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Lenas Leben verläuft ganz und gar nicht gut. Mit einer alkoholkranken Mutter und einem erpresserischen Bewährungshelfer sind ihre Chancen, jemals wieder aus der Kleinkriminalität zu entkommen, äußerst schlecht. Ihren Lebensunterhalt verdient sie sich durch kleine Diebstähle von Brief- und Handtaschen. Als sie aber dem falschen Mann die Brieftasche klaut, hat das für sie unbequeme Folgen. Zum einen wird die Polizei auf sie aufmerksam, vor allem ein junger Polizist bemüht sich redlich, sie zu finden. Zum anderen gehört der Mann, den sie bestohlen hat, zur russischen Mafia. Und die bestiehlt man nicht ungestraft.
All das verblasst aber, als Lena drei junge Frauen kennen lernt, die scheinbar keine Sorgen auf der Welt haben und zudem über besondere Fähigkeiten verfügen. Eine von ihnen beißt Lena, und somit endet ihr normales Leben schlagartig. Sie verändert sich, hat Lust auf Fleisch und Blut, kann kein direktes Sonnenlicht mehr ertragen und entwickelt körperliche Kräfte, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Verwirrt findet sie den Weg zurück zum Trio, das sie in seine Mitte aufnimmt und ihr das Leben als Vampirin beibringt. Vor allem Louisa freut sich über Lenas Anwesenheit, die beiden Frauen kommen sich langsam näher – bis Lena wieder auf Tom, den jungen Polizisten, stößt und sich in ihn verliebt. Die Liebe zu einem Menschen ist für eine Vampirin unmöglich, dazu kommen auch noch Louisas Eifersucht und die Schwierigkeiten mit der Mafia.
Der Trailer zum Kinofilm "Wir sind die Nacht" hat Vampirfans 2010 vor einige Erwartungen gestellt. Ein deutscher Vampirfilm, mit einem Trailer, der nicht viel verrät außer Spannung und Geschwindigkeit. Eben dieses kann man dann auch vom Buch erhoffen.
Und der Anfang beginnt vielversprechend: eine Verfolgungsjagd, Lenas trostloses Leben, die Nacht in der Großstadt Berlin, drei geheimnisvolle junge Frauen, die doch so viel älter sind als sie aussehen … Auf den ersten Seiten überschlägt sich die Handlung fast, wird nur immer wieder abgebremst von Lenas Überlegungen. Doch schnell bremst der Autor sich selbst aus und die Handlung verläuft phasenweise nur noch sehr schleppend, leider wiederholt sich dieses Vorgehen das ganze Buch hindurch. Viele Wortwiederholungen – vor allem der Hunger der Protagonistin wird mehr als genug betont -, immer gleiche Halbsätze und vorhersehbare Geschehnisse lassen den Spaß am Buch schnell vorbei gehen. Ein Drehbuch in einen Roman zu verwandeln, ohne dass die Qualität verloren geht, ist halt doch nicht einfach damit getan, das Geschehen in halbwegs passende Worte zu kleiden.
Hier muss man wohl klar zwischen Grundmaterial und Umsetzung trennen. Die Geschichte macht was her, ist spannend angelegt und hätte so ein großes Lesevergnügen bedeuten können. Die Umsetzung ist leider eine andere Sache. Dass es dem Autor gelingt, in Rekordzeit immer neue dicke Wälzer zu schreiben, ist kein Wunder, wenn man nur aus einem begrenzten Vorrat an Worten und Halbsätzen schöpft. Die Charaktere bleiben allesamt farblos, allgemein werden die meisten nur über Stereotype erklärt. Da gibt es die junge Kleinkriminelle mit traurigem Elternhaus, den lieben Polizisten, den brutalen Russen, wunderschöne und aufreizende Vampirinnen, die ihr Luxusleben mit allem, was dazu gehört, genießen … Die Liste lässt sich fortsetzen, fast jeder Charakter passt perfekt in seine Schublade. Der Polizist Tom fällt als einziger aus dem Muster, untypisch für das Buch ist er nämlich ein Mann, der nicht jede Frau sexuell belästigt, vergewaltigt oder verprügelt und sich auch sonst so ganz und gar unmännlich verhält. Kein Wunder, dass die weiblichen Figuren des Buches sich für den Spaß lieber an Frauen halten und von Männern nur ihr Blut wollen.
So muss sich jeder, der auch bei einem Fantasy- beziehungsweise Vampirroman ein gewisses sprachliches Niveau erwartet, durch die Seiten quälen, um zum Ende der Handlung zu gelangen – und tut dies auch nur, weil dieser Vampirroman dankenswerterweise auf zu heftige Liebesschwüre und ähnliches verzichtet, sondern zur Abwechslung wirklich eine Handlung aufweisen kann. Allerdings eine Handlung, die auf etwa 400 Seiten viel besser aufgehoben wäre als auf über 600.