"Familienersatz" ist die zweite Folge aus der Hörspielreihe "Professor Sigmund Freud". STIL präsentiert einen gefährlichen Fall für den Protagonisten, gerät dieser doch erstmals selbst in die Schusslinie eines Mörders.

Ein Tag wie jeder andere, so dachte zumindest Professor Freud. Doch dann kommt alles ganz anders. Ein neuer Patient beichtet den brutalen Mord an seinem Vater, nur um kurz darauf eine Schusswaffe zu ziehen und Freud zu bedrohen. Hilft der Psychologe ihm nicht, seine Schuld über das Verbrechen loszuwerden, damit er ein ganz normales Leben führen kann, wird er ihn erschießen. Dem Professor gelingt es, seiner Tochter einen Hinweis zu geben, worauf diese Gendarm Karl Gruber um Hilfe bittet. Gemeinsam wollen sie versuchen, den Geiselnehmer zu überwältigen, der in der Zwischenzeit seine grausame und traurige Familiengeschichte vor Freud offenbart ...

Nach "Das zweite Gesicht", wird mit "Familienersatz" eine deutlich schnellere und düsterere Folge erzählt. Im Zentrum steht, wie der Titel schon suggeriert, ein Mord, der mit zerrütteten Familienverhältnissen zu tun hat. Dabei weiß der Hörer bereits zu Beginn, wer der Mörder ist und was dieser getan hat. Im Verlauf der Geschichte werden jedoch die Hintergründe sehr geschickt entblättert, und es enthüllt sich, Schicht für Schicht, eine grausame Wahrheit. Eine spannende, dichte und sehr atmosphärische Story, die zu unterhalten versteht. Im Mittelpunkt steht erneut Professor Sigmund Freud, wunderbar gesprochen von Hans Peter Hallwachs.

Fast die gesamte Handlung spielt im Behandlungszimmer des Protagonisten. Natürlich ist dem Hörer klar, das Freud nichts zustoßen kann, umso wichtiger ist es, dass die Geschichte an sich, das Leben, das Leid und der Mord zu fesseln vermögen. Das gelingt, nicht zuletzt durch die gekonnte Arbeit von Wanja Mues, der den Geiselnehmer Klaus Harranth spricht. Ihm nimmt man die gepeinigte Seele, die sogar zu Mord bereit ist, tatsächlich ab. Anna Freud (gesprochen von Felicitas Woll) und Gendarm Karl Gruber (gesprochen von Andreas Fröhlich), erhalten nur kleine Nebenrollen, was sehr schade ist, machen die beiden doch auch in Folge zwei ihre Sache mehr als gut. Gegen Ende zieht sich die Geschichte leider ein wenig. Hier verwendet Freud einmal zu oft Rollenspiele, um seinem Patienten die eigentlichen Probleme bewusst zu machen. Trotzdem ist die Story deutlich stärker als "Das zweite Gesicht", und das, obwohl der Handlungsort ausschließlich die Praxis des Professors ist. Ein gelungen konstruierter Plot.
Am Ende kommt erneut Dr. Salwa Meier zum Einsatz, die ein wenig über die fachlichen Hintergründe der psychologischen Arbeit und die geschichtliche Entwicklung der Familientherapie erzählt. Der Beitrag ist zwar sehr interessant, die Stimmung, die nach dem Ende der Episode zurückbleibt, wird jedoch durch den abrupten Wechsel gestört.

Auch das Cover der CD versteht es wieder zu begeistern. Kai Hoffmann bleibt seinem Stil treu und ordnet Handlungselemente der Geschichte rund um das Gesicht von Freud an. Die Truhe, das Fahrrad, die Axt - alles sind zentrale Objekte der Story. Ein sehr gelungenes Artwork.

Fazit: Ein Kriminalhörspiel auf hohem Niveau - weiter so. "Professor Sigmund Freud" ist eine etwas andere Hörspielreihe, die Krimi und Psychologie auf faszinierende Art miteinander verwebt. Keine Einheitskost sondern etwas erfrischend Neues.