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 Lassen Sie es mich so sagen ...

Dombrowski deutet die Zeichen der Zeit

Autoren: Georg Schramm
Verlag: Heyne

Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Georg Schramm, der zur Zeit vielleicht bekannteste deutsche Kabarettist, schwankt stets zwischen bitterbösem, fast resignativem Zynismus und aufrüttelnder Empörung. Oft scheint er die Grenzen politischer Satire zu sprengen und eher zum Agitator zu werden, der die Massen zum Widerstand aufwiegeln will. Sein einziges Buch "Lassen sie es mich so sagen ..." ist Anfang 2010 als Taschenbuch erschienen. Es enthält satirische Texte aus den letzten drei Jahrzehnten, kann also als eine Rekapitulation seines kabarettistischen Lebens gelesen werden.

Das Buch wird eingeleitet durch eine "Rechtfertigung". Schramm will zunächst erklären, warum er es geschrieben hat und warum es sein einziges bleiben wird. Es solle seinen Kampf gegen die Missstände in unserer Gesellschaft belegen, wenn er einst vor einer Art jüngstem Gericht zur Rechenschaft gezogen werde. In diesem Sinne hat er in den 14 folgenden Kapiteln seine schärfsten und bissigsten Reden und Auftritte in chronologischer Reihenfolge zusammengetragen. Jeder Text wird mit einer kurzen Erläuterung, wann und in welchem Rahmen er vorgetragen wurde, eingeleitet.

In den ersten Kapiteln will Schramm deutlich machen, wie er nach und nach durch Experimentieren zu seinem Stil fand. Dabei erzählt er auch von gescheiterten Auftritten, bei denen er beim Publikum nicht auf besonders positive Resonanz traf, oder - in seinem Fall vielleicht umgekehrt - das Publikum nicht auf besonders positive Resonanz bei ihm traf. Einige der hinteren Kapitel sind seinen Figuren gewidmet und fassen mehrere Auftritte in diesen Rollen zusammen. Manchmal treffen sich der einarmige Rentner Lothar Dombrowski, Oberstleutnant Sanftleben oder der Sozialdemokrat und Drucker August auch in Dialogen.

Georg Schramms "Lassen sie es mich so sagen ..." fasst sein ganzes kabarettistisches Leben zusammen und bietet damit auch eine Zusammenfassung des politischen Lebens in der Bundesrepublik der vergangenen 30 Jahre. Vom drohenden Atomkrieg über die Wende bis hin zu Altersarmut, Arbeitslosigkeit und dem Afghanistankrieg werden viele Themen satirisch analysiert. Analysiert ist dabei durchaus das richtige Wort, denn Schramm will nicht unterhalten und sich lustig machen. Er will Interessenslagen und Motivationen der Mächtigen und Reichen offen legen.

Auch wenn man nicht jede seiner Schlussfolgerungen teilen muss, der Leser wird nicht nur von guter Polemik unterhalten, sondern lernt auch einiges über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Bundesrepublik. Schramm lehnt sich auf gegen falsche Mythen und versucht das Publikum aufzuklären, gerne auch mal gegen dessen Willen.

Diese Aufklärungsversuche sind der rote Faden, der sich durch das ganze Buch zieht. Einer der ersten Texte im Buch, den er offensichtlich mit viel Freude aufgenommen und eingeleitet hat, ist eine Rede, die Schramm anlässlich einer Wohltätigkeitsveranstaltung in den 80er Jahren gehalten hat. Eine Kommune hatte ein neues Krankenhaus gebaut, doch es fehlten 10.000 Mark zur Ausstattung der Kinderstation. Schramm hielt als Gastredner ein zynisches Plädoyer für Charity, so dass den wohlhabenden Gästen das Buffet im Halse stecken blieb, bevor sie sich überhaupt daran machen konnten. Eine kurze Probe seines beißenden Spottes: "Stellen sie sich vor, die oben genannte Summe fehlt im benachbarten Etat: Beim Dienstwagen des Landrats reicht es nicht für die S-Klasse. Der Landrat wäre gezwungen, einen nur mit dem unbedingt Erforderlichen ausgestatten VW oder Opel fahren zu lassen mit allen schädlichen Konsequenzen für seine psychische Entwicklung. Ein Wohltätigkeitsball mit Tanzeinlage der Schreibkräfte und Tombola des Personalrats wäre kaum denkbar, das Spendenaufkommen eher gering." Schramm sorgte dafür, dass es den Teilnehmern unmöglich wurde, sich durch ein bisschen Charity ein gutes Gewissen zu erkaufen, und erzählt mit Stolz davon.

Georg Schramms Buch ist allen Menschen zu empfehlen. Es verbindet politisches Kabarett auf höchstem und polemischsten Niveau mit einem unbändigen Willen zur Aufklärung. Wie sein Publikum danken es ihm vielleicht auch seine Leser nicht immer, aber die Lektüre ist dennoch für jede und jeden ein Gewinn.

Andreas Schmidt



Taschenbuch | Erschienen: 4. Januar 2010 | ISBN: 9783453600928 | Preis: 8,95 Euro | 272 Seiten | Sprache: Deutsch

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