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In zehn Kapiteln legen Ralph Dawirs und Gunther Moll in ihrem Buch "Die 10 größten Erziehungsirrtümer und wie wir es besser machen können" dar, wie sie sich Erziehung heute vorstellen. Die Kapitelüberschriften hangeln sich an den Kernfragen entlang, die sich Eltern heutzutage stellen - oder stellen sollten.
In "Brauchen Eltern einen Erziehungsführerschein?" setzen sich Dawirs und Moll mit der aktuell wieder in Presse und Fernsehen täglich zu beobachtenden Einflussnahme der Politik im Feld der Erziehung auseinander, die in der Forderung nach einem Erziehungsführerschein gipfeln.
In "Kleine Kinder, kleine Sorgen?" erläutert das Autorenduo, wie grundfalsch diese These ist - je jünger, so ihre Botschaft, desto wichtiger die richtige Erziehung oder Grundhaltung der Eltern. Das Kapitel "Macht Essen groß und stark?" räumt auf mit den albernsten Bemerkungen, die Eltern am Tisch machen können - Kinder werden auch ohne die Befolgung des täglichen Aufessprogramms ihrer Eltern groß und stark, wetten?!
In "Macht Fernsehen dumm?" geben Moll und Dawirs Auskunft über Auswüchse und Sinn täglichen Fernsehkonsums - und das vor allem altersspezifisch. Ähnlich gelagert ist die Thematik in "Sind Computer gefährlich?", denn nur wer es grob übertreibt oder zu früh auf den Computer als Beschäftigungsprogramm und Lernhilfe setzt, macht Fehler. Auf die besondere Bedeutung einer humorvollen Grundhaltung weisen die Autoren in "Ist Erziehung nur eine ernste Angelegenheit?" hin. Nichts geht ohne Humor, alles geht schief, wenn es allzu ernst zugeht.
Auch in "Zählt nur die Leistung?" setzen die Autoren auf Langsamkeit und Ruhe statt der allseits beliebten Frühförderung und Programmen, schon Vorschulkinder anzulernen. In "Mutter oder beste Freundin? - Wie der Vater, so der Sohn?" machen die beiden Männer klar, dass es zwar ohne Mutter (oder, allerdings anders gelagert, ohne Vater) geht, dass man diese Beziehung aber in den seltensten Fällen als Freundschaft deuten sollte. Darüber hinaus gehen die Autoren der Art der Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern auf den Grund und setzen auf Erkenntnis ohne rosarote Brille. Köstlich nehmen sie in "Die »verdorbene Jugend« - sind Normen und Werte noch zeitgemäß?" all jene aufs Korn, die seit zweitausend Jahren behaupten, die Jugend hätte keine Werte mehr.
In "»Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst« – brauchen Jugendliche Erziehung?" setzen sie auf entspannte Eltern, die zusehen können, ob ihre jahrelange Erziehung fruchtet - ändern kann und sollte man bei Jugendlichen nämlich wenig oder gar nichts mehr.
Ralph Dawirs und Gunther Moll sind keine Supernannys. Wer solcherart Hilfe sucht, sollte dieses Buch meiden - es verursacht bei diesen Heilsgläubigen nur Kopfschmerzen. Wer einen Leitfaden haben möchte, in dem steht, was er richtig und was er falsch gemacht hat, ist mit diesem schmalen Taschenbuch ebenso auf verlorenem Posten. Auch ein Ratgeber ist dieses Buch nur sehr bedingt.
Die Autoren setzen stattdessen auf den Verstand ihrer Leser, die Neigung, ihre Kinder zu lieben und die innere Haltung, es schon richtig gemacht zu haben und eigentlich zu wissen, was man falsch gemacht hat. Dawirs und Moll geben einfach nur fundierte Hilfestellung zu der Frage, was O.K. ist und was nicht und gelegentlich sagen sie auch warum; sprich: sie erläutern fundierte wissenschaftliche Analysen - in lockerem Ton, ohne oberlehrerhaft zu sein und absolut ohne erhobenen Zeigefinger.
Ganz im Gegenteil, die Autoren berichten humorvoll, welche Klischees von gestern sind, welche sich immer noch halten und aufs Alteisen gehören und was man eigentlich schon immer wusste. Dass man, wenn man seine Kinder liebt und nicht dogmatisch ist, fast alles richtig macht. Und was man vielleicht nicht richtig macht - wobei es "richtig" in der Erziehung eigentlich nicht gibt -, das kann man dank der sachlichen Darstellung von Ralph Dawirs und Gunther Moll vielleicht ja ein bisschen besser machen - beim nächsten Mal.
Denn eins muss man den Autoren "anlasten" - wirklich von Nutzen ist dieses Buch nur dem, der noch keine oder kleine Kinder hat. Wer pubertierende Teenager im Hause hat und nicht immer mit ihnen klar kommt, hat Pech gehabt, er erfährt in diesem Buch nur - allerdings mit viel Humor -, dass es zu spät ist. Die Aufgabe des Erziehens ist gelaufen und man wird kaum mehr etwas erreichen. Prinzip Hoffnung also.
"Die 10 größten Erziehungsirrtümer und wie wir es besser machen können" ist witzig, humorvoll, locker geschrieben, zeugt von großer Sachkunde und hilft kaum einem Leser, der eine Anleitung sucht. Es unterhält jedoch blendend, macht vieles klar, was man nur aus dem Bauch heraus gemacht hat oder macht und bestätigt - hoffentlich - die eigene Haltung: Liebe ist alles, was zählt! Erziehung kommt dann schon von ganz alleine.