Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Der bereits vierte Teil der "
Kryson"-Saga setzt in seiner Handlung 25 Sonnenwenden nach der "
Schlacht um Rayhin" ein. Die bereits bekannten Figuren sind mittlerweile gealtert und die verstrichene Zeit hat ihre Spuren in den Persönlichkeiten hinterlassen. Viele der Ereignisse aus den vorangegangenen Bänden werden nochmals aufgegriffen und machen daher den Einstieg an diesem Punkt der Geschichte durchaus möglich, wenngleich es dem Leser aufgrund der vielen Namen und Zusammenhänge ohne Vorkenntnisse einiges an Mühe und Konzentration abverlangen wird.
Das Volk des Nno-bei-Klan kann nach vielen blutigen und verheerenden Kämpfen nun endlich ein friedliches Leben genießen. Der Kontinent Ell erblüht in neuem Glanz und der Fortschritt hält Einzug im Land. Neue Waffen überschwemmen die Kriegskammern und technologische Erfindungen ermöglichen es den Menschen, einen Entwicklungsschritt nach vorne zu machen. Allerdings hält der Frieden nicht lange an und die Vorzeichen einer neuen Bedrohung verdichten sich. Anfangs sind es nur Gerüchte aus dem Osten. Bald darauf ereigenen sich jedoch die ersten Zwischenfälle und die Hoffnung weicht einer bitteren Gewissheit. Die rachsüchtigen Rachuren erheben sich erneut aus ihren dunklen Brutstätten und angetrieben vom Zorn der Saijkalsan Hexe Rajuruziehen ziehen sie mit einem gezüchteten Heer aus Drachenchimären in den Krieg gegen die übrigen Völker des Landes. Zu jener Zeit vernehmen sieben Auserwählte den Ruf einer uralten Prophezeiung. Der Legende zufolge werden sieben Streiter alten Blutes in der Lage sein, so sie denn eine Gemeinschaft bilden, das verschollene magische Buch des Ulljan zu finden. Ihrer Bestimmung folgend, machen sich die Streiter auf die Suche. Doch während die Klans mit ihrer eigenen Uneinigkeit zu kämpfen haben, steht die Zusammenkunft der Sieben unter einem schlechten Stern.
"Das verlorene Volk" ist ein klassischer High-Fantasy-Titel, der sich hervorragend in die Reihe seiner Vorgänger einreiht. Für Neu-Einsteiger dieses Genres ist dieser Roman wohl eher nicht zu empfehlen, da sich
Bernd Rümmelein für den Beginn der eigentlichen Handlung sehr viel Zeit lässt. Die enorme Anzahl der Figuren, ihre besonderen Eigenschaften und die vorangegangenen Geschehnisse werden ausführlich und detailreich beschrieben. Hierfür nutzt er verschiedene Erzählformen, was den Aufbau der Geschichte jedoch weniger stört, als vielmehr Abwechslung verspricht. Mal lässt er eine der Figuren in der Ich-Form über viele Seiten hinweg berichten oder erzählt auktorial, bleibt dabei jedoch meist sehr nah an den Charakteren. Actionreiche Szenen findet man in diesem Werk eher selten. Darüber hinaus weißt dieses Buch zwar eine riesige Menge an Figuren auf, eine einzelne Hauptfigur lässt sich jedoch nicht bestimmen. Die Handlung wechselt von einem zum anderen, einige der Protagonisten sterben im Laufe des Romans oder verändern sich in ihrem Charakter oder in ihrem Verhalten. Der Leser bekommt vielmehr die Rolle eines Zuschauers als die Gelegenheit, sich mit einer bestimmten Person zu identifizieren und der Geschichte aus dessen Perspektive zu folgen. Leider besteht die Gefahr, sich in der Fülle der exotisch klingenden Namen und Bezeichnungen zu verlieren. Vorbeugend wurde dem Roman eine sehr detailreiche und umfassende sechzehnseitige Legende beigefügt, welche die unterschiedlichen Völker, die Figuren und deren Funktionen übersichtlich darstellt.
Über das gewählte stilistische Mittel lässt sich sicherlich streiten. Die wechselnden Erzählformen oder die eigentümliche Gestaltung von Nebensätzen sind jedoch charakteristisch für Rümmeleins Romane und unterscheiden sich daher von den meisten Werken traditioneller Fantasy-Literatur. Dennoch besitzt dieses Buch jene entscheidenen Elemente, die einen High-Fantasy-Roman ausmachen, auch wenn die bereits genannten technologischen Fortschritte und Erfindung oder die gelegentlichen Szenen mit erotischem Inhalt eher ungewöhnlich für eine Geschichte in einem klassisch fantastischen Universum sind.
Mit "Das verlorene Volk" ist dem Autor ein zweiter Auftakt in der "Kryson"-Reihe gelungen und verspricht in einem cineastischen Finale zu enden.