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Der Winter kommt und mit ihm auch die Wölfe. Die wilden Bestien sind immer eine ständige Bedrohung für Reisende. Doch viel schlimmer noch sind die Wölfe des Krieges. Die Söldnerhaufen streifen genauso auf der Suche nach Nahrung durch das Land wie die Tiere. Auch der namenlose Ritter, sein Diener Anicet und Mariotte sind auf der Suche nach Schutz, welche sie in der gefestigten Stadt Montroy zu finden hoffen. Doch die Unterkunft muss bezahlt werden. Und in der überfüllten Stadt scheint Mariotte am schnellsten Arbeit zu finden, wenn sie sich in ein Bordell begibt. Aber in dieser Zeit ist jeder sich selbst am nächsten. Man kann niemandem trauen und auch wenn die drei Gefährten ihre Handlungen und deren Folgen mal mehr mal weniger überdenken, führt sie doch jede Entscheidung ein Stück näher an ihr endgültiges Verderben. Denn auf der nahen Burg braut sich Unheil über den Dreien zusammen. Und gerade Mariotte bietet sich in ihrer naiven Einfalt, welche eigentlich eher zu Anicet passen würde, als gefundes Lockmittel an. Somit macht sich der Ritter auf den Weg, sein Schicksal zu erfüllen und die Geheimnisse zu lüften.
Auch der Leser will endlich die Geheimnisse um die Gefährten gelüftet sehen und wird zunächst enttäuscht. Denn erst einmal taucht Bourgeon den Leser kopfüber in die Fülle einer mittelalterlichen Welt ein. Man besucht gemeinsam mit Mariotte die Bordelle aber auch das Kloster. Man schlendert an den Auslagen mittelalterlicher Händler vorbei, verweilt ein wenig bei den Komödianten, die ein Theaterstück vorführen oder schaut einem Fahrenden und seinem zahmen Bären zu. Als Leser und Betrachter genießt man dabei nicht nur passiv die faszinierende Geschichte und wunderbaren Bilder sondern ist selber Teil der mittelalterlichen Stadt. Man folgt den Charakteren durch die Straßen und wandelt mit ihnen Seite an Seite durch die Gassen. Doch dann sind da gleich wieder Bilder, in denen der Betrachter auf voyeuristische Weise die Figuren von Dächern oder aus versteckten Winkeln heraus wie ein gemeiner Dieb still und heimlich beschattet. All dies verstärkt den Eindruck mehr ein Drehbuch für einen Film als einen normalen Comic zu lesen. Hinzu kommt die Detailgewaltigkeit, mit der der Autor den Leser beeindruckt. Viele alltägliche Dinge kann derjenige entdecken, der seinen Blick vom Text und den zentralen Aussagen der Bilder weg lenkt und sich Zeit zum Betrachten nimmt.
Die erzählte Geschichte ist stellenweise komplex aufgebaut, da nicht immer zu ersehen ist, wo zum Beispiel Rückblenden beginnen. Das erfordert ein aufmerksames Lesen und Betrachten. Für den schnellen Blick mal zwischendurch ist dieser Band nicht geeignet. Die Lektüre erfordert hohe Aufmerksamkeit und einen wachen Verstand. Auf die Dauer etwas störend ist die regelmäßige Häufigkeit, mit der weibliche Charaktere den Launen und Lüsten der Männer ausgesetzt sind. Vergewaltigungen scheinen an der Tagesordnung gewesen zu sein. Doch dann gibt es noch eine andere Ebene, die religiöse und mystische Themen behandelt. So zeigt Bourgeon sehr schön, wie die christlichen Traditionen eigentlich auf weiter zurückliegende heidnische Bräuche gründen. Wie die christliche Kirche die alten Religionen nicht vernichten sondern nur in ihrem Sinne umdeuten kann.
Das Finale des Zyklus der Gefährten der Dämmerung stellt die beiden anderen Bände der Reihe in den Schatten. Alleine bereits die Seitenanzahl weiß zu beeindrucken. Aber auch die Geschichte und Zeichnungen überragen die Vorgänger. Viele Einzelheiten erschließen sich zwar nur, wenn man die vorangegangenen Bücher kennt, jedoch ist für die grundlegende Geschichte eine Kenntnis nicht zwingend erforderlich.
Als Zugabe bekommt der Leser noch einen Kunstdruck, der ein Bild von Mariotte zeigt.
Fazit: Ein fulminantes Finale, ein bildgewaltiges, detailreiches Epos des europäischen Mitteltalters.