinen Abbruch tut. Ein rundum angenehmes Lesevergnügen für alle, die sich gerne bezaubern lassen.

Auf der Verlags-Website gibt es eine Leseprobe: "Anand und der magische Spiegel"